Kathrin Nachbaur im Talk

"Die Sinnfrage ist geklärt"

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Ex-Team-Stronach-Chefin, kehrt einen Monat nach der Geburt ihres Sohnes auf die Polit-Bühne zurück. Im MADONNA-Talk mit Alexandra Stroh.

Nur ein Kilo trennen Sie noch vom Vorschwangerschaftsgewicht – und dieses Strahlen! Am 25. März brachte die ehemalige Klubobfrau des Team Stronach Sohn Sebastian (Vater ist Sturm-Graz-Präsident Christian Jauk) zur Welt, jetzt trat die Abgeordnete erstmals wieder auf. Im ausführlichen Interview spricht die passionierte Politikerin über ihr Leben als Mutter, ihre berufliche Zukunft und die Beziehung zu Frank Stronach. Außerdem bezieht die promovierte Europa­rechtlerin Stellung zur aktuellen Flüchtlingskrise.   


Sie schauen strahlend aus, sind sehr schlank. Wie geht das, so kurz nach der Geburt?
Kathrin Nachbaur:
Ich bin da mit meinem Sohn gesegnet, denn bis auf eine Trinkpause in der Nacht schläft er durch bis morgens um neun Uhr. So viel habe ich früher nicht geschlafen (lacht). Er ist gesund und fröhlich – mein Sonnenschein.


Wie geht es Ihnen als Mutter?
Nachbaur:
Es geht mir wirklich großartig, ich habe so viel Freude mit meinem Kleinen. Ich empfinde ihn als absolute Bereicherung. Sebastian gibt dem Leben eine ganz neue Wertigkeit. Man fühlt sich ­sofort viel reicher, und die Sinnfrage ist geklärt.


Wie hat sich Ihr Leben mit Sebastian verändert?
Nachbaur:
Es dreht sich alles um sein Wohlergehen. Ich hatte schon letzte Woche Termine in Wien und habe das als Testlauf betrachtet, wie der Rhythmus, der Ablauf mit ihm sein wird. Ich habe extra einen großen Puffer eingebaut und gelernt, dass jede Planung derzeit völlig sinnlos ist (lacht). Kaum war er angekleidet, hatte er auch schon wieder Appetit, und alles beginnt von vorne. In Zukunft werde ich also am Vorabend schon anreisen.


Wer hilft Ihnen – außer dem Kindsvater?
Nachbaur: Ich habe leider keine Mutter mehr, aber einen Vater, der sehr stolz ist.


Haben sich Ihre Werte verschoben, weil Sie Mutter sind?
Nachbaur:
Ja. Das beginnt mit dem Thema Umwelt und Nachhaltigkeit und geht bis zum Steuer- und Pensionssystem, wo die Rahmenbedingungen nicht so gestaltet sind, dass es für die nächsten Generationen funktionieren kann.


Wann starten Sie wieder ins politische Berufsleben?
Nachbaur:
Ich bin Abgeordnete, als solche hat man keine Karenz, und als Wirtschafts- und Budgetsprecherin tätig. Und ich habe begonnen zu bloggen. Bald werde ich – mit klugen Köpfen – einen eigenen Blog auf die Beine stellen.


Was möchten Sie konkret tun?
Nachbaur:
Ich will ein Bewusstsein schaffen, wie frü­here Generationen unser Land aufgebaut und Wohlstand geschaffen haben. Weg vom sozialistischen Anspruchsdenken, hin zu leistungsbereiten, mo­tivierten Menschen, wo nicht Vater Staat für alles zuständig sein soll. Ich glaube an die ­Zukunft einer bürgerlich-­liberalen Gesellschaft, in der Menschen Freiheit genießen, Privateigentum gesichert ist und soziale Verantwortung ­gelebt wird. Und was Frauenpolitik anlangt: Ich möchte ­Daten, Zahlen und Fakten dazu liefern, z. B., dass es wichtig ist, dass Frauen die Kinder­erziehungszeit zur Gänze angerechnet wird. Viele Frauen fallen deshalb aufgrund der unterbrochenen Lebensläufe später in die Altersarmut. Es kann nicht sein, dass in einem Generationenvertrag Frauen, die Kinder haben, derart vom System benachteiligt werden. Mütter leisten unglaublich viel; für sich, für die Familie, für die Gesellschaft. Ich würde mir wünschen, dass das eine höhere Wertigkeit in der Gesellschaft erfährt.


Andreas Gabalier hat für seine Aussage, Mütter sollen bei den Kindern bleiben und er gehe nicht in Karenz, einen Shitstorm geerntet. Was sagen Sie dazu?
Nachbaur:
Ganz ehrlich? Auch wenn es nicht dem me­dialen Mainstream entspricht, habe ich Verständnis für seine Aussagen. Aber: Jeder, wie er glaubt! Das traditionelle Familienbild sollte genauso Anerkennung finden wie andere. Und dass die Mutter Nummer-1-Bezugsperson ist, liegt in der Natur der Sache. Allein schon durch das Stillen. Die Natur hat das so designt.


Sie aber möchten Kind und Karriere unter einen Hut bringen?
Nachbaur:
Als Abgeordnete habe ich eine leichtere Situation als andere Berufsgruppen, weil es kein Fulltime-Job ist, sondern Zusatz zum Beruf. Ich kann flexibel reagieren.


Haben Sie Unterstützung neben dem Kindsvater, der auch berufstätig ist?
Nachbaur
:Wenn ich zusätzlich Unterstützung für meinen Sohn brauche, habe ich meinen Vater und Freunde.


Wie steht’s mit Ihrem Perfektionismus um Karriere und Kind?
Nachbaur
: Ich bin ein ehr­geiziger Mensch, aber keine Perfektionistin. Dann gehe ich halt mal ohne Lipgloss und Wimperntusche zum Termin.


Aktuell bewegt die Katastrophe in Nepal, davor der Flüchtlingstod im Mittelmeer …
Nachbaur:
Das hat mir als Mutter die Tränen in die Augen getrieben. Aber man kann die Schuld nicht in Europa suchen, sondern schuld sind die korrupten afrikanischen Regime, die das Chaos vor Ort verursachen. Das wichtigste ist Hilfe zur Selbsthilfe. Trade is better than aid!


Und die Flüchtlinge aus Kriegsgebieten?
Nachbaur:
Die Politik muss Frieden stiften und für Stabilität sorgen. Es wäre schön, wenn Österreich und Europa die ganze Welt retten könnten, aber das ist meiner Meinung nach völlig illusorisch. Leider. Und leider geht es sich rein numerisch nicht aus: In Europa leben 700, 800 Millionen Menschen, in Afrika eine Milliarde von denen laut Martin Schulz, dem Präsidenten des europäischen Parlaments,  500 Millionen nach Europa möchten. Dann haben wir den Bürgerkrieg. Von Herzen möchte ich den armen Menschen und ­Kindern gern helfen. Ich weine auch, wenn ich die Bilder von den Kindern sehe. Aber es ist logistisch nicht machbar. ­Außerdem schwächt die Abwanderung der stärksten und mutigsten jungen Leute die Herkunftsländer noch mehr. Es braucht eine nachhaltige Lösung.


Zum Schluss: Wie ist Ihr Verhältnis zu Frank Stronach?
Nachbaur
: Er hat Sebastian eine kleine Lederhose geschenkt. Er hat angerufen und sich sehr für mich gefreut. ­Unser Verhältnis – auf der ­persönlichen Ebene – ist sehr gut! Wir waren uns nicht ­immer eins über die Führung und die Struktur der Partei, das hat aber nichts mit unserer Freundschaft zu tun. Aber:
In die Personalpolitik und Struktur der Partei des Team Stronach bin ich nicht mehr
involviert!

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