Neue Studie und weiser Liebeskompass

Valentinstag 2022: So lieben wir heute

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Einer neuen Parship-Studie zufolge finden sich Paare online am häufigsten, die Pandemie hat hier nachgeholfen. Plus: Aktivistin hooks verrät in ihrem Buch, wie wir „lieben lernen“. 

Die Liebe ist ein mehr oder weniger seltsames Spiel, das seinen eigenen Regeln folgt. So auch während der Pandemie, wo sich ein klarer Sieger hervorgetan hat: Online-­Dating! Die heimische Partneragentur Parship blickte Ende 2021 in die Herzen von 1.500 webaktiven Österreicher:innen (davon 1.064 Vergebenen) im Alter von 18 bis 69 Jahren – und liefert spannende Ergebnisse übers (Ver-)Lieben, moderne Daten und Schamgefühl.

Online-Romantik
Wo die Liebe hinfällt – während Corona wohl verstärkt in die Online-Datingwelt, so das Fazit der Studie. 43 Prozent der Paare, die sich in den letzten zwei Jahren verliebt haben, geben an, ihr Herz auf Dating-Apps, in sozialen Netzwerken oder woanders im Web verloren zu haben. Für Caroline Erb, Psychologin bei Parship, keine Überraschung: „Die meisten Paare finden einander online. Der Trend ließ sich schon vor der Pandemie beobachten, er tritt allerdings jetzt verstärkter auf. Denn viele Möglichkeiten des Kennenlernens, wie Feste feiern oder Ausgehen, wurden seit nun schon fast zwei Jahren zunehmend schwieriger. Aus heutiger Sicht sind die Erfolgsaussichten, einen passenden Partner zu finden, online eindeutig am größten.“

Entwicklung
Das sah vor gut 20 Jahren noch ganz anders aus. Wer sich vor dem Aufkommen des Online-Datings verliebte, tat dies am ehesten beim Fortgehen (32 % der Befragten), über Freunde oder Bekannte (24 %), durch berufliche Kontakte (16 %) oder an der Schule bzw. in der Uni (6 %). Legt man den Fokus auf die letzten vier Jahre, ergibt sich ein völlig anderes Bild. 2018 entstanden 23 % der heimischen Partnerschaften online – 2019 waren’s schon 31 %, 2020 (also nach mehreren Monaten Pandemie und Lockdown) 40 %. Neuer Spitzenwert: 43 % der Bezie­hungen, die 2021 begonnen wurden, entstanden per Mausklick (oder bekannter Wisch-Funktion am Smartphone).

Schamgefühl
Bei so viel Amore und Gefühlen ist klar, dass das Kennenlernen im Web bei 90 % der Befragten auch als ganz normal an­gesehen wird. Aber ein bisserl gschamig sind 21 % dieser Turteltauben dann doch: Sie wollen nicht darüber sprechen, ihren Traummann oder ihre Traumfrau auf digitalem Weg gefunden zu haben! Die Psychologin: „Obwohl Online-Dating schon lange nichts Exotisches mehr ist und sich fast jedes zweite Paar über das Internet kennenlernt, fällt es manchen schwer, offen darüber zu sprechen. Das ist durchaus in Ordnung und auch nachvollziehbar, denn die Art und Weise des Kennenlernens ist etwas Intimes und Privates.“ In einem sind sich 80 % der Online-Pärchen aber einig: Im Internet lässt sich der oder die potenzielle Partner:in einfacher kennenlernen, da schon vorab mehr Informationen zum Gegenüber präsent sind – dem will nur knapp mehr als die Hälfte der sogenannten Offline-Paare zustimmen.

Oldschool-Kennenlernen?
Klar, die Pandemie hat es uns in den letzten zwei Jahren enorm schwer oder streckenweise sogar unmöglich gemacht, beim klassischen Ausgehen jemanden kennenzulernen. Das erklärt auch, warum nur acht (!) Prozent der Frischverliebten so ihr Gegenüber gefunden haben. Zum Vergleich: Vor Corona waren es doppelt so viele Beziehungen, die beim Weggehen ihren Anfang genommen haben (15 %). Das Partyleben war mau, am Arbeitsplatz selbst aber sprühen nach wie vor die Funken: Stabile 15 % verlieren im Job ihr Herz an Kolleg:innen. Apropos verlieren: Das klassische Verkuppeln scheint keine Herzenssache mehr zu sein. Das Verlieben im Freundes- und Bekanntenkreis lag vor 20 Jahren noch bei 24 % – heute sind es nur mehr 16 Prozent.

Immer gültig
Es sprühen also nach wie vor die Funken – und das ist gut so! Eine, die uns dabei viele Jahre lang mit Rat, Tat und viel Wissen zur Seite stand, war bell hooks: Die Autorin, die ihr Pseudonym dem Namen ihrer indigenen Großmutter verdankte und diesen auch bewusst in Kleinschreibung verwendete, war eine engagierte Aktivistin und Literaturwissenschaftlerin. In ihrem neuen Werk, das nach ihrem Tod Ende 2021 nun auf Deutsch erscheint, geht’s ans Eingemachte: Lieben lernen. Alles über Verbundenheit“ funktioniert aber nicht nur als Ratgeber, sondern auch als spiritueller und psychologischer Kompass in Liebesdingen. 2021 legte hooks ihren feministischen und antirassistischen Klassiker Alles über Liebe. Neue Sichtweisen vor, nun erscheint am 22. Februar also das Nachfolgewerk. Denn über die Liebe gibt’s ja immer viel zu sagen: „Frauen, die sich für die Liebe entscheiden, müssen klug, waghalsig und mutig sein“, so hooks, die ihren Fokus im neuen Buch auf Geschlecht, Alter und Rassismus legt. Denn hoffentlich besiegt die Liebe alles – einen Versuch ist es aber bestimmt immer wert. 

 

Buch setzt Feminismus, liebe & Co. in Beziehung 

„Lieben lernen“: hooks fühlt Emotionen auf den Zahn 

Nicht nur am Feiertag der Gefühle und Partnerschaften stellt sich die Frage: Lässt sich lieben lernen? Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Aktivistin bell hooks (ist der Name ihrer in­digenen Großmutter – schrieb diesen immer klein!) sagt: Ja! In ihrem posthum erschienenen Buch geht die Ende 2021 verstorbene US-Ikone ab 22. Februar der schönsten Sache der Welt auf den Grund. In MADONNA lesen Sie die wichtigsten Auszüge.

Feminismus: „Obwohl die feministische Bewegung die schon in der Kindheit einsetzende Entwertung der Frau kritisierte, änderte sie nichts daran. Mädchen von heute wachsen in einer Welt auf, in der sie ständig hören, dass Frauen dieselben Rechte hätten wie Männer, doch in der Kindheit gibt es trotzdem keinen richtigen Platz für feministisches Gedankengut und dessen Umsetzung. Mädchen kämpfen heute noch genauso gegen sexistische Rollenbilder an wie schon vor der Frauenbewegung. Obwohl gewisse Ausprägungen des Feminismus diesen Kampf hier und da unterstützen, fühlen sich die meisten Mädchen ausgeliefert, weil es verwirrend ist, in eine Welt hineingeboren zu werden, in der die Befreiung der Frauen einen gewissen Raum zugewiesen bekommen hat und das Patriarchat die Mädchen trotzdem weiterhin fest in seinen Fängen hält. Wie ausgeprägt diese Gefangenschaft ist, zeigt die unter Mädchen aller Klassen und Ethnien verbreitete Angst, nicht geliebt zu werden.“

Liebe: „Daher sind Frauen von Anfang an verwirrt, was das Wesen der Liebe angeht. Da uns fälschlicherweise vermittelt wird, dass wir Liebe dort fänden, wo das Weibliche als unwürdig gilt und ständig entwertet wird, lernen wir früh vorzugeben, Liebe sei wich­tiger als alles andere, obwohl wir in Wahrheit wissen, dass das Wichtigste selbst im Kielwasser der feministischen Bewegung doch eigentlich die patriarchale Anerkennung ist. Die meisten von uns Frauen haben von Geburt an Angst, verlassen zu werden, nicht geliebt zu werden, sollten wir die anerkannten Grenzen überschreiten.“

Hoffnung: „Die Liebe ist das Fundament, auf dem wir das Haus unserer Träume erbauen. Es ist ein Haus mit vielen Zimmern. Beziehungen sind Teil des Hauses, aber sie sind nicht alles und können es auch niemals sein. Entscheidend ist das richtige Gleichgewicht. Um ein ausgewogenes Leben zu führen, sollte keine Gruppe von Frauen das Gefühl haben, sie müsste die Bedeutung der Liebe verleugnen. Wir uns selbst liebenden, mächtigen, erfolgreichen Frauen wissen, dass ­unser Leben nur so vor Liebe strotzt. Wenn wir der Welt unsere Liebesgeschichten vorenthalten, wirkt der Mythos, dass wir keine Liebe wollten und sie nicht bekommen könnten, auf andere Frauen weiterhin wie eine Warnung, die sie zurückhält und ihnen verschweigt, dass wir mit echter Liebe stets stärker wir selbst sein können. Männer und Frauen, die Liebe erfahren wollen, werden uns finden, und wir finden sie.“ 

Das buch: bell hooks‘ „lieben lernen“ erscheint am 22. Februar bei HarperCollins. 304 Seiten um 20,95 Euro.   

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