Sex-Experiment

Sie hatten 365 Tage Sex

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Zwei Frauen, ein Erfolgsrezept: Charla Muller und Annie Douglas stürmen die US-Buchcharts mit einem neuen Ehe-Credo: täglicher Sex als Retter aus dem Alltags-Einerlei.

(c) sxcDie Mullers von nebenan: Bis zu Brad Mullers 40. Geburtstag hatten sie eine solide Ehe, zwei wohlgeratene Kinder und ein beschauliches Leben zwischen Reihenhaus und Grillabenden. Nur ihr Sex­leben rangierte nach zehn Ehejahren im To-Do-Listen-Status hinter Müll raus bringen. ­Charla Mullers Geburtstagsgeschenk setzte der Sex-Wüste ein jähes Ende: Ein Jahr lang Sex – täglich!

Geschenkter Sex als Trend

„Ich wollte nicht, dass Brad je zurück denkt und sich fragt: ,Was hat Charla mir noch mal zum 40er geschenkt?“, erklärt die 39-Jährige ihr intimes Präsent. „Ich suchte etwas, das nur ich ihm geben kann und das nicht viel kostet“, so die zweifache Mutter, die ihr „Sexperiment“ in Buchform zum Bestseller machte. „365 Nächte: Intime Erinnerungen“ (B&T Verlag) lautet ihr erfolgreiches Sex-Protokoll. Seit wenigen Tagen hat der Buch-Hit einschlägige Konkurrenz.

„Just Do It – mach es einfach“, betitelten Annie und Douglas Brown (41) ihre Notizen über täglichen Sex, der bei den Browns aber „nur“ 101 Tage dauerte. Der kommerziellen Erfolg ist beiden sicher: Charla Muller jettet von einer US-Talkshow zur anderen, das Buch der Browns wird von 20th Century Fox verfilmt und in den USA kochen an Stammtischen die Emotionen bei der Frage hoch: „Kann täglicher Sex denn noch Spaß machen?“

MADONNA blickt hinter die Kulissen des US-Phänomens rund um den Koitus-Marathon zwischen Wäschebergen und Kindergeburtstagen.

Überforderter Ehemann

Für die Mullers wurde bereits der Auftakt zur Bewährungsprobe: Ehemann Brad weigerte sich anfangs, das Geschenk anzunehmen. „Er wollte nicht, dass ich unter Druck mit ihm schlafe“, erzählt Charla. Als sie ihn überredet hatte, startete das Paar ausgerechnet während eines Familienurlaubs bei Charlas Eltern ins Sexperiment. „Das Haus war voller quäkender Babys und tobender Halbwüchsiger. Da fragte ich mich schon: ,Was um Himmels willen tust du da?‘“ – Nicht das letzte Mal, dass Charla ans Aufgeben dachte.

Sex nach Terminplan

„Es war nicht immer romantisch, und es war ein logistischer Albtraum“, schildert die ehrgeizige Ehefrau. „Wir planten den Sex mit Terminkalender rund um Brads Geschäftstermine und Auslandsreisen.“ Das brachte den beschenkten Gatten bald an seine Grenzen. Für ihn sollte Sex spontan bleiben. Charlas Lösung: „Ich plante es heimlich alleine, damit er nicht merkte, wenn ich ihn nach Plan verführe.“

Die Wiener Psychologin Dr. Brigitte Bösenkopf versteht Brad Mullers Reaktion: „Für manche Männer ist täglicher Sex ein Geschenk, andere empfinden ihn als Albtraum und Belastung. Dieser Druck kann Partner auch meilenweit voneinander entfernen, statt Intimität zu schaffen.“

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Krise nach zehn Monaten

Charla Muller zog ihren Plan durch: Ausnahmen gab es nur, wenn Brad auf Geschäftsreise war oder nach Partys, wenn er zu viel getrunken hatte. „Es war mir wichtig, es durchzuziehen, und als wir mal begonnen hatten, entdeckten wir, dass es gar nicht schwierig ist.“ Nach zehn Monaten wäre das Experiment trotzdem fast gescheitert: Charla haderte mit sich, verurteilte ihre Schnapsidee und empfand sie als „Kreuz, das sie tragen muss“.
Dennoch: Sie hielt durch und ist heute stolz auf ihre Erfolgsbilanz: 26- bis 28-mal Sex im Monat, ein ganzes Jahr lang.

101 Tage Sex bei Browns

Ähnlich erfolgreich waren Annie und Douglas Brown, wenn auch „nur“ drei Monate lang: Sie schafften 101 sexgespickte Tage. „Es war Annies Idee, unsere Ehe nach elf Jahren wieder in Schuss zu bringen“, so der zweifache Vater Douglas Brown. Das Paar dekorierte sein Schlafzimmer zum Romantik-Nest, ließ den Fernseher abgeschaltet und entdeckte allerlei Neues in Sachen Sex. „Wir taten es am Gipfel eines Berges, in billigen und teuren Hotels, auf einer Sexmesse, nach einer Yoga-Stunde, mit Sexspielzeug und schauten zum ersten Mal gemeinsam einen Pornofilm,“ zieht Douglas Brown erschöpft Bilanz. Nach 101 Tagen verordnete sich das Paar erstmals eine einmonatige Sexpause. „Es war wahnsinnig anstrengend“, gibt Brown zu und schränkt ein: „Ich könnte das nicht für den Rest meines Lebens machen.“

„Nicht nachmachen!“
Vor euphorischen Nachahmungsversuchen warnt die erfahrene Paartherapeutin Bösenkopf. „Mit täglichem Sex steigt auch der Gewöhnungseffekt und führt zum Drang, die Dosis zu steigern. Zuerst mit Hilfsmitteln, später womöglich mit einer neuen Partnerin, sprich fremdgehen.“

Sex-Marathon als Eheretter
Dennoch sind beide Paare überzeugt: „Der Sex-Marathon hat unsere Ehe gerettet!“ Charla Muller fühlt sich heute attraktiver: „Wir sind emotional stärker zusammengewachsen und streiten weniger. Der tägliche Sex stärkte mein Selbstwertgefühl. Ich fühle mich heute viel begehrenswerter!“

Auch Annie Brown ist vom Sexperiment begeistert: „Wir haben gelernt, aufeinander mehr Rücksicht zu nehmen und wir berühren uns heute viel häufiger. Es ist nicht nur der Sex, die Zärtlichkeit hat dadurch zugenommen.“

Das Happy End beider Paare hält Psychologin Bösenkopf eher für glücklichen Zufall: „Täglicher Sex ist bestimmt kein Patentrezept für kriselnde Ehen. Durch die Planung bleibt die Sinnlichkeit, Spontaneität und erotische Anziehungskraft auf der Strecke.“ Sie empfiehlt sogar den gegenteiligen Weg: „Besser wäre, durch bewusste Abstinenz Spannung aufzubauen und der Sexualität, aber vor allem auch der Zeit miteinander, bewusst Platz einzuräumen.“

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