Psychologe verrät:

Wie man ein glückliches Paar wird – und bleibt

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Psychologe und Bestseller­autor Georg Fraberger ­verrät in seinem neuen Buch das Geheimnis wahrer Liebe, die er selbst trotz – oder gerade wegen – seiner Behinderung gefunden hat. Ein Wegweiser mit Herz.

Historisch betrachtet, wurde bereits alles über die Liebe gesagt, was es zu sagen gibt“, schreibt Georg Fraberger (45) in seinem neuen, inzwischen fünften Buch. Nichtsdestoweniger hat sich der Bestsellerautor und Psychologe, der ohne Hände und Beine geboren wurde, dem schönsten und zugleich schwierigsten Thema der Welt verschrieben. „Wozu also ein neues Buch über die Liebe? Weil nach wie vor die großen Pro­bleme unserer Gesellschaft auf die unerfüllte Liebe zurückzuführen sind“, so der Motivationsexperte, der bereits mit seinen Werken Ohne Leib mit Seele, Ein ziemlich gutes Leben & Co. begeisterte. In Erfolgreich lieben. Wie man ein glückliches Paar wird und es bleibt geht Fraberger nun den Fragen auf den Grund, wie man eine erfüllte Partnerschaft erlangt, die wahre Liebe erkennt, welche sinnlos ist und in welchem Verhältnis Liebe und Sexualität stehen.

Erfahrungswerte zum Thema „große Gefühle“ hat der 45-Jährige nicht nur im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn als klinischer Psychologe im AKH und in seiner Praxis in der Wiener Privatklinik Döbling, sondern auch privat gesammelt. Fraberger, der seinen Rollstuhl mit der Zehe lenkt und dank künstlicher Arme sein Leben optimal allein meistern kann, ist zum zweiten Mal verheiratet und Vater von fünf Kindern. Sein persönliches Rezept für die große Liebe, die er auf einem Onlineportal fand: „Ich muss erkennen, liebt mich der andere genauso wie ich ihn liebe, damit das ein ausgeglichenes Verhältnis ist. Man muss schauen, ob das passt.“ Und in weiterer Folge müsse man „immer wieder Momente schaffen, in denen man als Paar den Alltag rundherum und alle Pro­bleme vergessen kann“.

MADONNA hat für Sie die wichtigsten Passagen der neuen Liebesfibel zusammengefasst:


Was ist Liebe?
„Liebe ist das Gefühl einer tiefen Verbundenheit und Freude in Bezug auf einen Menschen, Gegenstand oder eine Beschäftigung. Diese Verbundenheit und Freude streben wir an und verbinden damit Vollkommenheit oder auch das Ziel des Lebens. Die Liebe als Freude an körperlicher Berührung findet ihren Höhepunkt in der Sexualität. Sobald die grundlose Freude an einer Person verbunden ist mit der Freude, von diesem Gegenüber körperlich berührt und begehrt zu werden, sprechen wir von wahrer Liebe. Dann erlebt man die Welt als wir. Werden körperliche Freuden auch mit anderen Menschen erlebt, so steht das Erleben des Genusses des ich im Vordergrund, dann hat man Sex – ohne uneingeschränkte Liebe. Die wahre Liebe lässt das eigene Leben erträglich werden und steuert jedes Tun.“
Nähe versus Distanz


„Das große Problem der Liebe ist es, dass es nur wenige große Lieben im Leben eines Menschen gibt. Der großen Liebe erlaubt man nicht nur, körperlich sehr nahe zu kommen, sondern auch viel Zeit miteinander zu verbringen und viel von den eigenen Werten, aber auch dem Lebensstil mitzubekommen. Liebe hat also mit Nähe kein Problem. Liebt man aber einen Menschen nicht so sehr, dass man ihn als große Liebe bezeichnen kann, so wird es auch schwerfallen, Nähe zuzulassen. Das Dilemma der Liebe besteht also darin, jemanden gleichzeitig auf Distanz zu halten und trotzdem lieb zu sein. Hier zeigt es sich, dass Liebe etwas Exklusives ist, weil sie alle anderen, die nicht wirklich geliebt werden, ausschließt.“

Echte und unechte Beziehung

„Wenn Liebe durch die Freude an einer Person ausgedrückt ist, so empfindet man eine Beziehung erst als echt, sobald man den Eindruck hat, die Freude des Partners ist gleich groß. Eine echte Beziehung wird durch den Umstand charakterisiert, dass sich jemand von seinem Partner genauso viel erwarten darf, wie er selbst bereit ist, ihm zu geben. Von außen betrachtet sind wir gut im Beobachten, ob eine Beziehung echt ist oder nicht. Ein älterer Herr, der eine 25 Jahre jüngere Frau an seiner Seite hat, löst sofort das gemeine Vorurteil aus, die Beziehung existiere nur aufgrund der Liebe zu Geld, Haus und Hof. Von seiner Seite aus bestehe die Liebe in der Jugendlichkeit eines jungen Körpers. Unecht bedeutet somit, die materiellen Eigenschaften eines Menschen zu lieben, aber nicht den Menschen an sich. Auch der Körper ist Materie, und wer jugendliche Körper liebt, bindet sich an das Jugendliche und nicht an einen spezifischen Menschen. Wer Geld, Haus und Hof liebt, gilt somit als käuflich. Diese Problematik einer ‚ehrlichen‘ Liebe zeigt sich in echten und unechten Beziehungen gleichermaßen, in der Liebe zu einer Person genauso wie in der Liebe zu Hobbys oder zur Arbeit.“

Partnerwahl und Denkstil

„Auf der Suche nach der Liebe orientiert man sich an Merkmalen, die zeigen, woran sich dieser Mensch erfreut, was ihn interessiert und was er liebt. (…) Logisch geschlussfolgert, bedeutet das: Je ähnlicher man über Dinge denkt, desto wahrscheinlicher wird die Beziehung funktionieren. Doch das Denken allein bestimmt nicht die Intensität einer Beziehung, selbst wenn ganz klar definiert ist, wer was benötigt und wer worauf verzichten muss. (…) Orientiert man sich tatsächlich an der Art und Weise, wie jemand über etwas denkt, so scheint es wichtig zu sein, herauszu­finden, mit wie viel Liebe, wie viel Freude sich jemand dem Denken hingibt. Denn auch Gedanken unterliegen einer Entwicklung. Spürt man, dass jemand Freude daran hat, neue Ideen, neue Lebensformen durchzudenken, so kann man sich an der Freude anhalten und gemeinsam eine Idee entwickeln, wie man leben möchte. Festgefahrene Denkmuster, die keinen Spielraum für einen Wertewandel zulassen, schränken auch die Freude in einer Liebes­beziehung und damit langfristig die Qualität dieser Beziehung ein.“


Sexualität in der Liebe

„In einer Liebesbeziehung stellt sich relativ rasch heraus, was der Partner möchte und was nicht. Das heißt aber nicht, dass der Wunsch geäußert werden kann oder berücksichtigt wird. Aus meiner Erfahrung als Psychologe wissen viele Menschen nicht, wie sie ihrem Partner mitteilen können, was sie mögen und was nicht. (…) Eine gelungene Sexualität, die beinhaltet, dass die Wünsche aller Beteiligten berücksichtigt werden, braucht Zeit. Zeit, sich kennenzulernen, und Zeit, sich über Gefühle, die man erlebt, auszutauschen. Doch heutzutage ist Zeit irrelevant. Jeder ist so beschäftigt und so leicht zu beschäftigen. Sexualität beziehungsweise erotische Liebe findet nicht in einem separaten Zeitfenster statt, sondern sie kann das gesamte Leben beeinträchtigen.“

Liebe allein genügt nicht
„Eine Beziehung soll alles gleichzeitig bieten: den Alltag, die Langeweile, den Stress und die Spannung, das Prickeln der Erotik und Intimität. Wie schafft man es, das ganze Leben darauf auszurichten, sodass alles bestehen bleibt? (…) Wenn zwei Menschen sich endlich gefunden haben, sich lieben und beschließen, zusammenzuleben, so müssen sich beide jeden Tag neu fragen, was sie sich vom jeweils anderen täglich erhoffen. Solange man etwas vom anderen erhofft – nicht erwartet! –, bleibt die Liebe. (…) Unter dem Begriff Liebe verstehen wir idealerweise eine einzige Beziehung, die alle Hoffnungen erfüllt. Alles, was ich mir wünsche, soll mit dem Partner, den ich liebe, gelebt werden können. Je inniger und größer die Liebe ist, desto deutlicher wird einem bewusst, dass es gar nicht so sehr um alles im Leben geht. (…) Gemeinsame Werte und Interessen oder auch das Gegenteil, das Aufgeben von gemeinsamen Werten, schaffen mehr Nähe in der Beziehung. Und genau das ist es, was eine Liebesbeziehung braucht: die Möglichkeit, dem geliebten Menschen nahe zu sein. Es wird sich also das gesamte Leben, der komplette Alltag ändern müssen, um eine Liebesbeziehung langfristig aufrechtzuerhalten, damit kein anderer Mensch Hoffnungsträger meiner Wünsche wird.“

Residenz Verlag
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Georg Fraberger wurde am 10. Dezember 1973 in Wien geboren. Er kam ohne Arme und Beine zur Welt, möglicherweise weil ­seine Mutter als Krankenschwester auf der Kinderstation kleine Patienten zum Röntgen begleitete. Die Ursache ist jedoch ungeklärt.
Sein Leben hat der studierte Psychologe voll im Griff. Er lebte u. a. in England, wo er als psychologischer Assistent für Patienten mit Schädel-Hirn-Traumata arbeitete. Heute arbeitet der fünffache Vater am Wr. AKH und in seiner Praxis (www.fraberger.eu).

 


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