Liebe in der Zukunft

So geht Sex 2.0

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Sex hat seit Jahrzehnten die Zone des reinen Fortpflanzungszwecks verlassen. Doch das Vergnügen wird immer anspruchsvoller und komplexer! Hier die Sextrends der Zukunft für schöne Stunden zu zweit.

Sex ist … nicht alles, aber vieles! Für manche Menschen ist Sex ohne Liebe unvorstellbar, für viele Liebe ohne Sex ein Unding. Dass die körperliche Komponente in Liebesbeziehungen eine essenzielle Rolle spielt, ist Fakt. Der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher ist mit seinem Sexleben vollauf zufrieden: Laut einer aktuellen Parship-Studie geben acht von zehn Österreichern an, ein erfülltes Sexualleben zu haben. 47 Prozent behaupten sogar, „besonders zufrieden“ mit ihrem Bettsport zu sein. Sechs von zehn der Befragten sind der Meinung, dass sich ihre Beziehung im Laufe der Jahre zum Positiven verändert hat. Psychologin Caroline Erb weiß dazu: „Sex ist zwar wichtig, aber nicht das Einzige, das in einer Partnerschaft zählt.“ Laut Erb rücken mit der Zeit andere Prioritäten, wie „Vertrauen, ähnliche Wertvorstellungen, gemeinsame Ziele, Humor, der kommunikative Austausch“, in den Vordergrund. „Natürlich spielen auch der Alltag und das Familienleben eine Rolle, wie viel Zeit und Lust auf Sex vorhanden ist.“ Ein Paar sollte sich im Idealfall eine „gute Balance zwischen Nähe und Distanz“ bewahren, „damit eine erotische Spannung auch nach mehreren Beziehungsjahren aufgebaut werden kann“, konstatiert Erb.

Zwischen Liebe und Lust. Gerät diese Balance dann doch nach ein paar Jahren aus dem Gleichgewicht, ist das verflixte siebte Jahr bei österreichischen Paaren früher da, als die Zahl vermuten lässt. Denn nach drei Jahren Beziehung zeigt sich ein deutlicher Knick in Sachen Sexzufriedenheit: In den ersten drei Jahren hat die Mehrheit der Paare mindestens zwei bis dreimal pro Woche Sex, danach trifft das nur mehr auf 25 Prozent zu. Ab dieser magischen Schwelle haben Paare seltener Lust auf­einander, sie nehmen sich weniger Zeit für Sexualität, erleben nur mehr selten Quickies und sind beim Sex nicht mehr so experimentierfreudig. Laut der Parship-Psychologin Erb zeigt die Umfrage, dass „beim Sex mit der abnehmenden Frequenz auch die Zufriedenheit sinkt. Im Umkehrschluss kann man sagen, die Paare haben auch in längeren Beziehungen Lust auf Sex, aber sie kümmern sich zu wenig darum und nehmen sich im Alltag oft zu wenig Zeit füreinander.“
 
Die Zukunft ist groß. Ist einem als Paar erst einmal dieser Punkt bewusst, an dem aus dem gemeinsamen Liebesleben scheinbar die Luft raus ist, dann ist es der beste Zeitpunkt, sich mit Sex und Liebe zu beschäftigen. Denn die Digitalisierung hat nicht nur arbeitstechnisch branchenübergreifend für so manche Neuerung und den Ausbruch aus gewohnten Strukturen gesorgt, sondern auch den Markt der Sex-­Toys kräftig auf den Kopf gestellt. Und mit abtörnenden Roboterhänden hat diese Assoziation gar nichts zu tun! Wie wäre es, Ihren Partner live im Schlafzimmer zu treffen, obwohl er sich gerade auf Geschäftsreise in einem anderen Land befindet? „Teledildonic“ macht’s möglich! Dieser Zukunftstrend macht das tagelange Verzehren nach dem eigenen Partner hinfällig, und auch Seitensprünge sind damit wirklich nur mehr das, was sie meist sind: ein Ausdruck von Unzufriedenheit, der völlig überflüssig ist. Denn der Sex der Zukunft hat für jeden etwas im Angebot: Beim „Sexting“ kann Spannung erstmals aufgebaut werden, oder der Ehemann kommt im Meeting einmal so richtig ins Schwitzen. Muss man den Alltagstrott einmal dringend hinter sich lassen, ist die SM-Party der Zukunft die „CFNM-Party“, bei der die Frau die Zügel in die Hand nimmt. Und was hat eigentlich veganes Essen mit besserem Sex zu tun? Trainieren Sie auf alle Fälle fleißig ihre Beckenbodenmuskulatur beim „Kegeling“, davon profitieren beide.
 
Sextrends der Zukunft 1/6

Virtual Reality

Haben früher noch zweidimensionale Bilder in Schmuddelheftchen die Fantasien beflügelt, reicht das heute schon lange nicht mehr aus, um das Blut in Wallungen zu bringen. Pornos durchleben aktuell einen absoluten Makeover und ähnlich wie in der Kinoinnovation von „Avatar“ schlägt am virtuellen Sexmarkt ebenfalls die 3D-Technik als Orgasmusgarant ein. Pornos mit Panoramablick für beide Geschlechter. Die ursprünglich für die Gaming-Community entwickelte VR-Brille (Virtual Reality) wird heute nicht mehr zweckentfremdet, sondern für das Hautnah-Feeling im Schlafzimmer konzipiert. Die zwei starken Illusionen, die uns VR vermittelt, sind „Place Illusion“, bei der man die Brille aufsetzt und sich plötzlich an einem beliebigen Ort befindet, und „Illusion of Embodiment“. Sie erzeugt das Gefühl, in einem Körper, der nicht der eigene ist, zu sein. 360-Grad-Pornos bekommen eine völlig neue Bedeutung!

Reden hilft. Wer praktiziert heutzutage überhaupt noch 69, die Zahl der Zukunft im Bettsport ist die 77! Auch für Singles hält die Zukunft Großartiges bereit: So wird zukünftig beim gemeinschaftlichen Gärtnern gedatet, und die Tinder-Nachricht soll ruhig unbeantwortet bleiben. Doch egal, ob „Sexting“, „Karezza“ oder Liebe in der VR – was auch Sexexpertin Alix Fox (siehe Interview unten) bestätigt –, Kommunikation ist der Schlüssel!
 
Interview mit Alix Fox
Alix Fox
© Womanizer
 
Besonders auffallend an der Britin Alix Fox ist ihre ständig wechselnde Haarfarbe und der Hang zu extravaganten Outfits. Ihr Spezialgebiet: Sex. Im Zuge des „The Future ist WOW“-Events in Berlin ergab sich die Gelegenheit, mit der Sexpädagogin ein paar Dinge in Sachen zwischenmenschlichem Vergnügen der Zukunft abzuklären. Wie sollte es auch anders ein, war Veranstalter des Events die Marke „Womanizer“, die Lustspielzeuge für Frauen herstellt, die mit Luftstößen zum Höhepunkt führen. „Das macht sie auch zu einem sehr viel leiseren Tool als so manch anderer Vibrator … Obwohl ich nicht versprechen kann, dass ich während meines Höhepunkts leise bin!“, lacht Fox über den Orgasmusbringer. Was wir zukünftig in Sachen Technik in Schlafzimmer und Co. erwarten dürfen, verrät Alix im Talk:
 
Was dürfen wir in der Zukunft von Technologie in Sachen sexueller Freude erwarten?
Alix Fox: Spielzeug wird viel intelligenter. Computerbasierter. Komplexer. Erst letztens habe ich mit einer Firma gesprochen, die „Smart-Vibratoren“ herstellt, die dir die Programmierung deines personalisierten Pulsierungsmusters erlauben, die „lernen“, welche Arten von Stimulation dich beim nächsten Mal schneller zum Höhepunkt bringen. Die Firma will eine Software entwickeln, die es ihren Tools erlaubt, sich mit beispielsweise Echo, Alexa, Moodo Aroma Diffuser zu verbinden. Wenn du also in der Stimmung bist und deinen Vibrator anmachst, wird automatisch die Heizung angedreht, das Licht gedimmt, der Raum mit einem verführerischen Duft durchflutet und deine Playlist mit den besten Sexsongs auf Spotify abgespielt! Wild, nicht?!

Was halten Sie von dem erst kürzlich von Facebook angekündigten Dating-Tool?
Fox: Also ich bin eher misstrauisch. Ich bekomme schon genug Nachrichten von oberflächlichen, merkwürdigen Fuzzis, und ich möchte nicht, dass Mark Zuckerberg meine flirty oder anzüglichen Nachrichten an Cambridge Analytica übergibt!
 
Was für einen Effekt haben diese neuen Paarungstechnologien auf das Sexleben von Millennials?
Fox: Ich war letztes Jahr in der Jury beim UK Dating Award, und dabei ist mir ein Trend für Dating-Apps und Heiratsvermittlungsplattformen, die ihre Möchtegern-Dater zunehmend auffordern, sich auch wirklich zu treffen, aufgefallen. Eine meiner Lieblingsentdeckungen war die Firma „Good Deed Dating“, die Single-Events organisiert, bei denen die Teilnehmer Gärten für alte Menschen gemeinsam graben, heißes Essen an Obdachlose verteilen, Gemüse für Gemeinschaftsgärten pflanzen oder andere Aktivitäten mit wohltätigem Zweck machen. Apps, die keine aktiven Events organisieren, leiden unter der Tendenz, dass beide Parteien nur digitale Brieffreunde werden. Ein Drittel der Menschen, die Online-Dating nutzen, ist nie auf ein richtiges Date gegangen. Ich denke, das könnte ein Problem mit Facebook-­Dating sein. Endlose Nachrichten, aber keine konkreten Pläne.
 
Wie unterscheidet sich das aktuelle Sex­leben von dem früherer Generationen?
Fox: Die Chancen auf einen One-Night-Stand sind viel höher als früher. Nachforschungen der UK-Kondomfirma One ergaben, dass 68 Prozent der 18- bis 24-Jährigen Sex mit jemandem hatten, den sie nicht kannten. Apps wie Tinder spielen hier eine große Rolle. One hat sogar den Begriff des „sexuellen Fallschirmspringers“ geprägt, um damit die offenbar übermütige Einstellung der Millennials, von Partner zu Partner zu hüpfen, zu beschreiben. Meine Einschätzung? Hab Kondome bei dir – und benutze sie! Wenn du die Erfahrung des freien Falls erleben möchtest, pack immer einen Fallschirm ein – und benutze ihn, bevor jemand schießt (lacht)!
 
Wünschen Sie sich, dass bestimmte Sexthemen öfters zur Sprache kämen? Nicht nur innerhalb von Beziehungen?
Fox: Heutzutage ist es absolut normal und weitgehend akzeptiert, wenn eine Frau einen Vibrator besitzt – es wirkt sogar attraktiv und selbstermächtigend. Männer, die einen Masturbator verwenden, werden hingegen als einsame Freaks abgestempelt. Dieses Stigma und Shaming ist unfair, ungerechtfertigt und muss aufhören. Jeder sollte das Recht haben, seinen Körper zu erkunden und zu verwöhnen, wie er will.
 
Sie haben sich mit ihrem unverblümten Sextalk einen Namen gemacht. Passiert es Ihnen, dass Sie Ihre eigene Lust durch zu viel Nachdenken über Sex vermiesen?
Fox: Ich bin Single und versuche zu daten, und manchmal mache ich mir Sorgen, dass die Erwartungen eines Mannes an mich aufgrund meines Jobs zu hoch sind. Ich habe schon die peinlichsten Situationen erlebt, als Typen glaubten, dass ich auf magische Art und Weise ihre verborgensten Fantasien errate und sie alle in Rekordzeit erfülle, obwohl wir noch kein einziges Wort über unsere Lust gesprochen hatten. Klar habe ich ein paar aufregende Boudoir-Tricks auf Lager und bemühe mich um Schärfe im Bett, aber ich kann keine Gedanken lesen! Und egal, wie viel man über die Theorie weiß – wenn man zum ersten Mal intim miteinander wird, passiert es einfach, dass man etwas unbeholfen ist, weil man den anderen noch nicht kennt und vice versa. Ich bin der Meinung, dass man einen neuen Partner nicht zu früh aufgrund der ersten intimen Begegnungen beurteilen sollte. Niemand kann hellsehen – und Kommunikation ist der Schlüssel.
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