2 Monate danach

Witwe Claudia bezweifelt offizielle Unfall-Version

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Claudia Haider räumt im ÖSTERREICH-Interview mit vielen Gerüchten auf: "Mein Mann war nicht homosexuell.“

(c) APAZwei Monate auf den Tag genau ist heute das Ereignis her, das Österreichs Innenpolitik veränderte - und das Leben von Claudia Haider (52) von Grund auf erschütterte. Den Tod ihres Mannes an jenem 11. Oktober versucht sie seit diesem Tag aufzuarbeiten - aber "der Schmerz wird immer größer“, wie sie im ÖSTERREICH-Interview sagt.

Nach ein paar Tagen der Erholung fühlt sie sich nun stark genug für einen Kampf, der sie in den vergangenen Wochen immer stärker belastet hat.

Gegenoffensive
Heute erscheint in der deutschen Illustrierten Die Bunte ein Interview, mit dem Claudia Haider in eine Gegenoffensive geht. In eine Offensive gegen Gerüchte rund um den Tod ihres Mannes, die vor allem in deutschen Medien breitgetreten worden waren. Gerüchte über die angebliche Homo- oder Bisexualität ihres Mannes, genährt durch die Bekenntnisse seines trauernden „Lebensmenschen“ Stefan Petzner nach seinem Tod und die Enthüllungen über die letzten Stunden Jörg Haiders in einer angeblichen Klagenfurter Szene-Bar.

Mutiger Schritt
Mit "Mein Mann war nicht homosexuell“ wendet sie sich jetzt mit ihrem Interview in der Bunten mutig an die Öffentlichkeit - gegenüber ÖSTERREICH erklärt sie, warum sie diesen Schritt jetzt setzen musste.

Sogar die als besonders seriös geltende Süddeutsche Zeitung hatte ja unter dem Titel "Haiders verschwiegenes Doppelleben“ spekuliert: "Haider galt schon lange als bisexuell, ohne dass er je sich selbst geoutet hätte. Die scheinbare Idylle mit Ehefrau Claudia und den beiden heute erwachsenen Töchtern im Kärntner Bärental wurde offiziell aufrechterhalten.“

Über Gerüchte gelacht
Jetzt sagt Claudia Haider: "Diese Gerüchte sind nicht haltbar. Früher haben Jörg und ich immer über die Gerüchte gelacht. Er hat sich immer gut dagegen gewehrt.“ Besonders kränkt sie der Umstand, dass das Leben ihres Mannes jetzt nach seinem Tod "abenteuerlich interpretiert“ werde, "wogegen er sich nicht mehr wehren kann“.

Zweifel an Crash-Version
Ein weiteres Anliegen verfolgt Claudia Haider mit ihrer publizistischen Offensive: Sie deponiert ihre Zweifel an der offiziellen Unfallversion. Im ÖSTERREICH-Gespräch zeigt sich Haider darüber verärgert. Es sei "nicht endgültig bewiesen“, dass ihr Mann in der Unfallnacht stark alkoholisiert war und viel zu schnell gefahren war. Claudia Haider hegt an zwei Punkten Zweifel an den bisherigen Darstellungen des Crashs:

  • Zum einen sei die Unfallstrecke zu kurz, um auf über 140 Kilometer pro Stunde beschleunigen zu können.
  • Zudem sei von medizinischer Seite bestätigt worden, dass Jörg Haider bis 24 Uhr nüchtern gewesen sei.

"Schaue mir das an.“
Für Claudia Haider steht jedenfalls fest: "Es gibt noch viele Ungereimtheiten und Fragezeichen.“ Und sie kündigt an, dass sie versuchen wird, das "Puzzle“ um den Tod ihres Mannes zusammenzusetzen und die vielen Fragezeichen zu reduzieren. Einige Steine hätte sie schon.

Klar ist: Jörg Haiders beliebte Witwe trifft mit ihrer Skepsis genau die Stimmung im Volk. An der Unfallstelle in Lambichl südlich von Klagenfurt wird das Lichtermeer auch zwei Monate nach dem Unfall täglich größer. Ein Plakat an der Unfallstelle bringt die Gedanken vieler auf den Punkt: "Kärnten will die Wahrheit. Lauter offene Fragen.“

Auf der nächsten Seit geht's zum Interview mit Claudia Haider

 

"Ich finde, diese Gerüchte sind pietätlos"


(c) APAClaudia Haider im Interview mit ÖSTERREICH: "Ich versuche Aufklärung in das Geschehene zu bringen. Es gibt viele Fragezeichen".

ÖSTERREICH: Frau Haider, Sie dementieren in der deutschen Illustrierten „Bunte“ erstmals die Gerüchte, dass Ihr Mann homosexuell gewesen sei. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Claudia Haider: In Deutschland waren die Gerüchte besonders heftig, viel heftiger als in Österreich. Als er noch lebte kamen die Gerüchte immer wieder auf, aber da konnte er sich selbst wehren. Jetzt muss ich es für ihn tun, weil die Gerüchte nicht haltbar sind. Jörg war nicht homosexuell. Hätte ich einen Verdacht gehabt, hätte ich mich sofort scheiden lassen. Ich hoffe, dass die Gerüchte endlich damit vom Tisch sind. Denn ich finde es pietätlos und unerträglich, dass meine Familie und ich immer wieder damit konfrontiert werden.

Warum haben sich die Gerüchte rund um die Homosexualität Ihres Mannes jahrelang so hartnäckig gehalten?
Mein Mann hatte einen einzigen Fehler. Er war den Mächtigen zu erfolgreich und zu populär. Das sind die Schattenseiten eines erfolgreichen Politikers. Weil man ihn in seiner politischen Arbeit nicht angreifen konnte, wurde es manchmal zur Methode, sich aus der Gerüchteküche etwas zusammenzubrauen, um die politischen Erfolge zu torpedieren.

Noch vor wenigen Wochen haben Sie in einem ÖSTERREICH-Interview gesagt, man soll kein Fragezeichen setzen, wo Gott einen Punkt setzt. Warum zweifeln Sie jetzt plötzlich die Todesumstände an?
Ich bin überzeugt, dass der Tod vom Schicksal vorgegeben ist. Aber rund um die Interpretation seines Todes gibt es viele Ungereimtheiten und die schaue ich mir an. Ich versuche Aufklärung in das Geschehene zu bringen, denn es bleiben viele Fragezeichen stehen.

Das bedeutet, Sie glauben nicht, dass Ihr Mann mit Tempo 142 und 1,72 Promille in den Tod raste, wie es die offiziellen Untersuchungen ergeben haben?
Das ist noch nicht endgültig bewiesen. Zum Alkoholkonsum kann ich nur sagen. Mein Mann war ein Genusstrinker und ein Marathonläufer, der auf seine Gesundheit acht gab.

Heute vor zwei Monaten hatte Ihr Mann den tödlichen Unfall. Wie geht es Ihnen derzeit?
Der Schmerz wird immer größer. Das scheint aber ein normaler Prozess zu sein, so haben es mir viele Freunde bestätigt. Ich durchlebe eine Hochschaubahn der Gefühle. Ich versuche mich intensiv diesem Prozess zu stellen, weil ich weiß, dass Verdrängung keine Lösung ist. Denn alles, was wir nicht verarbeiten, macht sich später sehr vehement bemerkbar. Mein Glaube hilft mir dabei. Am Samstag gab es im Bärental eine Seelenmesse für meinem Mann. Es kamen weit mehr als 100 Menschen, die damit ihre Verbundenheit mit uns ausdrückten. Solche Momente geben mir dann wieder Kraft und helfen in der Trauerarbeit.

Wie oft besuchen Sie die Unfallstelle? Seit einigen Tagen gibt es dort ein neues Plakat, das die Aufklärung der offenen Fragen fordert. Die Kärntner haben die gleichen Bedenken wie Sie...
Ich besuche die Unfallstelle sehr oft, denn sie liegt zwischen unserem Haus in Klagenfurt und dem Bärental. Noch immer brennen hier sehr viele Lichter. Und umso mehr falsche Gerüchte in die Welt gesetzt werden, umso mehr Lichter brennen. Das neue Plakat habe ich schon gesehen. Jetzt brennen rund um das Plakat die meisten Kerzen. Es spricht den Kärntnern offenbar aus dem Herzen.

Hätte Ihr Mann jemals gedacht, dass sein Tod österreichweit eine derart große Betroffenheit hervorruft?
Die veröffentlichte Meinung war nicht immer die öffentliche Meinung. Das wussten wir immer. Wie groß die Wertschätzung für meinem Mann war, hat mich zutiefst berührt.

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