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Wie man den alten Job neu lieben lernt

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Wenn die Zufriedenheit im beruflichen Alltag schwindet, sollte man definitiv etwas verändern. Doch nicht immer muss dies einen Jobwechsel bedeuten. Wie man den alten Job mit neuer Bedeutung erfüllt.

O bwohl die Zeiten unsicher sind, scheint die österreichische Bevölkerung nicht abgeneigt zu sein, beruflich neue Wege einzuschlagen. Denn wie eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent.com im Auftrag für karriere.at zeigt, ist die Wechselbereitschaft der ÖsterreicherInnen im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent gestiegen. So schließen laut der Umfrage 62 Prozent der Befragten momentan einen Jobwechsel nicht aus. Das liegt unter anderem an Motiven wie Verwirklichung und Unternehmenskultur. Zwar rangiert das Gehalt weiterhin auf Platz 1, allerdings nur mehr mit 54 Prozent – 23 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Trotz Krisensituation scheint Geld an Bedeutung zu verlieren. Im selben Zuge scheinen Berufstätige vermehrt über die eigenen Ziele und Laufbahnen reflektiert zu haben. Denn wie die Studie weiter aufzeigt, wünschen sich 21 Prozent der Befragten einen krisensichereren Job, um besser gewappnet zu sein, sollte es zu einer neuen Ausnahmesituation kommen. 16 Prozent möchten ihre Talente besser nutzen, um in Zukunft beruflich zufriedener zu sein. Auch die Themen Homeoffice und Kurzarbeit haben viele Arbeitnehmer nachhaltig geprägt: 15 Prozent geben an, in der Krise eine entspanntere Art zu arbeiten kennengelernt zu haben und darauf nicht mehr verzichten zu wollen. Auch unter diesem Aspekt wurde die Unternehmenskultur wieder zum Thema: 15 Prozent geben an, ihr Arbeitgeber habe sich in der Krise nicht so verhalten, wie sie es sich erwartet oder gewünscht hätten. Falls man aber sucht und nicht wirklich etwas Neues findet, lohnt es sich in sehr vielen Fällen, die eigene Arbeitsstelle zu evaluieren und im besten Fall wieder lieben zu lernen. Wie das gelingen kann, verrät Coach und Psychologin Mag. Christina Beran.

Neue Sicht auf die Dinge

„Aus der Beratungspraxis gesprochen, kann eine frische, neue Sicht auf die Dinge durchaus hilfreich sein. Wie in einer Beziehung kann man die ursprüngliche Lovestory Revue passieren lassen und bewusst auch die Positiva sehen. Wenn Sie einen Arbeitsplatzwechsel schon in Betracht gezogen haben, ist es empfehlenswert, Haltung und Erwartung an den gegenwärtigen und einen ev. zukünftigen Job gegenüberzustellen. Oft kommt im Zuge dieser Überlegungen das aktuelle Unternehmen besser als ursprünglich gedacht weg – nur sucht man eben nach einer Veränderung. Diese kann u. a. in neuen Aufgaben innerhalb des Unternehmens, über Spezialisierung, Weiterbildung oder Versetzung erreicht werden.“

Häufigste Problemfelder

„Wertschätzung, Anerkennung, Fairness, und Respekt sind seit Jahren die ‚Klassiker‘. Zurzeit sind aufgrund der Corona-Krise die Themen Sicherheit und transparente, klare, offene, aktive Kommunikation sehr wichtig. Unterstützung durch und für die Führung ist auch ein großes Thema.“

Was geht, was nicht

„Es gibt Themen, die auf individueller Ebene gelöst werden können, und die, die der Gestaltung seitens des Unternehmens bedürfen. Als Arbeitspsychologin evaluiere ich in Unternehmen regelmäßig psychische Belastungen (diese ist in allen österreichischen Betrieben i. Ü. gesetzlich geregelt), und da geht es neben der Erhebung dann darum, die Arbeitsbedingungen (Prozesse, Strukturen usw.) so zu gestalten, dass sich das ganze System verbessert – die Folge: ein Win-win.“

Was man sich fragen sollte

„Eine Frage, die ich KlientInnen gerne stelle, ist die nach Aufgaben/Tätigkeiten, die sie als Energie spendend oder als Energie raubend erleben. Wenn die „Energiespender“ identifiziert sind, empfehle ich die bewusste, aktive Suche nach ‚Mehr davon‘. Dann gebe ich einen Art Fragenkatalog mit, der Anleihen bei der positiven Psychologie nimmt:

●    Welchen KollegInnen oder Aufgaben stehen Sie positiv gegenüber – worauf, auf wen freuen Sie sich?

●    Wo und/oder mit wem können Sie Ihre Stärken und Ihr Know-how einbringen?

●    Wann und mit wem machen Sie die Erfahrung unterstützt und wertgeschätzt zu werden? Wann und wen unterstützen Sie und schätzen Sie Ihrerseits wert?

●    Wann und wie erleben Sie das Gefühl der Sinnhaftigkeit in Ihrer Arbeit?

●    Überlegen Sie regelmäßig (gerne auch gemeinsam mit KollegInnen und/oder Vorgesetzten) nach einem erreichten Ziel, welche Ihrer Stärken Sie einsetzen konnten, was und wie Sie zur Zielerreichung beigetragen haben? Das machen – aus meiner arbeitspsychologischen Praxis gesprochen – Frauen noch seltener als männliche Arbeitnehmer. Dann gilt wieder: ‚Mehr davon.‘“

Wann der Wechsel ratsam ist …

„Wenn Sie sich anhaltend mit einer distanzierten oder ablehnenden Haltung zur Arbeit begeben, wird es schwierig. Wir wissen über viele Studien, dass Identifikation mit den Inhalten der eigenen Arbeit, dem Unternehmen und die Beziehung zu den KollegInnen und den Vorgesetzten eine sehr wichtige Rolle spielen. Wenn Identifikation nicht mehr gelingt, sinken die Arbeitszufriedenheit und das Commitment rapide. Dann ist eine Veränderung im Sinne eines Jobwechsels auch am wahrscheinlichsten.“

Mag. Christina Beran ist selbstständig in Wien bis Vorarlberg als klinische- und Gesundheitspsychologin, Arbeits- und Organisationspsychologin tätig. Sie berät und begleitet seit Jahren in Wirtschaft, Politik und NP-Bereich und hält regel-mäßig Vorträge und Keynotes. Weitere Infos zur Person bzw. ihrem ­Therapie- und Coachingangebot finden Sie unter: beran-psychologie.at  Mag. Berans Tipp zum Schluss: Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe! Kostenlos und anonym auch über die Helpline 01/504 8000 des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen.
 

 

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