Börserl in Balance

Mental von Geldsorgen befreien

02.11.2022

Der Weltspartag am 31. Oktober gab Anlass zu finanziellen Überlegungen. Wie kann ein entspannter Umgang mit Geld gelingen? Und was hat die Psyche damit zu tun? Wir haben nachgefragt. 

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Geld spielt in die meisten unserer Lebensbereiche hinein - ob wir wollen oder nicht. Es beeinflusst, wo wir leben, wie wir leben, ob und wo wir urlauben und letztlich auch die Möglichkeiten, die wir und unsere Liebsten im Leben haben - oder eben nicht haben. Doch warum tun wir uns mit dem Thema Finanzen oft so schwer? Meiden es, reden nicht gerne darüber, obwohl es uns doch im Grunde alle betrifft?

Geld ist Psychologie. "Geld regiert die Welt", "Wer das Geld hat, hat die Macht" - es gibt zahlreiche Redewendungen, die im Kern darauf hinweisen, dass Geld viel mehr mit Psychologie zu tun hat als mit Finanzen. Wer sich mit Gefühlen besser als mit Wirtschaft auskennt, den mag das vielleicht erleichtern. Doch auch die Psychologie hinter den Finanzen ist komplex und vielschichtig.

Individueller Umgang. Welchen Stellenwert Geld und Finanzen am Ende des Tages einnehmen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir haben mit Ramsy Hadaya, einem selbstständigen Unternehmer, Mentalcoach, Sprecher und ehemaligen Schauspieler, über Tipps und Tricks gesprochen, wie Sie sich mental ein Stück weit von Geldängsten befreien. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Teuerungswellen ist es wichtig, für sich persönlich einen Weg zu finden, ein wenig entspannter mit dem Thema Finanzen umzugehen.

Beginnen wir bei den Basics: Was steckt denn überhaupt hinter dem Konzept des Geldes?
Ramsy Hadaya: Geld ist ein Mittel, um Dingen einen Wert zu geben. Früher hat man Ware gegen Ware getauscht, später gab es Münzen, die einen tatsächlichen Wert hatten. Heute rutscht das Konzept des Geldes so sehr ins Abstrakte, dass wir gar nicht mehr wissen, welchen Wert die Dinge tatsächlich haben. Auch den Wert des Geldes an sich müssen wir selbst für uns benennen. Geld hat für jeden von uns eine andere Bedeutung. Rein finanziell betrachtet ist Geld für manche Menschen bloße Existenzsicherung mit wenig bis kaum Spielraum, sich darüber hinaus Gedanken zu machen, wie sie ihr Geld am besten einsetzen. Andere Menschen wiederum sichern sich durch Geld zwar ebenfalls ihre Existenz, sind allerdings in der durchaus privilegierten Lage, sich zusätzlich Gedanken übers Sparen, Investitionen, Urlaube, teure Ausbildungen etc. zu machen. Aus psychologischer Sicht ist Geld natürlich Sicherheit, Status, Macht, Anerkennung und auch Liebe. So entsetzlich das auch klingen mag, Geld beeinflusst sogar zwischenmenschliche Beziehungen. Nicht wenige Familien zerbrechen an Erbstreitigkeiten, nicht wenige Paare werden aufgrund finanzieller Differenzen am Ende unglücklich. Fakt ist: Geld ist nun einmal Teil unseres Lebens, es ist permanent da, wir brauchen es, um zu überleben und es beeinflusst uns in ganz vielen unterschiedlichen Lebensbereichen.

Was bedeutet Geld für die Menschen?
Hadaya: Der Stellenwert des Geldes könnte nicht individueller sein -Geld hat kein Mascherl, keine Zweckgebundenheit. Für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, die Mindestsicherung bezieht, hat Geld eine andere Bedeutung als für jemanden, der Millionen auf seinem Konto hat. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass der Millionär sich weniger Gedanken um seine Finanzen macht als die alleinerziehende Mutter. Lebenssituation und Perspektive sind von Grund auf anders.

Inwiefern hängen Geld, Sozialisation und Chancengleichheit zusammen?
Hadaya: Wir haben in Österreich das Glück, dass der Sozialstaat die Chancengleichheit vergleichsweise hochhält. In vielen anderen Ländern sind die Menschen in einer gewissen sozialen Klasse und damit auch Einkommensklasse "verhaftet". Grundsätzlich ist es aber schon so, dass das Familien- und Klassensystem, in das ein Mensch hineingeboren wird, Einfluss auf dessen Zugang zu und letztlich Umgang mit Geld hat. Das sind unbewusste Mechanismen und Muster, die wir alle mitbekommen. Der Staat schafft in Österreich eine gewisse Chancengleichheit. Und dennoch entscheidet in vielen Fällen die soziale Basis eines Menschen über dessen späteren Weg, der natürlich immer auch davon abhängt, wie stark der Drang zur Veränderung überhaupt ist.

Geht Geld mit Abhängigkeit einher?
Hadaya: Das kommt immer darauf an: Beherrscht einen das Geld oder beherrscht man selbst das Geld? Ich denke, es ist ganz wesentlich, anzuerkennen, dass Geld Teil unseres Lebens ist. Viele Menschen negieren das und meinen, Geld sei ihnen nicht wichtig. Wenn wir allerdings anerkennen und akzeptieren, dass wir Geld nun einmal brauchen, werden wir mental freier und ermöglichen uns selbst, uns unabhängiger zu fühlen und nicht permanent an die Finanzen zu denken. Im Grunde ist dieser Zugang mit einer Krise vergleichbar: Befinden wir uns in einer Krise und verdrängen sie, werden wir vermutlich nur schwer rauskommen. Mit der Anerkennung allerdings schaffen wir für uns selbst die Möglichkeit auf Veränderung. Andernfalls hängen wir weiter in einer Art Schleife fest - und genauso ist es beim Umgang mit Geld auch.

Ist die Bedeutung des Geldes somit in gewisser Weise eine bewusste Entscheidung?
Hadaya: Vorausgesetzt, es ist ausreichend Geld vorhanden, um die eigenen Fixkosten zu decken -ja. In dem Moment, in dem wir Geld als Teil unseres Lebens anerkennen, können wir bewusst entscheiden, wie wichtig es für uns ist und welches Ziel wir damit verfolgen. Gehen wir einem Job nur nach, um möglichst viel Geld zu verdienen? Nehmen wir in Kauf, dass gewisse andere Lebensbereiche dafür auf der Strecke bleiben? Oder ist es uns wichtiger, einer Tätigkeit nachzugehen, die es uns zwar ermöglicht, unsere Rechnungen zu bezahlen, die uns allerdings primär Erfüllung bringt? Sind wir glücklich in unserer beruflichen und finanziellen Situation? Brauchen und/oder wollen wir mehr? Oder haben andere Dinge im Leben mehr Wert für uns? Stichwort Work-Life-Balance. Hier entscheiden wir für uns selbst -natürlich nur, sofern wir dazu in der Lage sind. Denn manche Menschen können sich darüber gar keine Gedanken machen. Und andere wollen es vielleicht auch gar nicht. Die Bedeutung des Geldes und aller Aspekte, die damit einhergehen inklusive Status, Macht und Sicherheit, ist unter gewissen Voraussetzungen eine individuelle Entscheidung.

Wie können wir entspannter mit Geld umgehen? Welche Tipps geben Sie uns mit auf den Weg?
Hadaya: Es ist wichtig, sich abzugrenzen und zu eruieren, was guttut bzw. stresst. Merken wir, dass uns der Gedanke ans Geld schlaflose Nächte bereitet, dass wir zur Geisel unseres eigenen Geldes werden, dann ist es wichtig, sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen. Sich dabei Hilfe zu holen, ist im Zweifelsfall eine gute Option. Im Coaching empfehlen wir immer, sich zunächst die Fakten und den Status quo anzusehen. Im wirtschaftlichen Kontext könnte das ganz simpel bedeuten, Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen. So lässt sich eruieren, wie viel Geld wir am Ende des Tages brauchen. Alles, was darüber hinausgeht, beschreibt dann sozusagen ein Ziel: Wo wollen wir hin? Wollen bzw. brauchen wir dafür weitaus mehr finanzielle Ressourcen? Was können wir verändern? Am Ende des Tages sind wir alle Individuen -mit buchstäblich unterschiedlichem Zugang zu Geld. Es ist wichtig, anzuerkennen, dass wir es brauchen. Für die eigene psychische Gesundheit ist es aber genauso wesentlich, die Balance zwischen der persönlichen Wertigkeit und der Wertigkeit des Geldes (wieder) herzustellen.

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Money Mindset: Die besten Tipps

Akzeptanz: Erkennen Sie Geld als fixen Bestandteil des Lebens an. So schaffen Sie Raum für mentale Freiheit und Unabhängigkeit.

Fakten-Check: Eine simple Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben macht es möglich, die aktuelle Situation zu eruieren und davon ausgehend etwaige Ziele zu setzen. Bonus-Tipp: Diese Vorgehensweise ist im Übrigen auch im Rahmen der finanziellen Vorsorge empfehlenswert. Überlegen Sie sich: Wo stehen Sie gerade im Leben? Haben Sie Familie, Hobbys, Angehörige etc.? Wie möchten Sie sich gerne entwickeln -sowohl beruflich als auch privat? Welche unerwarteten Ereignisse könnten Ihr Leben aus der Bahn werfen (Stichwort Risiko-Management)? Was brauchen Sie -jetzt und in Zukunft?

Abgrenzung: Nachdem Sie klar Schiff gemacht haben, grenzen Sie sich - sofern realistisch - gegenüber Geldsorgen ab. Sie haben jetzt eine gute Basis geschaffen, um zu erkennen, ob Ihre Ängste auch tatsächlich begründet sind oder nicht.

Hilfe und Unterstützung: Sofern die Faktenlage zeigt, dass Sie sich zu Recht Sorgen um Ihre Finanzen machen, holen Sie sich Hilfe. Gemeinsam mit einem Experten eruieren Sie Ihre individuellen Möglichkeiten, um Ressourcen zu schaffen, die Ihnen aus Ihrer Situation hinaushelfen.

Innere und äußere stärken: Machen Sie sich Ihre Stärken bewusst, wenn es darum geht, einen Weg aus einer etwaigen finanziellen Krise zu finden - Ihre Widerstandskraft wird es Ihnen danken.

Blick über den Tellerrand: Jeder Mensch hat aufgrund seiner Herkunft unterschiedliche Startvoraussetzungen, die sein weiteres Leben beeinflussen können. Setzen Sie Ihre eigene Situation ab und zu auch einmal in Perspektive und seien Sie sich bewusst, dass viele Menschen gar nicht die Möglichkeit dazu haben, sich Gedanken, die über die Deckung ihrer Fixkosten hinausgehen, zu machen.

Der Wert der Balance: Wenn Sie feststellen, dass finanzielle Sorgen Einfluss auf Ihre Psyche haben, handeln Sie, wenn Sie die Möglichkeit dazu haben. Versuchen Sie dabei, Ihre persönlichen Werte und den Wert des Geldes in Einklang miteinander zu bringen.
 

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