Mein perfekter Tag

Mein Liebster an meiner Seite

Teilen

Auf meiner Reise nach Guatemala gab es viele perfekte Tage. An Einem möchte ich Euch teilhaben lassen.

21. November
Bin gestern Nacht, nach einer abenteuerlichen Fahrt in einer Camionetta – so nennt man hier die Busse 2. Klasse - am Atitlánsee angekommen. Mein Quartier ist eine kleine Hütte mit einem Dach aus Palmblättern. Drinnen stehen zwei Betten, ein Tisch und zwei Stühle. Das alles sehe ich aber erst heute genau, gestern war es schon zu dunkel und ich zu müde.

Ich habe wunderbar geschlafen. Der Wind weht durch das Dach und bringt angenehme Kühle. Es ist schon fast Mittag, also höchste Zeit aufzustehen, wenn ich den Tag nicht vertrödeln will.

Beim Frühstück in einem kleinen Cafe im Ort fühle ich mich irgendwie zu Hause, obwohl hier alles ganz anders ist. Vielleicht liegt es an den Menschen, die freundlich und neugierig auf „Fremde“, wie mich zugehen.

Apropos gehen! Ich will jetzt zum angeblich schönsten See der Welt ! Nach 20 Minuten Fußmarsch auf einer staubigen Straße liegt er endlich vor mir, der Atitlánsee. Das Szenario erscheint mir unwirklich! Ich stehe am Ufer eines Sees wie aus einem Bilderbuch. Das Panorama ist überwältigend. Mir direkt gegenüber thront der Vulkan San Pedro, eingebettet in eine Kette von seinesgleichen. Die Sonne lässt den See wie Silber glitzern. Das Wasser ist kühl und klar, die Strömung zeitweise stark, wegen des Windes, der am Nachmittag meist aufkommt. Der Strand ist zwar steinig, aber dafür fast menschenleer. Alles scheint wie ein Traum.

Ich blicke mich um, und sehe Frauen im See ihre Wäsche waschen. Nicht weit von mir entfernt ist eine Schiffsanlegestelle. Eine Gruppe buntgekleideter Menschen wartet bereits auf das Boot. Sonntag Nachmittag nimmt man sich Zeit für einen Besuch auf der anderen Seeseite, oder einfach nur für einen Ausflug. Da ich mich ja
bereits fast wie eine „Einheimische“ fühle, schließe ich mich ihnen an. In einer „Lancha“ geht es vorbei an Vulkanhängen, an denen sich Acker an Acker reiht. In jedem Dorf steigen Leute ein und aus, junge alte, Eltern mit ihren Kindern, eine bunt gemischte Truppe. Es geht lebhaft und fröhlich zu auf dem kleinen Boot. Anfangs
werde ich noch skeptisch beäugt, aber aus Distanz wird schnell Neugier. Manchmal entsteht sogar eine Unterhaltung, soweit dies mit meinen dürftigen Spanisch-Kenntnissen möglich ist. Meist sind Worte aber überflüssig, ein Lächeln sagt oft mehr, und wird überall verstanden.

So sitze ich an der Reling, grüße unzählige Male höflich mit „bounos dias“, und „adiós“, und genieße das bunte Treiben. Ich fühle mich glücklich und frei. Diese Menschen und auch der See strahlen eine unglaubliche Energie aus, die ich wie ein Schwamm aufsauge. Ich bin mit mir und der Welt vollkommen zufrieden.

Die Nacht kommt schnell in Guatemala, und so geht auch dieser Tag viel zu früh zu Ende. Er war traumhaft schön. Was ihn aber wirklich wunderbar macht, ist die Tatsache, dass ich ihn nicht allein erlebt habe. Mein Liebster an meiner Seite machte ihn perfekt.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.