Die Tochter als Ass im Wahlkampf

John McCains Prinzessin

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Prinzessin der Politik. Meghan McCain ist der Trumpf im Wahlkampf ihres Vaters. Durch sie wird der 71-Jährige nun auch für junge Wähler attraktiv.

Eigentlich gibt es für die Tochter eines amerikanischen Präsidentschaftskandidaten nur wenige geeignete Plätze: aufmunternd lächelnd im Hintergrund der Wahlkampfbühne, zuversichtlich lächelnd in den Wahl-Werbespots oder strahlend lächelnd im Konfetti-Regen der Wahlkampfnächte.
Denn laut ungeschriebenem amerikanischen Wahlkampfrecht darf der Kandidatennachwuchs keine eigenen Gedanken, keine eigenen Wünsche und am besten gar kein eigenes Leben haben.

Rebellische Blondine
Doch diese Regelwerke gelten nicht für Meghan McCain, die Rebellin unter den amerikanischen Kandidatenkindern. Die auffällige Blondine hält sich keineswegs an die ihr zugeschriebene Statistenrolle, sondern wurde selbst zur zentralen Figur im Kampf um die Nachfolge George W. Bushs.
So begleitet die 23-Jährige ihren Vater nicht nur auf seiner Wahlkampftournee mit einem Bus durchs Land, sondern berichtet persönlich, salopp und wenig politisch über eben dieses Leben „on the road“. Zu sehen sind ihre Auftritte auf der Homepage www.McCainBlogette.com.

Pop statt Politik
Schon beim ersten Klick wird klar, dass Meghan McCain keinen Wert auf ernste Politikberichterstattung legt. Begrüßt wird man auf McCainBlogette von einer schwarz-grauen Frauensilhouette mit Laptop und knallroten Absatzschuhen. Überhaupt wimmelt es in McCains Einträgen nur so von Anspielungen auf Musik, Mode und Film.
„Alle, die wissen wollen, wie es sich gestern Nacht angefühlt hat, sollten sich den U2-Song Elevation anhören“, schreibt McCain etwa über die Vorwahlen in South Carolina. Die Wahlkampagne vergleicht sie mit „einer Rockband auf Tour, die hofft, dass ihr Album mit Platin ausgezeichnet wird“.
Gespickt sind ihre Backstage-Erlebnisse mit Songempfehlungen, witzigen Fotos und Videoclips. So sieht man etwa ihren Vater, wie er für einen Presse-Barbecue selbst Hühnchen grillt oder wie er und seine Frau Cindy Backstage für einen Auftritt geschminkt werden. Erstellt von Meghan und ihrer kleinen Entourage, mit der sie den Blog am Laufen hält: ein Fotograf, ein Videoprofi und Seelen-Freundin Toria Haven. „Ich war mir sicher, dass viele Leute keine Ahnung haben, wie so ein Wahlkampf aussieht und was abseits der offiziellen Auftritte passiert“, erklärt die Kunstgeschichte-Absolventin der Columbia University die Idee zum Blog.

Wahlkampf-Helferin
Während andere Politikerkinder sich korrekt unterstützend im Hintergrund halten, macht McCain mit ihren modischen Outfits und forschen Einträgen Furore – und zwar als eine Art politische Paris Hilton: schön, blond, naiv. „Ich möchte jungen Frauen in Amerika zeigen, dass sie sich für Politik UND für andere Dinge, wie etwa Mode oder Musik interessieren können“, meint Meghan. Und findet damit Gehör. Ihr Blog wird gelesen und so gilt sie plötzlich als wichtige Helferin des Republikaners. Denn sie schafft, was kaum einer für möglich hielt: Sie macht ihren mittlerweile 71-jährigen Vater wählenswert für die junge Generation. „Ich habe keine Ahnung, ob so Wähler beeinflusst werden, aber auf jeden Fall Menschen“, meint Meghan dazu bescheiden.

Junge Wähler sind begehrt
Eine Bescheidenheit, die nicht nötig ist, meint etwa Sreenath Sreenivasan, Leiter für neue Medien an der Columbia University. Für ihn spielt McCainBlogette eine wichtige Rolle im Wahlkampf von John McCain: „Er ist der älteste Bewerber mit dem geringsten Coolness-Faktor, er kann die Unterstützung seiner hippen Tochter gut gebrauchen.“ Der Blog mache den 71-jährigen Senator aus Arizona attraktiver, weil er den Republikaner von einer persönlichen Seite zeige. „Traditionelle Kampagnen sind immer weniger in der Lage, die Massen anzusprechen“, sagt der Medienforscher. „Blogs und YouTube-Videos sind deshalb wichtige Wahlkampfinstrumente geworden – gerade, wenn es um die junge Wählerschicht geht.“
Immerhin macht die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen, die dieses Jahr ihre Stimme abgeben dürfen, ein Fünftel des Wählerpotenzials aus. Das sind gezählte 44 Millionen US-Amerikaner.

Moderne „First Daughter“

Falls ihr Vater die US-Wahl am 4. November für sich entscheiden kann, hat sich Meghan McCain schon Gedanken gemacht, was für eine Präsidententochter sie abgeben würde: „Ich wäre auf jeden Fall eine sehr öffentliche erste Tochter“, sagte sie dem Fernsehsender NBC. „Wenn ich könnte, würde ich wahrscheinlich auch im Weißen Haus bloggen.“
John McCain selbst sieht die Blogs seiner Tochter gelassen und meint: „So einen Wahlkampf wird sie wahrscheinlich nur einmal im Leben erleben. Sie soll das genießen und sich dann einen ordentlichen Job suchen“.
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