Schlechtes Zeugnis

Ist Karriere mit Kindern machbar?

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Neue Studien belegen: Frauen haben es in Österreich besonders schwer, Karriere zu machen. In MADONNA erzählen Mütter, wie sie Kind und Job vereinbaren können. Oder auch nicht.

Dass Frauen es in Österreich besonders schwer haben, Karriere zu machen, wird durch den brandaktuellen Gender-Bericht der EU-Kommision dokumentiert. So ist die gläserne Decke kaum zu durchbrechen und die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen erschreckend hoch.

Besonders alarmierend: In Österreich sind noch weniger Frauen (das Minus beträgt 1,6 Prozent) in Führungspositionen als zu Beginn des Jahrtausends. Und schon damals waren es nicht gerade viele. 2006 betrug der Anteil der Frauen in Top-Jobs nur mehr 28,7 Prozent – der EU-Schnitt liegt bei 32,6 Prozent. Hinzu kommt: Der Stundenlohn der Frauen liegt im Schnitt 20 Prozent unter dem der Männer. Österreich belegt damit einen Schlusslicht-Platz am unteren Ende der Skala. (EU-Schnitt: 15 Prozent).
Blamable Ergebnisse
Die Gründe für das schlechte Abschneiden sind schnell gefunden und auch durch eine Studie zu belegen: Seit fünf Jahren sind in Österreich traditionelle Rollenbilder von Mann und Frau wieder im Aufwind. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird überwiegend als Frauenproblem dargestellt. Und der Fokus der Politik liegt auf der Familie. Das ist die Quintessenz einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung des EU Projekts Mageeq, bei dem ein internationales Forscherteam der Gleichstellungspolitik in der Praxis auf den Grund gegangen ist.

Schuld sind die anderen

Frauenministerin Doris Bures gibt zwar zu, dass „die Politik gefordert ist“, verteidigt sich aber damit, dass sie für den Untersuchungszeitraum 2001 bis 2006 nicht zuständig gewesen sei. Bures: „Wieder zeigt sich: Wenn Frauenpolitik nicht als zentrale Aufgabe gesehen wird, dann kommt es schnell zu Rückschritten.“ Nun gelte es, in eine breite Diskussion mit der Wirtschaft zu treten, denn so Bures, „nicht die Frauen brauchen den Goodwill der Wirtschaft, sondern die Wirtschaft braucht die Frauen.“ Ganz so angewiesen wie Ministerin Bures glaubt, scheint die Wirtschaft auf die Arbeitskraft der Frauen nicht zu sein. 70 Prozent der Frauen in Elternteilzeit plagen laut einer aktuellen Erhebung des Österreichischen Instituts für Familienforschung Job-Sorgen. Knapp 60 Prozent der 700 Befragten gaben an, durch Elternteilzeit beruflich am Stand zu treten, 27 Prozent wurden versetzt, jede fünfte wird von ihrem Chef geschnitten und 17 Prozent der Befragten wurden sogar gezwungen, ihren Arbeitsort zu wechseln.

Frauen brauchen Vorbilder
Seit Jahren schon weiß man aus unzähligen Studien, was Frauen weiter bringt. Die Quintessenz: Frauen brauchen adäquat bezahlte Vollzeitarbeitsplätze – drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen und jede Fünfte davon kann von ihrem Einkommen nicht leben – partnerschaftlich denkende Männer, ausreichende Kinderbetreuung und: Sie brauchen Frauen als Vorbilder. „Sie lassen sich deutlich von erfolgreichen Frauen inspirieren“, so die US-amerikanische Psychologin Penelope Lockwood, die in einer Untersuchung herausfand, dass 63 Prozent der Studienteil­nehmerinnen sich unter Geschlechtsgenossinnen berufliche Vorbilder suchen. Laut Lockwood werde das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gestärkt, wenn Frauen sich vor Augen halten, was andere Frauen geschafft haben: Das helfe, in einer männerdominierten Berufswelt zu bestehen.

Skandinavierin als Vorbild
Dazu Helen Duphorn (45), Country Managerin IKEA Österreich, verheiratet, ein Sohn: „Ich rate, nur für moderne Unternehmen zu arbeiten. Unternehmenswerte und -kultur sind wichtiger als die tatsächliche Position, in der man startet. In einem modernen Unternehmen mit flexiblen Strukturen und keinen unsinnigen Anforderungen wie geplanten Abendmeetings kann man sich im Lauf der Zeit selbst in eine gute Position manövrieren – und zugleich eine passende Work-Life-Balance behalten.“ Und die Vereinbarungsfrage? „Kinder sind keine Karrierebremse, sondern ein natürlicher Teil des Lebens, ebenso wie eine gute Karriere. Ich glaube, dass Kinder einen positiven Einfluss auf die Entwicklung als Führungspersönlichkeit haben, und ich unterstütze aktiv die Männer, in Vater­karenz zu gehen.“
Trotz Nachteilen wie kein eigenes Einkommen, weniger Pension und hoher Abhängigkeit gibt es auch Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, bei den Kindern zu Hause zu bleiben. Auch das sollte gesellschaftlich anerkannt werden. Wenn man es als Lebensmodell auch nicht guten Gewissens weiterempfehlen kann.
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