Für immer jung

Happy Birthday: Dagma Koller im MADONNA-Talk

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Heute wird Dagmar Koller 80 Jahre alt. Eine Zahl, die ihr so gar nicht gefällt – der die Bühnen-Lady aber trotzt: optisch wie auch mit ihrem unvergleichlichen Spirit. 

Wenn Dagmar Koller das Schwarze Kameel gleich ums Eck ihrer Innenstadtwohnung betritt, sind alle Blicke auf sie gerichtet. Nicht nur ob ihrer Prominenz – es gibt kaum jemanden, der sie in Wiens Straßen nicht erkennt –, sondern auch ob ihrer Verve. Der weiße Smoking, den sie für das große MADONNA-Fotoshooting anlässlich ihres Jubiläums aus dem mit wunderschönen Stücken prall gefüllten Schrankraum holt, sitzt wie angegossen. „Dabei habe ich den sicher schon 30 Jahre“, lacht die Bühnendiva gewohnt charmant.
Nicht nachgeben, stets hart – auch an sich – arbeiten, Disziplin wahren und dankbar sein, sind einige der vielen Erfolgsgeheimnisse der Koller. Am 26. August wird sie 80 Jahre – und damit kein bisschen älter. Und schon gar nicht müde. Das Interview über ihr Leben, das zu Recht dieser Tage von vielen gefeiert wird und in dem Dagmar Koller noch vieles vorhat.
 
Wir sitzen hier in Ihrer wunderschönen Wohnung in Wien. Vieles erinnert an Ihren Ehemann …
Dagmar Koller: Ja, ich müsste wirklich einmal ein bisschen etwas weggeben, aber ich kann das nicht. Er lebt hier weiter und natürlich auch in meinem Herzen. Ich hänge an all diesen Sachen.

Fühlen Sie sich manchmal einsam hier?
Dagmar Koller: Nein, hier in dieser Wohnung nie. Es gibt keinen Tag, an dem ich mir nicht eine Schallplatte auflege – ich habe ja so wunderschöne Stück von früher da –, dann setze ich mir hier aufs Sofa und genieße die Musik von Pavarotti oder Giuseppe Di Stefano … und bin überglücklich. Da schaue ich beim Fenster hinaus und sehe die vielen Menschen am Graben und bin froh, dass ich hier oben so eine Ruhe habe.
 
Das Alleinsein auch als Kraftquelle?
Dagmar Koller:  Ja, absolut! In meinem Leben hatte ich immer so viele Menschen um mich. Wenn ich auf der Bühne stand, wenn ich aus dem Theater ging und Autogrammjäger gewartet haben. Oder man hatte Einladungen … Ich hatte ja das Glück in meinem Leben, so schöne Rollen spielen zu können, und meine Passion, das Theater und das Musical, leben zu können.

Das hat Sie wahrscheinlich auch immer so glücklich und fröhlich gemacht, dass Sie Ihre Passion leben konnten …
Dagmar Koller:  Ja, aber ich war mit mir immer leicht unzufrieden, weil ich meine Schwächen und Fehler so gut kenne und immer wieder solche Patzer gemacht habe. Das hat mich dann sehr geärgert und mir manchmal meine Fröhlichkeit und Leichtigkeit genommen. Aber wenn mir dann das Publikum zugejubelt hat, ging alles wieder leichter.
 
Was sind denn Ihre Schwächen und Fehler, die Sie so gut kennen, wie Sie sagen?
Dagmar Koller: Dass ich mit mir zu kritisch bin (lacht). Jetzt im Alter fange ich erst an, mich endlich richtig zu lieben. Was ich alles erreicht habe, ist viel mehr, als ich mir je erwartet habe. Ich habe mir nie erwartet, so eine Karriere zu machen.
 
Zusammen mit Ihrem Ehemann Helmut Zilk waren Sie ein berühmtes Couple – haben Sie gedacht, dass man Sie nach seinem Tod vielleicht gar ein wenig vergessen würde?
Dagmar Koller:  Seit seinem Tod ist alles auf mich fokussiert. Davor habe ich ja immer auf ihn Rücksicht genommen. Bevor ich ihn kennengelernt habe, war ich die Nummer 1 in Deutschland im Musical. Ich wurde von Heinz Conrads als Gast aus Deutschland eingeladen, obwohl ich ja Kärntnerin bin. Da hat der Zilk schon auf mich geschaut. Und als ich dann wieder einmal gekommen bin, hat der Helmut uns extra alle besucht als Fernsehdirektor. Er hatte ein Auge auf mich geworfen. Ich weiß noch, wie zu meiner Mama am Abend gesagt habe: „Mein Gott, dieser Fernsehdirektor …“ – so ein wenig negativ. Ich war ja bis dahin immer allein, eine glückliche Single-Lady bis 40. Und dann habe ich mich doch in den Helmut verliebt, weil er sich so bemüht hat.
 
Dagmar Koller
© Singer
 
Zurück zu Ihnen – Sie feiern ja Ihren 80. Geburtstag. Was bedeutet das für Sie? 
Dagmar Koller:  Im letzten Jahr bin ich erst draufgekommen, dass ich ja jetzt auf den 80er zugehe. Aber ich glaube, auch nur deshalb, weil mich so viele angerufen haben und gesagt haben: „Da müssen wir etwas machen!“ Der 80er, der 80er, der 80er. Ich habe gesagt: Bitte erinnert mich nicht daran, ich bin doch so stolz auf den 7er. Ich habe mir nicht erwartet, dass so ein Getue um diesen 80er gemacht wird. Aber ich freue mich. Nur in den letzten Tagen ist es mir ein bisschen zu viel geworden.
 
Wieso haben Sie ein wenig Angst vor dem 80er? Ist es nicht so, dass Sie denn vor gar nichts mehr Angst haben zu brauchen?
Dagmar Koller:  Ich weiß es nicht. Ich merke einfach, das verändert mich ein wenig. Sogar in der Kleidung habe ich mich jetzt ein bisschen verändert. Ich bin nicht mehr so mutig.

Vielleicht auch aus dem heraus, was von der Außenwelt von einer 80-jährigen Dame erwartet wird?
Dagmar Koller:  Ja, vielleicht. Weil ich ja immer für das Publikum gelebt habe. Aus Dankbarkeit dafür, dass ich so eine Karriere gemacht habe. Ich freue mich auch, dass die Leute mich immer noch so gut im Kopf ­haben, obwohl ich seit zwei Jahren nicht mehr auf der Bühne gestanden habe. Ich habe auch große Angst, auf die Bühne zurückzukehren.
 
Wieso, Sie sind doch ein Vollprofi?
Koller: Weil ich mir denke, die Leute sind gewöhnt, dass ich mich auf der Bühne völlig verausgabe. Jetzt darf ich die Beine nicht mehr so schmeißen und muss seriöser sein. Die älteren Damen sind ja immer ganz erstaunt, dass ich den Spagat noch kann. Jetzt sage ich schon immer: „Nein, ich bleibe immer 5 Zentimeter über dem Boden, ganz geht es nicht mehr.“ So wie es sich halt für mein Alter gehört (lacht).
 
Sollte man sich nicht gerade mit 80 einfach nichts mehr pfeifen?
Dagmar Koller:  Um Gottes willen! Ich bin doch so streng erzogen. Die Mama hat mich so ­demütig und dankbar erzogen. Aber es stimmt schon – ich glaube, ich bin um eine Nuance zu brav.
 
Als Ihr Mann gestorben ist, haben Sie gesagt, Sie werden nie wieder einen Mann in Ihr Leben lassen …
Dagmar Koller: Das ist eine Aussage, die man aus Verlust und Liebe sagt. Das ganze Leben hat sich aber wieder entwickelt, dass ich wieder lustig unter Leuten bin und dass ich Spaß habe. Und wenn jemand käme, der in mein Beuteschema passt, würde ich schon fleißig flirten (lacht).

Bis dato hat aber noch keiner gepasst?
Dagmar Koller:  Nicht wirklich. Zwei gab es, mit denen ich geflirtet habe. Einen davon hatte ich ein paar Tage hier bei mir – aber ich war dann so froh als er weg war (lacht). Wenn man jemanden nicht gut kennt, sieht man schnell, wenn ein Zusammenleben undenkbar ist. Außerdem müsste das ­jemand sein, der das, was ich alles noch vorhabe, auch durchhält (lacht).
 
Wäre ein jüngerer Mann perfekt für Sie?
Dagmar Koller: Nein, ich denke, es ist schon gut, wenn man sich – auch in puncto Alter – ähnlich ist.
 
Das Traurige in Ihrem Alter ist, dass man viele Freunde verliert, nicht wahr?
Dagmar Koller:  Ja, schrecklich. Jede Woche muss ich lesen, dass jemand, den ich gut gekannt habe, verstorben ist. Dann liege ich im Bett und bete „Lieber Gott, bitte noch nicht, noch nicht, noch nicht …“ Ich hab’ doch noch so vieles vor.
 
Was denn konkret?
Dagmar Koller:  Wenn eine Rolle kommt, die auf mein Alter passt und in der viel steckt, eine Rolle einer Alten, aber mit Kraft und Power. Die würde ich dann leidenschaftlich spielen. Sonst möchte ich vor allem reisen. Ich will noch Indien erleben. Mit Rucksack so eine richtige Tour durch Indien, davon träume ich. Ich war auch nie in den Ostländern, ich möchte auch einmal nach Moldawien zum Beispiel. Südamerika will ich auch noch besser kennenlernen. Ach, es gibt noch vieles, das ich machen will. Der liebe Gott muss mir also schon noch bisschen Zeit geben.
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