LIF-Kandidatin Heide Schmidt

Erfahrung macht stark

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Zurück zum Start. Vor zwei Wochen beschloss Heide Schmidt ihr Comeback. Mit MADONNA sprach sie über berufliche und private Ziele.

(c) APA/GEORG HOCHMUTH Ihr strahlendes Lächeln besticht, als sie das Café im Wiener Volksgarten betritt. Braun gebrannt – „vom Wochenende in meinem Garten“ – wirkt Heide Schmidt erholt und voller Tatendrang. Und den hat sie auch. Über acht Jahre lang dachte die Gründerin des Liberalen Forums nie wieder ein Interview in polit-eigener Sache geben zu müssen.

Jetzt, zwei Wochen nach der überraschenden Bekanntgabe ihrer Spitzenkandidatur bei den Nationalratswahlen am 28. September, ist die 59-Jährige wieder mitten im politischen Geschehen. Ihr Scheitern bei den Wahlen 1999 hat sie hinter sich gelassen, ebenso wie ihre Vergangenheit bei Jörg Haiders FPÖ, dessen Politik für Schmidt heute indiskutabel ist. MADONNA traf die Wiedereinsteigerin zum ganz persönlichen Gespräch.

Frau Dr. Schmidt, was konnte Sie davon überzeugen, nach so langer Zeit wieder den Schritt in die Politik zu machen?
Heide Schmidt:
Entscheidend war für mich die Einschätzung der augenblicklichen politischen Situation. Hinzu kam: Wenn man mit etwas so verbunden wird wie ich und so die Möglichkeit hat, an Menschen heranzukommen, dann muss man das tun. Der angenehmere und bequemere Weg des Rückzugs darf in diesem Fall nicht gewählt werden.

Sie meinen, dass man in Ihnen stets die Politikerin sah?
Schmidt:
Ja. Das war sehr überraschend für mich und das ist nicht normal im politischen Leben. Ohne zu übertreiben – es verging keine Woche, in der ich nicht von fremden Menschen – glücklicherweise in einer positiven Form – angesprochen wurde. Das liegt auch daran, dass ich viel Taxi fahre (lacht). Aber das halte ich für außergewöhnlich und damit verbinde ich eine Verantwortlichkeit.

Wie oft haben Sie sich in diesen acht Jahren gewünscht, wieder politisch aktiv zu sein?
Schmidt:
Nie, denn ich habe lange gebraucht, um unser „Abgewählt-zu-werden“ zu verwinden. Ich habe lange gebraucht zu lernen, mit dieser persönlichen Situation umzugehen. Wesentlich länger als ich gedacht hätte. Aber ich hatte nie Entzugserscheinungen – wie das bei vielen der Fall ist.

Wie lange haben Sie gebraucht, die Entscheidung zu treffen, wieder anzutreten?
Schmidt:
Eine schlaflose, durchdachte Nacht, als man fragte, ob ich wieder dabei bin. Und eine weitere, als es um die Spitzenkandidatur ging.

Machen Sie solche Entscheidung mit sich alleine aus?
Schmidt:
Das kann man nicht pauschal sagen. Aber tendenziell ja. In dieser Frage war es ja eine sehr subjektive Entscheidung: ob man bereit ist, den Preis mit voller Überzeugung zu zahlen, dass man so manche Lebensqualität zurückstecken muss .

Denken Sie, dass Sie heute mit einem Scheitern anders umgehen würden?
Schmidt:
Natürlich muss man das – wenn man nicht ganz dumm ist – bei der Entscheidung mitberücksichtigen. Und wer ist schon sicher, wie er in einer Situation reagiert. Der Kopf ist das eine, die Emotion das andere. Vom Kopf her weiß ich, wie ich damit umgehe. Und die Erfahrung, die ich gesammelt habe, hat sicher meine innere Struktur verstärkt. Aber mit all dem habe ich mich in der Entscheidungsphase befasst, jetzt geht es mit Optimismus in die Zukunft.



Ist in den letzten acht Jahren Ihrer Meinung nach in Sachen Frauenpolitik genug passiert?
Schmidt:
Also frauenpolitisch ist aus meiner Sicht wenig weitergegangen. Es ist eine Weichenstellung unter Schwarz-Blau passiert, die ich für eine falsche halte: ein Kindergeld zu beschließen, womit Geld aus den Kinderbetreuungsstruktur-Vorhaben abgezogen wird und dazu beizutragen, dass die Frau eher zu Hause bleibt, ohne ausreichende Möglichkeiten zum Wiedereinstieg. Die SPÖ hat versucht, ein bisschen etwas zu korrigieren. Aber mit der ÖVP war das nicht möglich umzudrehen.

Ist es Ihrer Meinung nach ein Armutszeugnis, eine Frauenministerin zu brauchen?
Schmidt:
Ich will diesen Begriff dafür nicht verwenden, denn den sehe ich schon geschrieben (schmunzelt). Aber natürlich ist es wahr, dass wir sie deshalb brauchen, weil hier so vieles aufzuholen ist.

Was halten Sie von der Kind-und-Karriere-Diskussion?
Schmidt:
Ich halte es natürlich für ganz essenziell, dass jede Frau die Möglichkeit hat, frei zu entscheiden, ob sie arbeiten gehen möchte.

Sie selbst haben keine Kinder – eine Entscheidung zugunsten Ihrer Karriere?
Schmidt:
Nein. Vielleicht ganz am Anfang, als ich mit 22 geheiratet habe, da wollte ich nicht gleich Kinder haben. Aber das war keine endgültige Entscheidung, das hat sich dann eben durch das Leben so ergeben.

Haben Sie das je bereut?
Schmidt:
Eigentlich nicht, weil ich das Glück habe, in eine Familie mit zwei erwachsenen Nichten eingebettet zu sein. Zu ihnen und deren beiden Buben, die mit fünf und neun meine Enkel sein könnten, habe ich einen sehr engen Kontakt. Das Einzige, was ich jetzt wegen des Wahlkampfes wirklich bedaure ist, dass unsere gemeinsame Ferienwoche auf zwei Tage reduziert ist.

Ansonsten weiß man über Ihr Privatleben sehr wenig ...
Schmidt:
Ich finde das gehört auch nicht in die Öffentlichkeit. Ich habe viele Wahlkämpfe gemacht und immer die Entscheidung getroffen, dass mein Privatleben meine Sache ist – auch wenn ich wusste, dass mir das manchen Medien nicht gut bekommt. Aber das bleibt auch so.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Schmidt:
Ich sehe mich unterwegs, an Orten, an denen ich auch länger bleibe. Lesend, vielleicht auch schreibend, Familie genießend, Leben genießend. Und soll ich Ihnen etwas sagen? Das ist eigentlich nicht einmal so anders, als die letzten Jahre waren. Aber in zehn Jahren will ich auf einen zweiten Berufsabschnitt zurückblicken können.

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