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Die Kunst des leisen Luxus

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Wie viel Luxus hat noch Stil? Warum gehört Bescheidenheit zum guten Ton? Desirée Treichl-Stürgkh und Thomas Schäfer-Elmayer über die Benimmregeln der feinen Gesellschaft.

(c) www.achimbieniek.comSie verkehrt in den höchsten Kreisen der heimischen Gesellschaft und begrüßt Staatsgäste mit Bravour am Wiener Opernball. Er schaut nicht nur der Nation auf die Füße – sondern ist auch der Papst des guten Benehmens. Opernball-Chefin Desirée Treichl-Stürgkh (44) und Etiketten-Experte Thomas Schäfer-
Elmayer (62) wissen, wie man sich in der Gesellschaft perfekt bewegt.

Benimm-Talk
MADONNA DeLUXE bat die zwei Vertreter des guten Geschmacks zum Expertentalk über die mitunter schwierige Gradwanderung zwischen Luxus und Protz.

Wer sich in besseren Kreisen gut bewegen will, muss wissen, wie er sich benimmt. Warum sind die Benimmregeln wichtig?
Desirée Treichl-Stürgkh:
Dieses korrekte Miteinander ist heute ganz wichtig. Es entstehen so viele Missverständnisse, weil man nicht weiß, wie man sich korrekt begegnet. Das führt zu unnötigem Unwohlfühlen der eigenen oder anderen Person. Wenn man weiß, wie man sich wo benimmt, hat man es auch leichter. Sonst wirkt man steif und der andere glaubt, dass man ihn nicht mag.
Thomas Schäfer-Elmayer: Es hilft mir in der Kommunikation. Ich kenne die Regeln und weiß, was mein Gegenüber meint. Sonst fehlt mir auch die Kompetenz, nonverbale Dinge zu übersetzen.

In unserem Magazin geht es um Luxus. Bescheidenheit ist laut Ihrem Buch, Herr Elmayer, eine Tugend. Wo zieht man die Grenze?
Treichl-Stürgkh:
Ein Beispiel aus meiner Familie: Wenn meine Schwiegermama ihren Söhnen neue Hosen gekauft hat, hat sie diese immer dreimal vorgewaschen und ein bisschen abgeschranzt, damit die Buben nicht zu gebügelt ausschauen. Das war für sie nicht passend. Da kann man gut heraushören, um was es geht.
Elmayer: Die Grenze ist so schmal. Man merkt es einfach! Der eine kann einen Porsche fahren und es ist in Ordnung und beim anderen wirkt es angeberisch.

Das heißt, es zählt die Art, wie man mit Luxus umgeht?
Treichl-Stürgkh:
Ja, es geht um die Präsentation. Sich nicht zu wichtig nehmen, sich zurücknehmen ist entscheidend. Man sollte nicht angeben, mit den Dingen, die man hat. So nach dem Motto: „Schau her! Das ist mein Haus, mein Auto und das neueste Handy.“ – Das finde ich schrecklich.
Elmayer: Im Zweifel bin ich immer für Bescheidenheit, weil es einfach sympathischer ist.
Das berühmte Understatement?
Treichl-Stürgkh: Das ist eine Typ- und Modefrage. Es gibt Frauen, die mit Goldschmuck behangen sind und trotzdem elegant aussehen. Und andere, die dasselbe anhaben, aber der Lippenstift ist etwas zu knallig und das Blond zu blond – dann sieht es leider ein bisschen billig aus.

Millionäre haben eine Jacht, einen Privatjet und eine Villa. Ist in solchen Kreisen alles an Luxus erlaubt?
Treichl-Stürgkh:
Wenn ich es mir ehrlich erarbeitet habe und wahnsinnig stolz darauf bin, dass ich mir eine große Villa leisten kann und davor mein Hummer steht und meine Frau nur Chanel trägt – warum nicht? Es kommt darauf an, wie es nach außen gezeigt wird. Wenn man das extra schrill macht, dann ist es eben nicht mehr elegant.
Elmayer: Hummer-Limousinen? Um Gottes Willen! Das geht gar nicht.
Treichl-Stürgkh: Meine drei Söhne stehen drauf (lacht).

Wenn man bei Ihnen zu Gast ist: Auf welches Benehmen achten Sie?
Treichl-Stürgkh: Es gibt vier, fünf Tricks, mit denen man perfekt bluffen kann. Wenn ein Mann eine Tür aufhält, fällt das schon auf. Oder in einen Mantel hilft und nicht zuschaut, wie man da stundenlang herumwurschtelt. Beim Grüßen ist es wichtig, dass man beim Händeschütteln in die Augen schaut. Ich drücke sonst immer extra stark zu (lacht). Bei der Begrüßung und beim Anstoßen sieht man sich in die Augen – so fängt es einmal an! Das hilft. Wenn man das beherzigt, wird sich derjenige immer erinnern.
Elmayer: Da steckt das Interesse an einem Menschen dahinter. Ich versuche mich ja in den Gesprächspartner hineinzuversetzen. Das ist das berühmte Taktgefühl!
Treichl-Stürgkh: Was auch falsch ist: Wenn man merkt, dass das Benehmen aus einem Buch auswendig gelernt ist. Die Menschen, die dann steif am Nachmittag im Smoking bei einer Hochzeit stehen – die finde ich grässlich!

Man muss die Benimmregeln verinner­lichen, um sie dann brechen zu können?
Elmayer:
Ja, man sollte sie kennen, um sie elegant brechen zu können. Deswegen: Früh damit anfangen! Ich bin der Meinung, gutes Benehmen ist situationsgerechtes Verhalten. Zum Beispiel am Opernball – da ist der Handkuss selbstverständlich.
Treichl-Stürgkh: Dort sind die Frauen auch bereiter, ihn anzunehmen. Heute, wo alle auf Emanzipation pochen, vergessen Frauen auf die Attribute der Weiblichkeit. Ich lass mir gerne den Stuhl rücken.

Welche absoluten Don’ts gibt es dennoch?
Elmayer:
Die Leute halten Messer und Gabel falsch. Beides mit nur drei Fingern, bitte! Aber das tut schon lange nicht mehr weh (lacht).
Treichl-Stürgkh:
Rülpsen finde ich grauenhaft. Aber das absolut Grauenhafteste ist das Wort: Mahlzeit! Das wurde mir schon in der Kindheit eingebläut. Es gibt Leute, die sagen auch bei jedem Gang „guten Appetit“ – das nervt. Und „Mahlzeit“ ist einfach nur stillos.
Elmayer: Das ist dann eben dort die Sitte. Ich bin zum Beispiel beim Duzen sehr selektiv und es gibt sehr wenige Leute, denen ich das Du-Wort anbiete. Nur, wenn im Bregenzer Wald einer Du zu mir sagt, wäre mein Siezen eine Beleidigung. Dort wurden schon Leute dafür verprügelt (lacht).

Also kein Mahlzeit wünschen, aufrechte Haltung und beim Grüßen in die Augen schauen – dann ist man bei Ihnen zu Hause ein guter Gast?
Treichl-Stürgkh:
100 Punkte!
Elmayer: Vielleicht auch nicht mit vollem Mund am Tisch reden ...

Und wann darf ich alles vergessen?
Treichl-Stürgkh:
Am Fußballplatz (lacht). Bei der EURO habe ich im Stadion natürlich mitgebrüllt. Es gibt Situationen, da darf man sein Benehmen vergessen.
Elmayer: Es kommt aber noch immer darauf an, was man brüllt (lacht).
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