REISE

Das Beaujolais lockt viele Weintouristen

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Ghislain de Longevialle sieht aus wie ein französischer Schlossherr auszusehen hat: dunkelblaue Leinenhose, den Pulli um die Schultern gelegt, einen Hund an seiner Seite. Das Schlösschen Vaurenard im südlichen Burgund spiegelt sich im Ententeich. Auf der anderen Seite der Hecke erstreckt sich das Weingut, auf dem die Traubensorte Gamay angebaut wird.

"Aus den Gamay-Trauben lässt sich viel mehr herausholen, als man denkt", sagt Ghislain. Sie ist die einzige Traubensorte, aus der Beaujolais hergestellt wird. Der Wein ist bekannt, weil alljährlich am dritten Donnerstag im November die Ankunft des Beaujolais Nouveau kräftig vermarktet wird. Dann ist der Wein gerade mal ein paar Wochen alt und eignet sich vor allem dazu, um sich mit Kollegen nach Feierabend einen schweren Kopf anzutrinken. Winzer wie Ghislain ärgern sich über dieses Image. Kaum einer wisse, dass sich in der Region auch Weine finden, die gut altern und im Lauf der Zeit ein überraschend volles Aroma entfalten.

   Ghislain führt seine Besucher in ein Nebengebäude des Schlosses, in dem er seinen Wein mit der Präzision eines Sternekochs und der Nase eines Parfümherstellers kreiert. "Für den Beaujolais Nouveau gären die Trauben nur drei bis fünf Tage, ich lasse meine Trauben drei Wochen lang gären", erklärt Ghislain. Über ausgetretene Steinstufen geht es in den Keller. Dort öffnet Ghislain eine Flasche nach der anderen und lädt zum Verkosten ein. Die jüngeren Weine schmecken fruchtig, ein wenig nach Kirsche. Der Jahrgang 2000 ist schon sanfter, erdiger und deutlich komplexer.

   Viele Winzer im Beaujolais bemühen sich, durch Qualitätsweine das Image vom spritzigen, aber belanglosen Beaujolais Nouveau zu überlagern. Und anstatt ihren billigen Wein in alle Welt zu schicken, setzen immer mehr darauf, Weingenießer in die liebliche Hügellandschaft südlich des Burgunds zu locken. Dort sollen sie den "alten" Beaujolais kennenlernen.

"Das Beaujolais ist ein klassischer Zwischenstopp auf dem Weg zum Mittelmeer", sagt Pascal Dufaitre vom Château de Pizay. Das Schlösschen in der Nähe von Morgon bietet eine Vier-Sterne-Unterkunft samt Weinlehrpfad, Spa und eigener Hochzeitskapelle. "Es kommen viele Belgier und Holländer vorbei, aber auch immer mehr Deutsche".

   Noch eine Spur exaltierter ist das Château de Bagnols aus dem 13. Jahrhundert, das von der Britin Lady Hamlyn aufwendig restauriert wurde. Von den Liegestühlen im Garten zwischen Lavendelbüschen hat man einen wunderbaren Blick auf die Dörfer mit ihren ockergelben Steinhäusern. Ab und an steigen Promis wie Tom Cruise oder die Ehefrauen von Staatschefs hier ab. Wer es sich leisten kann, mietet das ganze Schloss - der Tagessatz liegt bei 28 000 Euro. Für den weniger zahlungskräftigen Reisenden bieten sich eher die Gästezimmer auf den kleineren Weingütern an, wo sich der Winzer persönlich um seine Gäste kümmert - und von seinem Wein probieren lässt.

   Über all dem Weintesten sollte die gute Küche der Region nicht vergessen werden. Chantal Chagny beispielsweise kocht im "Le Cep" in Fleurie. Das Restaurant erinnert eher an eine Dorfgaststätte - doch die Küche ist so hervorragend, dass Chantal regelmäßig ihren Michelin-Stern einheimst. Ihr "Coq au vin" badet in einer mit Speck angereicherten Weinsoße. Und kaum einer käme auf die Idee, etwas anderes dazu bestellen als einen Beaujolais.

   INFO: http://de.franceguide.com.

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