So schulen Sie Ihre Menschenkenntnis

Charakter erkennen: Wer tut mir gut?

01.02.2019

Viele sehen sich als Menschenkenner. Tatsächlich den Charakter des Gegenübers erkennen können aber nur wenige. Die Fähigkeit, die im Alltag sehr nützlich ist, kann jedoch geschult werden. Wie das geht, verrät Gabriel Palacios in seinem neuen Buch.  

Zur Vollversion des Artikels
© Getty
Zur Vollversion des Artikels
Menschenkenntnis hilft. Ob in schwierigen Situationen, in familiären und ­privaten Konstellationen oder beruflich und in gesellschaftlichen Zusammenhängen. Wer durch Lebenserfahrung, Intuition und Intelligenz das Verhalten oder den Charakter eines Menschen richtig einzuschätzen und zu beurteilen versteht, wird sich in der Regel insgesamt besser im Leben zurechtfinden. So der Ansatz von Hypnosetherapeut und Autor Gabriel Palacios, der in seinem neuesten Buch „Wer tut dir gut?“ Lösungen und Instrumente für den zwischenmenschlichen Umgang bieten will. So schreibt der Schweizer im Vorwort: „Es gibt Menschen, die wir in unser Leben ziehen, weil sie etwas in uns auslösen, das wir verarbeiten sollten. Damit wir diesen Menschen gegenüber eine neue Rolle entwickeln können, sodass wir beispielsweise aus einer vergangenen Opferrolle ausbrechen und eine neue (...) Rolle einnehmen können. Es gibt aber auch Menschen, die einfach so zusammenhanglos in unser Leben treten. Menschen, die uns einfach nicht guttun und die auch nicht Teil unserer Umwelt sein müssen.“
 
Erkennen statt urteilen.
Die Fähigkeit bedeutet laut Palacios vor allem, eine Auffassungsgabe zu haben, „diverse Charaktereigenschaften von Menschen binnen Bruchteilen von Sekunden zu erkennen“. Ein wahrhaftiger Menschenkenner kann in Menschen hineinblicken, ohne sich dabei von seinen eigenen Prägungen und Fantasien leiten zu lassen. So reflektiert dieser einerseits die eigenen Prozesse, die das Gegenüber auslöst, und nimmt gleichzeitig Harmonien, Spannungen oder Absichten dessen unabhängig davon wahr. Davon zu unterscheiden ist das klassische Schubladendenken, das Menschen lediglich in vorgefertigte Schablonen presst, die dem eigenen, subjektiven Bild entsprechen. In seinem Ratgeber setzt der 29-jährige Erfolgscoach hinsichtlich Menschen-Typen lieber auf Richtungen als auf Schubladen. Diese seien stets Mischformen und in verschiedenster Ausprägung zu verstehen. Das Modell, das Palacios zur Analyse der Persönlichkeitsstruktur kreiert hat, bezeichnet er als Modell der kolorierten Persönlichkeitsinstanzen – MKPI. Es setzt sich aus den acht Rollen-Typen und einer Charakterfarbe (siehe unten) zusammen. Für jedes Temperament gibt es je zwei Rollen-Typen, die je die beiden Extreme des entsprechenden Temperaments repräsentieren. Um einem Menschen ein Temperament zuordnen zu können, muss man die Zeit messen, die sich dieser durchschnittlich in den jeweiligen Rollen befindet.  
 
© Getty

Welcher Typ bin ich?

HUND: Betroffenheit: Dieser Typus will  überall beliebt sein, er weiß auch genau, was zu tun ist, um gut anzukommen. Das kann für seine Freunde schon mal wie ein Vertrauensbruch wirken. Der Hunde-Typus kann Disharmonie jedoch gar nicht ausstehen, deshalb versucht er, negative Situationen schnell ins Positive zu wandeln. Außerdem ist er in der Not sofort zur Stelle. 

NASHORN: Sensibilität: Als Sinnbild für fehlende Sensibilität fällt das Nashorn oft mit der Tür ins Haus und spricht  auch sensible Themen ungehemmt an. Mit seinem dominanten Auftreten beharrt es oft auf der eigenen Perspektive. Zahlen und Fakten gehen Emotionen vor. Gleichzeitig hat es eine enorme Resilienz, von der sich gegenteilige Typen etwas abschneiden könnten.  

WOLF: Macht: Der Wolf-Typus hat gelernt, dann zuzugreifen, wenn sich die Chance ergibt. Ihm ist klar, dass man stark sein muss, um gewinnen zu können. Lämmer sind für ihn keine Bedrohung, vielmehr instrumentalisiert er sie für seine Vorhaben. Eher grob und laut, verzichtet er darauf, zwischen den Zeilen zu lesen.  Gleichzeitig sorgt er für Recht und Ordnung, geht Risiken ein wie kein anderer. Als Alpha-Tier übernimmt er gern die Verantwortung. Er spricht nicht nur davon, sondern macht. 

SCHLANGE: Toleranz. Der Schlangen-Typus ist sehr gefeit. Analytisch begabt kann die Schlange andere gut beeinflussen, sodass diese gar nicht merken, dass sie beeinflusst werden. Für die Schlange gilt: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Zu Unrecht hat sie einen schlechten Ruf: Sie schafft es, Lösungen binnen schnellster Zeit zu erzielen. Genauso schnell, wie die Schlange zubeißen kann, kann sie auch gute Ideen in Taten umsetzen.

BIENE: Betroffenheit: Dieser Typus bevorzugt es, sein Ding zu machen, fleißig und zielstrebig entzieht er sich fast intuitiv den Situationen, die risikoreich oder spannungsgeladen sind. Er lebt nach der Devise: „Schicksal eben.“ Alles ist pragmatisch und prozessorientiert, gleichzeitig findet die Biene Faszination in Dingen, die bei anderen wenig Begeisterung auslösen. Sie kann Negativität gut ausblenden. 

REH: Sensibilität: Eher zurückgezogen und hypersensibel im Wesen, kann das Reh schon mal sehr nachtragend sein. Wer es einmal stark verletzt hat, wird nur schwer neues Vertrauen gewinnen können. Deshalb und weil Verletzungen für das Reh ein Tabu sind, darf man bei ihm nicht auf Ehrlichkeit hoffen. Für das Reh geht sein eigener Schutz vor, es entzieht sich generell allem Negativen. Meist in sehr engen Beziehungen lebend,  stellt das Reh das Vertrauen und die Treue in der nahen Beziehung über alles andere.

LAMM: Macht: Wer diesem Typus zugehört, fühlt sich nicht wirklich mächtig und ist eher pessimistisch veranlagt. Meist ist der Lamm-Typus oftmals auch ideologisch eher extrem veranlagt und dadurch auch politisch entweder extrem links oder extrem rechts einzugliedern. Gleichzeitig steht der Typus für viele positive Werte – Zusammenhalt, Verbundenheit und Liebe. Er versteht die Kunst der bedingungslosen ­Liebe wie kaum ein anderer – doch erst wenn er Vertrauen gefasst hat. 

CHAMÄLEON: Toleranz. Das Chamäleon kann Fehlverhalten anderer gut tolerieren, weil es die Fähigkeit besitzt, durch den Schutz des Gegenübers hindurchzublicken und im Gegenüber das Positive zu erkennen. Gleichzeitig ist es schwer zu durchschauen, da es in Beziehungen oft opportun ist. Schnell wirft man ihm vor, keine Persönlichkeit zu haben, wobei diese Facettenvielfalt sein größter Vorzug ist. Es ist auch ein guter Mediator.    

MENSCHLICHE GRUNDENERGIEN

GRÜN: Gleichklang als Ziel: Der grüne Mensch mag Harmonie. Nicht nur zwischen sich und seinen Mitmenschen, sondern auch zwischen seinen Mitmenschen. Er verbreitet Harmonie, schlichtet, ist Mediator zwischen zwei Fronten und kann für alle Seiten Verständnis aufbringen. Meist sind grüne Menschen in sozialen Berufsgruppen zu Hause, weil sie es als Teil ihrer Persönlichkeit sehen, anderen etwas Gutes zu tun. Typisch grün:  Chamäleon- & Hund-Typus. 

ROT: Leidenschaftlich: Eher extrovertierte Menschen, die ziemlich viel Energie transformieren. Entweder, indem er irgendwelche Projekte angeht oder sich in einer führenden Position verwirklicht. Der Rote ist die typische Führungsperson, derjenige, der brillieren will, der Großes anstrebt und der sich mit dem Durchschnittlichen nicht zufriedengibt. Er mag sowohl Verantwortung als auch Anerkennung. Typisch rot:  Nashorn- und Wolf-Typus. 

GELB: Selbst ist der Mensch: Der gelbe Typ mag es, seine Ziele selbstständig zu erfüllen. Für ihn wird Selbstverantwortung ganz groß geschrieben. Er mischt sich nicht gerne in andere Dinge ein, weil er findet, dass jeder auf sich selbst schauen muss, auch weil er dabei am meisten für sich lernt. Was er tut, tut er primär aus dem Gedanken heraus, sich und den Menschen, die er liebt, etwas Gutes damit zu tun. Typisch gelb:  Schlangen- und Bienen-Typus. 

BLAU: In der Ruhe liegt die Kraft: Menschen, die die blaue Energie als deren Grundenergie in sich tragen, sind eher introvertiert und ziehen sich mehrheitlich zurück. Der blaue Mensch setzt sich nicht gerne in Szene und mag auch nicht gern viel Verantwortung. Deshalb ist er nie wirklich in einer beruflich führenden Position, sondern mag es eher unkompliziert, mit der Möglichkeit, schnell wieder frei und unabhängig sein zu können. Typisch blau: Lamm- und Reh-Typen. 

 
Glück finden
Wozu das Ganze? Um herauszufinden, wer einem guttut, muss man, laut Palacios, erst mal wissen, wo man selbst steht. Denn wenn es um die Frage geht, ob ein Mensch einem guttut oder nicht, so gibt es grundlegend immer zwei Prinzipien: das Prinzip der Ähnlichkeit und das des Gegensatzes. Grundsätzlich findet Ersteres Anwendung – unser Unterbewusstsein mag Menschen, die einem selbst ähnlich sind. Ähnliche Wertüberzeugungen, Interessen oder Humor zu teilen, fühlt sich immer gut an. Dennoch gibt es Ausnahmen, in denen man ganz unterbewusst Antagonisten anzieht. Wenn das Gegenüber jeweils das Gegenteil von einem ist und sich trotzdem gut anfühlt, kann das bedeuten, dass dieser Menschen helfen kann, die eigene Persönlichkeit zu entfalten. Gleichzeitig gibt es aber auch Menschen, die einen negativen Einfluss haben und diesen auf andere ausbreiten. Diese zu erkennen, ist nicht schwer – mit ihnen umzugehen jedoch schon. Das Negative kennenzulernen oder es zu touchieren, kann laut Palacios positiven Menschen helfen, sich zu verdeutlichen, wie positiv sie im Grunde ihres Wesens sind.  Doch danach solle man sich selbst schützen, auch hierfür hat der Mentalcoach ein paar hilfreiche Tipps parat (siehe unten). Denn für das eigene Glück sei es wichtig, stets die richtigen Menschen um sich herum zu wissen. Immerhin ist die Lebenszeit das kostbarste Gut. Sie sollte bestmöglich genützt werden. 
 
STRATEGIEN GEGEN NEGATIVE MENSCHEN
Konfrontation: Da niemand als negativ wahrgenommen werden will, werden negative Menschen auf eine Konfrontation ihrer Negativität innerlich den Antrieb entwickeln, Positives noch mehr herausheben zu wollen. Die Reaktion kann also sein, dass sie darauf hinzeigen wollen, gar nicht so negativ zu sein, wie sie tun. 
Paradoxe Intervention: Falls die erste Taktik nicht funktioniert, kann man versuchen, die Negativität des Gegenübers noch zu steigern, sodass ihm selbst davon übel wird und er (oder sie) seine Einstellung ändert.

Ein Beispiel:  Wenn der negative Mensch ständig sagt, dass sein Geschäft schlecht läuft,  könnte man entgegnen,  dass man an seiner Stelle das Geschäft auflösen und einen sicheren Job in einem Büro annehmen würde. Der negative Mensch wird jedoch keineswegs Veränderung in seinem Leben wollen. Denn Veränderung birgt immer Unerwartetes und ist auch energieraubend, weil sie uns Energie für Anpassung an das Neue kostet. Also wird sich dieser Mensch gegen die Negativität auflehnen, und das kann er nur, indem er positiver denkt und spricht und den Fokus auf Positives lenkt.
 
© Allegria Verlag
Gabriel Palacios ist einer der erfolgreichsten Hypnosetherapeuten europaweit. Mit „Wer tut dir gut?“ liefert er einen Ratgeber für alle, die nach einem verlässlichen Werkzeug der Menschenkenntnis suchen. Erscheint am 22. 2. im ­Allegria Verlag, um 18,50 Euro. 
Zur Vollversion des Artikels