Pamela Rendi-Wagner

„Zu Hause machen wir halbe-halbe“

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Die Neue. Im Eilverfahren ­wurde Pamela Rendi-Wagner am 8. März, dem Weltfrauentag, neue ­Frauen- und Gesundheitsministerin. MADONNA bat zum Talk.

Ihre Angelobung zur neuen Gesundheits- und Frauenministerin ver­ursachte bei Pamela ­Rendi-Wagner (46) ein Gefühlschaos: „Ein wirklich großer Tag in meinem Leben, gleichzeitig ein schwieriger“, erzählt die Polit-Newcomerin im ­ersten Gespräch mit ­MADONNA. Denn mit ihrer Vorgängerin, der wenige Tage zuvor verstorbenen Sabine Oberhauser, hatte sie jahrelang eng zusammengearbeitet. Deren Weg will Rendi-Wagner nun fortsetzen, wie sie verrät. Der Talk über Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Quoten und die „Job Description“ einer Frauenministerin.

Wie geht es Ihnen im neuen Amt? Das ging ja rasant – haben Sie das alles schon verdaut und realisiert?

Pamela Rendi-Wagner:Nach zehn Tagen Ministeramt ist man natürlich noch nicht ganz angekommen, das ist klar. Da braucht man mehr Zeit, mehr Dialog mit den Partnern – sowohl im Bereich der Frauenpolitik als auch im Bereich der Gesundheitspolitik. Aber ja: schneller Start, intensive Tage keine Frage.

Wie lief der Tag ab, an dem das Angebot von Kanzler Kern kam? Wie lange haben Sie gebraucht, um sich zu entscheiden?

Rendi-Wagner:Ich habe Montagfrüh einen Anruf seines Büros bekommen, ob ich noch am Vormittag ins Bundeskanzleramt kommen könnte. Christian Kern und ich hatten ein sehr intensives und freundschaftliches Gespräch, haben uns ausgetauscht über unsere Ansichten und Visionen. Er hat mir seine Erwartungen an eine Nachfolgerin genannt, er müsse noch einige Gespräche führen. Natürlich hatte ich auch Zeit, mir selbst Gedanken zu machen – es war eine schlaflose Nacht.

Wie wenig haben Sie denn in dieser Nacht geschlafen?

Rendi-Wagner:Auf Dienstag? Wenige Stunden. Am nächsten Morgen kam wieder ein Anruf von Kern: Er würde mich der Partei und dem Präsidenten gerne als Nachfolgerin vorschlagen. Dieses Angebot habe ich angenommen.

Wie hat Ihre Familie reagiert?

Rendi-Wagner:Die habe ich sofort in die Entscheidung miteinbezogen: Mein Mann ist ein absoluter Befürworter gewesen und meine Kinder haben auch ein Recht mitzureden. Für sie war das – vor allem für meine große Tochter – eine Information, die es erst mal zu verdauen galt. Aber sie waren dann bei der Angelobung dabei und es war wirklich sehr schön.

Wenige Politiker in Österreich wurden von allen Seiten so sehr geschätzt wie Sabine Oberhauser. Sind das nicht sehr ­große Fußstapfen, in die Sie jetzt treten müssen?

Rendi-Wagner:Der Tag meiner Angelobung war für mich ein aufregender, wirklich großer Tag in meinem Leben. Gleichzeitig auch ein schwieriger und sehr emotionaler: So kurz nach dem 23. Februar, an dem wir die Nachricht erhalten haben, dass Sabine Oberhauser verstorben ist. Emotional war das für mich schwierig, weil ich mit ihr über zwei Jahre lang sehr intensiv zusammengearbeitet habe. Sie war eine sehr offene Chefin, die immer eng mit ihren Mitarbeitern gearbeitet hat. Es war wirklich eine spannende und intensive Zeit. Daher ist es nicht leicht, so kurz nach ihrem Ableben dieses Amt zu übernehmen. Da geht es sehr viel um Emotion.

In den kommenden 18 Monaten warten auf Sie viele Baustellen, eine der größten werden wohl die sogenannten Primärversorgungszentren und die streikenden Ärzte…

Rendi-Wagner:Ziel muss ein Gesundheitssystem sein, das zeitgemäß ist und sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert – nicht umgekehrt. Das Rad der Zeit hat sich weitergedreht, wir haben heute andere Anforderungen an die Krankenversorgung: Wir werden immer älter, die Pflegebedürftigkeit steigt und wir sehen andere Krankheitsbilder. Darum müssen wir das System auch weiterentwickeln. Es gibt einen sehr guten Weg, den wir in den letzten Jahren mit den Sozialversicherungsträgern, Ärzten und den Ländern gefunden haben. Natürlich gibt es hier und da unterschiedliche Ansichten. Da muss man dann draufbleiben und Gespräche führen.

Rechnen Sie mit weiteren Streiks der Ärztekammer?

Rendi-Wagner:Die Ärztekammer hat durchaus auch Gestaltungswillen. Dass es unterschiedliche Sichtweisen und Standpunkte gibt, ist ganz normal und auch legitim. Aber am Ende darf das sicher nicht am Rücken der Patienten ausgetragen werden.

Kanzler Kern meint, dass Sie mit den Frauenagenden „ein Stück Chefsache“ übernehmen. Hand aufs Herz: Kommt es Ihnen vor, als wäre das Chefsache – sind die Frauenagenden in den letzten Jahren nicht eher stiefmütterlich behandelt worden?

Rendi-Wagner:Fakt ist, dass in den letzten Jahrzehnten aufgrund der Frauenbewegung vieles in diesem Land an Errungenschaften zu verzeichnen ist. Fakt ist aber auch, dass es noch viel zu erkämpfen gibt. Stichwort: Vereinbarkeit Beruf und Familie, Gewaltschutz, Armutsprävention für Frauen und natürlich die Verkleinerung der Lohnschere zwischen Frauen und Männern. Wir ­wissen, dass hierzulande immer noch 22 Prozent Gehaltsunterschied für gleiche Arbeit besteht. Da steht Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr schlecht da. Den Zustand gilt es, zu bekämpfen. Dafür werde ich mich einsetzen.

Wie wollen Sie das machen?

Rendi-Wagner:Die Forderung von einem Mindestlohn von 1.500 Euro ist hier ein erster wichtiger Schritt. Hier laufen ja schon Verhandlungen der Sozialpartner. Wenn uns das gelingt – und davon gehe ich aus – haben wir mehr als 200.000 Frauen geholfen, die derzeit weniger verdienen.

Grüne und Gewerkschaft sagen, das ist zu wenig – es braucht 1.700 Euro. Sind Sie d’accord?

Rendi-Wagner:Die Bundesregierung hat sich auf 1.500 Euro geeinigt, das ist ein erster, wichtiger Schritt.

Braucht es ein eigenes Frauenministerium?

Rendi-Wagner:Die Frage nach einem eigenen Frauenministerium ist vor allem eine strukturelle. Johanna Dohnal war Staatssekretärin und hat unglaublich viel bewegt. Es kommt in erster Linie auf die Themen an und mit welcher Umsetzungskraft man an die Dinge herangeht. Da spüre ich in diesem Land derzeit eine starke Bewegung und werde mich mit voller Kraft zur Verfügung stellen.

Die Frauenquote, die heuer beschlossen werden soll: Ist die nicht, gelinde gesagt, ein schlechter Scherz? Nur 30 Prozent und nur in Aufsichtsräten – brauchen wir da nicht mehr?

Rendi-Wagner:Der Frauenanteil in diesem Bereich liegt derzeit bei 18 Prozent – da sind 30 schon eine deutliche Verbesserung. Wir müssen ein schrittweises Vorgehen im Auge haben. Wir sehen in staatsnahen Unternehmen, wo der Bund ja schon längst eine Frauenquote hat, dass das ein sehr erfolgreiches Modell ist.

Und das Gesetz, das Island jetzt plant – Unternehmen sollen dazu verpflichtet werden, Frauen und Männern das gleiche Gehalt zu bezahlen. Wäre das nicht auch etwas für Österreich?

Rendi-Wagner:Island ist in Sachen Gleichberechtigung immer ganz vorne – und mit diesem Gesetz sind sie einen Riesenschritt weiter als wir. Wir müssen schauen, dass wir in Österreich bei der Lohntransparenz vorankommen, damit die Frauen und Männer im Betrieb wissen, wo es Lohnunterschiede gibt.

Aber der isländische Vorstoß klingt doch aus weiblicher Sicht wünschenswert. Da kann man ja als Frauenministerin an sich nichts dagegen haben oder?

Rendi-Wagner:Nein (lacht).

Vermutlich ist kaum jemand so qualifiziert für den Job als Gesundheitsministerin wie Sie, aber für die Frauenagenden qualifiziert Sie nach eigener Aussage nur Ihre persönliche Erfahrung als erfolgreiche, arbeitende Mutter. Was nehmen Sie daraus in dieses Amt mit?

Rendi-Wagner:Frauenpolitik ist Gesellschaftspolitik. Worauf es am Ende ankommt, ist, wie viel Gestaltungswillen, wie viel Energie ich mitbringe, um die Dinge wirklich politisch umzusetzen für die Frauen in diesem Land. Und ich bringe das mit. Auch für meine zwei Töchter.

Sie haben gesagt, dass Sie täglich den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen müssen. Wie kriegen Sie das hin?

Rendi-Wagner:Es ist eine große organisatorische Aufgabe, die ich täglich gemeinsam mit meinem Mann bewältige. Er unterstützt mich und ich unterstütze ihn. Wir haben beide keine Berufe, die von bestimmten Arbeitszeiten ausgehen. Das heißt, es braucht ständigen Austausch, Flexibilität und Organisation. Das beginnt bei Einkäufen bis hin zum Abholen von der Schule und der Frage, wer mit den Kindern für die nächste Schularbeit lernt. 

Also alles halbe-halbe im Hause Rendi-Wagner?

Rendi-Wagner:Wir machen, soweit es geht, halbe-halbe. ­Derzeit macht er sicher mehr – vor allem in den letzten Tagen.

In Zukunft wohl auch …

Rendi-Wagner:Das werden wir noch alles sehen.

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