Pionierin Bea Johnson

Ein Leben ohne Müll

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Die Kalifornierin Bea Johnson (41) ist eine Vorreiterin im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Mit ihrer Familie führt sie ein fast abfallfreies Leben. Uns hat sie verraten, wie das geht.  

Das „Zero Waste“-Leben beginnt mit einem Nein. Nein zu Verpackungen, nein zu Einwegprodukten – ganz allgemein nein zum übermäßigen Konsum, der das Leben der heutigen Gesellschaft bestimmt. So handhabt es zumindest die ­Begründerin der „Zero Waste“-Bewegung, Bea Johnson. Die französischstämmige Amerikanerin startete 2008 ihren Blog, auf dem sie über das müllreduzierte Leben ihrer Familie – sie, ihr Mann und ihre zwei Kinder – berichtete, und fand schon bald jede Menge Fans. Ihr Buch „Zero Waste Home“ ist ein Bestseller, wurde in zwölf Sprachen übersetzt und führt die 41-Jährige als Vortragende rund um die Welt (Johnson ist am 21. September in Wien).  
 
Aktivistin. Im MADONNA-Talk verrät Johnson, wie sie ihr eigenes Leben entmüllt hat, welche Vorteile dies mit sich bringt und wie man selbst ganz einfach  damit beginnen kann.  
 
Wie lange leben Sie schon nach dem „Zero Waste“-Lifestyle?
Bea Johnson: Alles begann damit, dass ich 2006 mit meiner Familie umgezogen bin, um die städtischen Infrastrukturen besser nützen zu können. Bevor wir unser kleines Haus gefunden haben, haben wir in einer kleinen Wohnung gelebt und sind in diese nur mit dem Nötigsten eingezogen. In diesem Moment haben wir sofort gemerkt, welche Vorzüge das reduzierte Leben hat: mehr Zeit für Familie und Freunde wie für die wichtigen Dinge, weil wir weniger zum Zusammenräumen hatten und weniger Besitz, der uns an unser Zuhause gebunden hätte. Die freiwillige Einfachheit war der erste Schritt in Richtung müllfreies Leben. Und mit der Zeit setzte ich mich auch verstärkt mit Umweltproblematiken auseinander und beschloss, für das Wohl meiner Kinder ein „Zero Waste“-Leben zu führen. 
 
Wie schwierig war die Umsetzung, vor allem zu Beginn?
Bea Johnson:  Das größte Problem war es, eine gesunde Balance zwischen dem zu finden, was für uns funktioniert und was nicht. Damals gab es noch keine Ratgeber zu dem Thema, also habe ich viel aus dem Internet gesucht. Und zeigte anfangs auch zu viel Engagement, indem ich begann, Käse, Brot, Butter etc. selbst zu machen. Einiges davon war viel zu ex­trem, zu zeitraubend, weshalb ich das bald wieder bleiben ließ. Zum Beispiel wurde mir klar, dass ich kein eigenes Brot backen muss, wenn ich auch ein Unverpacktes direkt vom Bäcker nebenan kaufen kann. Um dieses Leben wirklich nachhaltig und langfristig zu gestalten, muss man es auch mit dem eigenen Tagesablauf abstimmen.   
 

„Durch ‚Zero Waste’ haben wir 40 Prozent weniger Ausgaben.“

 
Wie waren die Reaktionen ­Ihrer Freunde?
Bea Johnson: Unsere Freunde waren sehr verständnisvoll und haben uns stets unterstützt – ich hätte auch keine ­andere Reaktion von ihnen ­erwartet. 

Inwiefern hat sich durch diese Umstellung Ihr Leben verändert?
Bea Johnson:  Der Lifestyle ist nicht nur gut für die Umwelt, er hat uns auch gesünder gemacht und Ersparnisse in puncto Zeit und Geld geboten. Unser Alltag ist so viel einfacher geworden: Putzen ist total simpel, Hausarbeit ist nun ­ef­fizienter und erlaubt uns ­dadurch Freizeit anders zu ­in­vestieren. Außerdem können wir auch ganz leicht verreisen, weil unsere Garderobe schnell gepackt ist, wir dadurch das Haus gut vermieten und uns somit die vielen Ausflüge gut gegenfinanzieren können. Und der größte Lohn dieser Lebensumstellung ist die Tat­sache, dass ich schon so viele Menschen mit meinem Leben inspirieren konnte. Es ist wunderbar zu sehen, wie diese Bewegung wächst und wächst.  
 
Manche kritisieren, dass dieses Leben nur etwas für Junge oder Wohlhabende ist, die zum Beispiel genug Zeit haben, sich damit auseinanderzusetzen, wo sie jetzt einkaufen gehen und wie sie sich Lippenstift selbst basteln.   
Bea Johnson:  Mein Mann war anfangs auch nicht überzeugt. Aber als ich ihm Bankauszüge aus dem Leben vor und während „Zero Waste“ gezeigt habe, stellte er fest, dass wir mit dem neuen Leben 40 Prozent weniger Ausgaben haben. Fünfzehn Prozent des Verkaufspreises sind für die Verpackung eingerechnet. Wenn man diese weglässt, spart man also automatisch. Aber nicht nur das. Mittlerweile konsumieren wir weniger, kaufen keine Einwegprodukte – außer Toilettenpapier – wir haben zwar Moos probiert, aber das trocknet zu schnell aus, um es gut verwenden zu können. Wir vermissen das vorherige Leben auch gar nicht. Durch das eingesparte Geld konnten wir uns nun auch Solarplatten auf dem Dach finanzieren, durch die wir wieder einen finanziellen Gewinn haben. „Zero Waste“ ist wirklich ein Geschenk, das  ein Leben lang hält. 

5 Regeln für ein müllfreies Leben
1. Zurückweisen. Lehnen Sie dezidiert ab, was Sie bestimmt nicht brauchen werden, z. B. Einwegplastikware, Werbegeschenke oder unerwünschte Post. 
 
2. Reduzieren. Den Lifestyle zu reduzieren bedeutet, dass man sich mehr auf Qualität als auf Quantität fokussiert. Um sich vor Augen zu führen, was Sie eigentlich ändern sollten, müssen Sie Ihren Abfall genauer unter die Lupe nehmen. Fragen Sie sich, ob Sie alles, was Sie darin vorfinden, auch brauchen.     
 
3. Wiederverwenden. Werden Sie kreativ, schenken Sie Objekten ein zweites Leben – z. B. Flaschen, Jutebags oder Schraubgläser lassen sich hervorragend öfter verwenden. Denken Sie auch bei Kleidung nachhaltig und setzen Sie auf Secondhand-Mode oder Tauschbörsen. 
 
4. Recyceln. Recyceln Sie das, was nach den drei Punkten überbleibt.  
 
5. Kompostieren. 
Der letzte Schritt ist die Kompostierung von ­organischen Abfällen. 
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