Portrait

Birgit Hebei: Wiens neue Vizebürgermeisterin

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Die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein (52), will den Klimaschutz in den Mittelpunkt stellen: „Das sind wir unseren Kindern schuldig.“

Bei ihrem Billa in Rudolfsheim-Fünfhaus kennt man sie schon und auch in der U-Bahn wird sie immer öfter angesprochen. Das erklärte Birgit Hebein vor vier Monaten, als klar wurde, dass sie Maria Vassilakou beerben soll. Für das neue Amt wollte sie an ihrem Bekanntheitsgrad arbeiten. Diese Woche wurde die Grüne endgültig ins Rampenlicht geschubst.

Dass man in dieser Funktion leicht im Fokus stehen kann, hat Maria Vassilakou in den vergangenen Jahren bewiesen. Mit Projekten wie der Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße oder Radweg-Planung zog sie zuerst den Zorn der Wiener auf sich, wie es kaum noch jemand geschafft hatte. Nur, um später in den Himmel gelobt zu werden. Auch ihre eigenen Grünen bescherten ihr vor rund eineinhalb Jahren Kopfzerbrechen, forderten öffentlich ihren Rückzug. Doch Vassilakou konnte das Ruder herumreißen und wurde schließlich am vergangenen Samstag in eben diesem Veranstaltungssaal am Wiener Rennweg gefeiert und unter Tränen verabschiedet. Eines ist klar: Die streitbare Grüne hat Wien ihren Stempel aufgedrückt.

Klimahauptstadt. Das will jetzt auch Birgit Hebein schaffen. Die ruhige und besonnene Wienerin setzt dabei voll auf den Kampf für den Klimaschutz, wie sie bei ihrer Wahl  klarmachte. Alle Maßnahmen, die sie als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin zu verantworten habe, wolle sie unter diesem Blickwinkel sehen. „Das sind wir unserer nächsten Generation einfach schuldig“, so die zweifache Mutter in ihrem ersten „ZiB2“-Interview. Ihre zwei Ziele: „Ich will Wien zur ersten Stadt machen, wo es keine Kinderarmut mehr gibt und ich will Wien zur ersten Klimahauptstadt Europas machen.“ Hebein gibt sich dabei als sympathische Kämpferin fürs Klima, die von den Wienern gar keine Perfektion in Sachen Umweltschutz verlangen will: Es gehe nicht darum, dass die einzelnen Menschen die gesamte Verantwortung übernehmen: „Auch ich bin nicht perfekt und ich will es gar nicht werden.“ So sei die 52-Jährige etwa mit dem Taxi zu der Landesversammlung der Wiener Grünen am Rennweg gefahren – weil sie zu nervös war, um dorthin zu radeln.

Kämpferisch. Viel mehr gehe es ihr darum, gegen eine Politik zu kämpfen, die „ganz selbstverständlich einen Tunnel durch ein Naturschutzgebiet bauen will“. Eine klare Spitze in Richtung des Koalitionspartners, handelt es sich beim Lobautunnel doch um ein Projekt von Michael Ludwigs SPÖ, mit der sie seit dieser Woche in einer gemeinsamen Regierung sitzt. „Wir stehen heute hier und sagen, sicher nicht mit uns“, ließ Hebein wissen.

Kämpferisch gibt sich die neue Wiener Vizebürgermeisterin aber auch in Richtung der ehemaligen türkis geführten Bundesregierung: „Keines unserer Kinder wird fragen, warum wir Milliarden in ein Klimarettungspaket gesteckt haben, sie werden uns fragen, verdammt noch mal, warum habt ihr es nicht gemacht“, plädierte sie dafür, auch Schulden für den Klimaschutz in Kauf zu nehmen. „Niemand hat etwas davon, wenn die Menschheit mit einem Nulldefizit untergehen wird.“

Noch deutlicher wird sie schließlich im „ZiB2“-Gespräch: Für eine Koalition der Grünen mit der türkisen ÖVP von Sebastian Kurz „fehlt mir momentan die Fantasie“, erklärte sie. Noch dazu, wenn sie an Spendenskandale denke. Und dann schießt sie gegen den 32-jährigen Ex-Kanzler: „Ich denke mir, er sollte einmal etwas arbeiten. Damit meine ich eine normale Arbeit, abseits der Politik.“ Kurz sei einfach zu abgehoben.

Wichtig sei aber vor allem, die Grünen wieder in den Nationalrat zu bringen, erklärte Hebein. Dabei wolle die Wiener Grünen-Chefin ihren Beitrag leisten.
„Zäh und erfahren“. Hebein sitzt seit 2010 für die Grünen als Sozialsprecherin im Gemeinderat. Davor war sie Bezirksrätin von Rudolfsheim-Fünfhaus. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung. Im parteiinternen Wahlkampf setzte sie vor allem darauf, dass sie die einzige Frau unter den etablierten Kandidaten war: „The future is female“ lautete ihr Motto. Als „hartnäckige Verhandlerin“, zäh und erfahren, beschreibt sich die zweifache Mutter selbst.

Premiere. Übrigens ist Hebein die erste Landeschefin überhaupt, die die Ökos in der Hauptstadt haben. Diese Position gibt es mit der Wahl Hebeins erst seit dieser Woche. Ihrer Vorgängerin, die die Grünen erstmals in die Stadtregierung geführt hat, streut Hebein Rosen: „Maria Vassilakou hat genau das getan, was Politik tun muss, nämlich das Leben der Menschen so zu gestalten, dass es auch möglich ist. Sie hat es getan mit enormen Widerständen von allen Parteien, sie hat Stand gehalten.“ Auf die Frage, was der größte Unterschied zwischen ihr und der langjährigen grünen Frontfrau sei, meinte sie: „Du hast vor neun Jahren bei null begonnen. Ich habe jetzt definitiv das Privileg, dass ich auf deinen Erfahrungen aufbauen kann.“

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