Udo Jürgens ist 75

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Merci Chérie", "Mit 66 Jahren" und "17 Jahr, blondes Haar" - die Hits von Udo Jürgens kennt jeder. Am 30. September feiert der Schlagersänger, Chansonnier, Komponist und Pianist seinen 75. Geburtstag - ein Leben "im Aufwärtsgang", wie er im Interview resümiert. Beim Gespräch in Zürich erzählt Jürgens von seinen wilden Jahren, vom Älterwerden und wie er seine alten Hits findet.

Das Thema Ehe ist durch. "Ich denke nicht eine Sekunde darüber nach, dass ich noch mal den Versuch machen sollte, eine Frau dadurch unglücklich zu machen, indem ich sie heirate", sagt Udo Jürgens im dpa-Gespräch. Aber seine weiblichen Fans beglückt der Entertainer noch immer, wenn er bei Konzerten als Zugabe verschwitzt im weißen Bademantel sein "Merci Chérie" haucht - Udo Jürgens transpiriere mit Stil, findet seine Biografin. Der Österreicher, einer der größten Stars im deutschsprachigen Raum, ist ein Konsens-Künstler. Selbst wer seine Musik nicht mag, hat Respekt vor seinem Können und seinem Lebenswerk. Um die 100 Millionen Platten hat er verkauft, 900 Lieder komponiert und gesungen. Und nun ist er 75 - immerhin hat der ewig junge Sänger jetzt graue Schläfen. Das ZDF schenkt dem "Moralisten am Klavier" ("taz") eine große Gala am Geburtstag, auch wenn er sich zunächst dagegen gesträubt hat.

Lieder wie "Griechischer Wein", "Aber bitte mit Sahne", "17 Jahr, blondes Haar", "Ehrenwertes Haus" und "Mit 66 Jahren" waren lange vor dem Schlagerrevival Klassiker. Jeder kann sie mitsingen, wenn sie auf Hochzeitsfeiern umgedichtet werden. Jürgens betont, dass er bei Konzerten zu 80 Prozent Neues spielt, ist aber seine Evergreens nicht leid. "Auch mir sind natürlich nicht alle Lieder gut gelungen. Ich singe nur die alten Songs, die gute Texte und, wie ich finde, auch gute Melodien haben."

Ein Leben im Aufwärtsgang

In den Bücherregalen seiner Villa bei Zürich - Jürgens hat seit 2007 auch einen Schweizer Pass - stehen Familienfotos, Lexika, Bücher von Philosoph Peter Sloterdijk neben Bestsellerautor Richard David Precht und ein Band über den Dadaisten Hans Arp, der ein Bruder seiner Mutter war. Draußen blühen die Hortensien. Jürgens sitzt auf einem weißen Sofa, neben ihm eine Vase mit roten Rosen. Auch der gläserne Schimmel-Flügel und die Goldenen Schallplatten an der Wand fehlen nicht.

Über dem Kamin hängt ein Bild seines Bruders Manfred, auf dem das Empire State Building zu sehen ist, was an Jürgens' Sehnsuchts-Hymne "Ich war noch niemals in New York" erinnert. Hat er noch Träume? "Ich habe mir viel mehr erfüllt, als ich je geträumt habe", sagt Jürgens. Sein ganzes Leben hat er nach der Kindheit im Krieg, wo er schreckliche Bilder sah, "als großes Glück" und "im Aufwärtsgang" empfunden. Sein Leben sei eigentlich mit jedem Jahr, das er älter geworden ist, "souveräner und schöner" geworden.

Oft hat er mit seinen Amouren Schlagzeilen gemacht. Heute ist ihm das Lesen wichtiger als das leichte Leben von früher. Jürgens hat vier Kinder mit drei Frauen. Von Corinna, die er heimlich in New York heiratete, ist er seit 2006 geschieden. Er zeigt sich als Gentleman und hat über seine Ex-Frauen nur Gutes zu sagen. Seinen 75. Geburtstag will der dreifache Großvater im engsten Familien- und Freundeskreis feiern. "Das soll ein ganz ruhiger Abend werden - bei gutem Essen, guten Gesprächen und gutem Wein", berichtete er kürzlich in Hamburg, wo seine Geburtstagsshow aufgezeichnet wurde.

Im Herbst setzt Jürgens seine 22. Tournee fort. Millionen Menschen haben ihn in seiner Laufbahn live gesehen. Seine Konzerte tragen das Attribut "Kult". Einer seiner Fans ist der Sprachkritiker Bastian Sick, im Interview sind Jürgens' Sätze druckreif. Stolz erzählt er, dass "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher sein Buch "Der Mann mit dem Fagott" gelobt hat, in dem er die Geschichte seiner Familie und seines Großvaters Heinrich Bockelmann erzählt. Das Buch soll auch verfilmt werden.

Jürgens (eigentlich: Udo Jürgen Bockelmann) wurde in Klagenfurt geboren und wuchs als Mittlerer von drei Brüdern auf einem Schloss in Kärnten auf. Als er noch ein Kind war, mochte er nicht im Rampenlicht stehen. Selbstvertrauen gab ihm die Musik. Er studierte Klavier, Gesang und Komposition, seine Karriere begann im Jazz. Seinen Durchbruch hatte Jürgens, als er 1966 mit "Merci Chérie" den Grand Prix de la chanson gewann. Ein Jahr später ging er zum ersten Mal auf Tournee durch Deutschland. 1978 brachte er die deutsche Fußballnationalmannschaft dazu, "Buenos dias, Argentina" zu schmettern. Für Shirley Bassey komponierte er "Reach For The Stars".

Heute ist das Publikum mit dem Entertainer gereift. "Vielleicht war ich früher der bessere Pianist. Das halte ich für möglich, weil ich zu faul bin zum Üben", sagt Jürgens. "Aber dafür singe ich heute besser als vor 25 Jahren. Das hält sich die Waage."

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