"Queen of Rock'n'Roll" - Tina Turner wird 70

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Das Magazin "Rolling Stone" rühmte sie als "eine der größten Stimmen aller Zeiten". Fast 200 Millionen Platten hat Tina Turner bisher verkauft - und mehr Konzertkarten als irgendein anderer Solo-Interpret. Im Februar rockte sie noch mit ihrer Löwenmähne, den Netzstrümpfen, High Heels und kurzem Lederrock in Wien die Bühne. Am 26. November feiert die Ausnahmesängerin ihren 70. Geburtstag.

Ihre letzte Tournee, "Tina! 50th Anniversary Tour", die sie aufgrund ihrer 50-jährigen Musikkarriere startete, war restlos ausverkauft. Mühelos füllte die 69-jährige Rock-Veteranin die Olympiahalle in München, das Staples Center in Los Angeles, den Madison Square Garden in New York und das O2-Stadion in London.

Derzeit legt sie wieder eine Pause ein. Fragt sich nur, wie lange. Fünfmal schon hat sich die frühere Soulsängerin mit der rauchig-röhrenden Stimme in den Ruhestand verabschiedet. Jedes Mal kehrte sie zum Showbusiness zurück, als wäre die Zeit spurlos an ihr vorbeigegangen: Kein Zeichen von Alter und Müdigkeit und kein Verlust an Vitalität.

Dabei liebt Turner inzwischen die Ruhe. "Ich bin einfach gern zu Hause. Dort kann ich die Musik hören, die mir gefällt, und meinen eigenen Lieblingswein trinken", erklärte sie Ende Juni in der ARD-Talksendung "Beckmann". Von Köln, wo sie sich lange zu Hause fühlte, siedelte sie 1994 mit ihrem Lebenspartner Erwin Bach nach Zürich um. Das Paar lebt außerdem in Südfrankreich und Kalifornien. Über Bach, einen Deutschen, sagte sie einmal: "Egal, wo er hingeht, ich werde mit ihm gehen."

1939 kam Tina Turner als Anna Mae Bullock in Brownsville (Tennessee) zur Welt. Ihr Vater war der schwarze Vorarbeiter auf einer Baumwollplantage, die Mutter hatte indianisches Blut in den Adern. Das Südstaaten-Girl wuchs in einer Gospelkirche auf, wandte sich während ihrer chaotischen 70er Jahre jedoch dem Buddhismus zu und folgt seinen Lehren bis heute.

Nach der Schulzeit zog es die stimmgewaltige junge Frau in die damalige Blues-Metropole St. Louis. Dort traf sie auf den acht Jahre älteren Gitarristen Ike Turner. "Fool in Love", die erste Single, die Ike und Tina gemeinsam aufnahmen, stürmte 1960 die US-Hitparaden. Mit dem Song "River Deep Mountain High", den Phil Spector 1966 für Tina komponierte, gelang ihr der Durchbruch. Doch erst als das Duo 1969 im Vorprogramm der Rolling Stones auftrat, hatte es auch das weiße Publikum für sich gewonnen.

Der Erfolg des inzwischen auch verheirateten Paares wurde durch die Drogensucht, Untreue und Brutalität des Ehemannes überschattet. Nachdem Turner am 2. Juli 1976 in einem Hotelzimmer in Dallas erneut von Ike zusammengeschlagen worden war, massierte sie ihn noch einmal wie gewohnt in den Schlaf. Dann nahm sie die vier Kinder, ihre eigenen Söhne und die zwei Stiefkinder, und flüchtete mit wenig Geld in der Tasche vor ihrem gewalttätigen Gatten.

Bei der Scheidung verzichtete Tina auf Unterhalt und alle Rechte an der gemeinsamen Musik. Bis zum Start der eigenen Solo-Karriere 1984 in New York hatte sie eine halbe Million Dollar Schulden und lebte von Sozialhilfe. Noch im selben Jahr bekam die 45-Jährige für ihr Comeback-Album "Private Dancer" vier Grammys und spielte neben Mel Gibson die Rolle der Aunt Entity in "Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel".

Es folgten weitere Filmrollen, darunter die als indische Göttin Shakti, mehr als zehn neue Alben, einige der höchsten Ehren der Musikbranche, und die Gewissheit, fast alle Kollegen überrundet zu haben. Nur Marlene Dietrich hielt es länger aus: Sie trat noch 73-jährig mit ihrer One-Woman-Show auf, allerdings eher wie eine Statue im langen Abendkleid - und nicht wie der Wirbelwind Tina Turner mit wilden Tanzschritten in hautengen Hosen.

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