Polanski legt Beschwerde gegen Auslieferung ein

Teilen

Der in Zürich inhaftierte Star-Regisseur Roman Polanski hat Widerspruch gegen seine Auslieferung an die USA eingelegt. Das bestätigte das zuständige Bundesstrafgericht in Bellinzona am Dienstag. Lehnt das Gericht den Einspruch ab, können Polanskis Anwälte das höchste Schweizer Gericht anrufen.

Polanski war am Samstag bei der Anreise zum Filmfestival in Zürich wegen eines 32 Jahre zurückliegenden Sexualdelikts festgenommen worden. Seither sitzt der 76-Jährige in Auslieferungshaft. Nach Medienberichten soll er im Bezirksgefängnis Zürich festgehalten werden. Die Schweizer Behörden wollten dies nicht bestätigen.

Sollte Polanski an die USA ausgeliefert werden, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen. Polanski hatte gestanden, das Mädchen 1977 sexuell missbraucht zu haben, sich einem Prozess jedoch durch eine Flucht aus den USA entzogen. Im US-Bundesstaat Kalifornien gilt Intimverkehr mit Minderjährigen immer als Vergewaltigung.

Außenministerin vermisst Fingerspitzengefühl

Eine vorläufige Freilassung etwa auf Kaution wird von der Justiz in der Schweiz nicht ausgeschlossen. Sie sei aber äußert selten. Zwar besitzt Polanski in Gstaad im Berner Oberland ein Ferienhaus. Eine Art Hausarrest dort wäre nach Informationen aus Bern jedoch ungewöhnlich und problematisch.

Vorsichtige Kritik am Vorgehen der Schweizer Justizbehörden bei der Festnahme des Regisseurs kam von Außenministerin Micheline Calmy-Rey. Man habe ein gewisses "Fingerspitzengefühl" vermissen lassen. Rechtlich habe die Schweiz aber keine andere Wahl gehabt, sagte die Außenministerin am Dienstag vor Journalisten in Bern.

Während mehr als 100 Weggefährten Polanskis aus der Künstlerszene die Freilassung des Oscarpreisträgers ("Der Pianist") forderten, mehrten sich die Stimmen jener, die das harte Durchgreifen der Justiz befürworten. Nach Angaben der französischen Autorenvereinigung SACD haben unter anderen Woody Allen, Pedro Almodóvar, Monica Bellucci, Martin Scorsese, Tilda Swinton, Tom Tykwer und Wim Wenders eine Erklärung pro Polanski unterzeichnet. Die Regisseure, Schauspieler und Autoren nennen es "unannehmbar, dass eine internationale Kulturveranstaltung zur Ehrung eines der größten zeitgenössischen Cineasten in eine Polizeifalle verwandelt" wurde.

Kritiker: Ruhm macht nicht immun gegen Gesetze

Dagegen merkte der Londoner Philosophie-Professor A.C. Grayling in der "Times" an: "Weder Ruhm noch Reichtum, weder Zeit noch Entfernung sollten irgend jemanden immun gegen Gesetze machen, die vor schweren Verbrechen gegen andere Menschen schützen." Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit wandte sich gegen den französischen Kulturminister Frédéric Mitterrand, der eine Freilassung Polanskis gefordert hatte. "Wenn ein junges Mädchen von 13 Jahren vergewaltigt oder sexuell missbraucht wird und man davonkommt, nur weil man eine Kaution zahlen kann, dann weckt das bei mir ein ungutes Gefühl", sagte er. "Das ist ein Justizproblem, und ich meine, dass ein Kulturminister, auch wenn er Mitterrand heißt, sagen müsste: Ich sehe mir erst mal den Fall an."

Polanski besitzt die französische Staatsbürgerschaft und wuchs in Polen auf. Dort beschäftigt der Fall des prominenten Häftlings höchste Regierungskreise. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk appellierte an seine Landsleute, Polanskis Verhaftung nicht zu einer "national-politischen" Angelegenheit hochzuspielen. Er sehe keinen Grund, ein "nationales Geschrei zu erheben", denn niemandem geschehe Unrecht, sagte Tusk dem privaten Fernsehsender TVN24. Polanski habe ein schweres Verbrechen begangen. Es sei bekannt gewesen, dass die Amerikaner in solchen Fällen hart blieben.

Haftbesuch von Emmanuelle Seigner

Polanski bekommt auch Besuch im Gefängnis. Seine Frau, die französische Schauspielerin Emmanuelle Seigner, tröstete ihn und zeigte sich nach eigenen Angaben "schockiert aber kampfeslustig". Nach Angaben Schweizer Medien hatten sich für Dienstagabend der französische Konsul in der Schweiz, Jean-Luc Fauré-Tournaire, sowie der polnische Botschafter Jaroslaw Starzyk angesagt. Beide Länder wollen sich für eine Freilassung Polanskis einsetzen.

Polanski hätte beim Filmfestival in Zürich einen Preis für sein Lebenswerk erhalten sollen. Kurz vorher war er verhaftet worden. An diesem Samstag sollte er zudem mit dem "Filmpreis Köln" geehrt werden. Der mit 25 000 Euro dotierte Preis werde ihm übergeben, "wenn er hoffentlich sehr bald wieder in Freiheit ist", teilte der Gründungsdirektor des Fernsehfilmfestivals Cologne Conference, Lutz Hachmeister, am Dienstag mit.

Thriller "Ghost" verzögert sich

Die Verhaftung des Meisterregisseurs könnte US-Medienberichten zufolge auch den Start seines neuen Thrillers "The Ghost" verzögern. Wie die "Los Angeles Times" unter Berufung auf Polanskis Agenten Jeff Berg schrieb, hat der Regisseur den Schnitt zwar weitgehend abgeschlossen. Weitere Arbeiten wie die Filmmusik und die Tonmischung seien aber noch offen. In dem Film nach einem Roman von Robert Harris spielen Pierce Brosnan und Ewan McGregor die Hauptrollen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.