Nanga Parbat

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"König der Berge" wird er genannt und "Schicksalsberg", weil seine schroffe Schönheit schon so viele Leben gefordert hat - darunter das von Reinhold Messners jüngerem Bruder Günther. "Nanga Parbat" nennt ihn der neue Film von Joseph Vilsmaier, der das Bruderdrama im Jahr 1970 als mitreißende menschliche Kulisse für ein gewaltiges Naturschauspiel verwendet.

Zwei ungleiche Brüder, beide infiziert von der Höhe. Schon als Kinder ist jede Mauer eine unwiderstehliche Herausforderung, gemeinsam schaffen Reinhold und Günther Messner später riskante Erstbesteigungen. Als es dem Älteren schließlich gelingt, auch Günther in das Expeditionsteam zum Nanga Parbat zu bringen, ist es das schönste Weihnachtsgeschenk. Er solle auf seinen Bruder gut aufpassen, sagt die Mutter beim Abschied. Jahrzehntelang wird sich Reinhold Messner nach seiner Rückkehr vom Himalaya des Vorwurfs erwehren müssen, für den Tod Günthers verantwortlich zu sein.

Aber Vilsmaier geht es nicht um Schuld und Messner, der am Film intensiv mitgearbeitet hat, nicht um Rechtfertigung. Seine Version der Ereignisse, nachdem er allein zum Gipfel aufgebrochen, und sein Bruder ihm auf eigene Faust gefolgt war, wurde bereits 2005 durch den Fund der sterblichen Überreste von Günther (Andreas Tobias) untermauert. Darum muss Reinhold im Film auch nicht als Sympathieträger herhalten: Florian Stetter porträtiert einen leichtfertigen, arroganten, wenn auch charismatischen Draufgänger, der nicht in Risiken, sondern in Triumphen denkt. Und der damit durchkommt, knapp zwar, nach tagelangem Abstieg, ohne Ausrüstung und Nahrung, höhenkrank und erfroren, während dem Schwächeren die Kräfte ausgehen.

Die traurige Geschichte der beiden Brüder ist aber nur die menschliche Kulisse für ein nicht weniger dramatisches Naturschauspiel. "Nanga Parbat" - das ist die Schönheit, der Wahnsinn, die Tragik des Extrembergsteigens, gegossen in halsbrecherische Originalaufnahmen. Die Wolken ziehen über dem Gipfel, die weiten Felsformationen und das ewige Eis verschlingen die winzigen Bergsteiger aus der Ferne. Mit sorgenvollem, getriebenem Blick betrachtet Karl Markovics als Expeditionsleiter Karl Maria Herrligkoffer im Basislager das Wettertreiben. Messner selbst wünschte sich Markovics für die Rolle dieses zwiegespaltenen Mannes, mit dem er sich wegen dessen Vorwürfen zum Tod Günthers niemals aussöhnte, und seine Darstellung gerät zur stärksten Präsenz des ganzen Films.

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