Der Räuber

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Das Gefängnis ist ein äußerst eingeschränktes Terrain, nicht zuletzt für einen Marathonläufer. Dessen ist sich auch Johann Rettenberger, ein resozialisierungsresistenten Hochleistungssportler, bewusst, wenn er täglich seine Runden im Hof dreht und auf dem Laufband in seiner Zelle trainiert. "Der Räuber" lautet der schlichte Titel des existenzialistischen Thrillers von Benjamin Heisenberg.

Als der herbeigesehnte Tag der Entlassung Rettenbergers anbricht, wirkt der erste Lauf in freier Natur wie ein Geschenk des Himmels. Dass darauf bald der nächste Banküberfall folgen wird, ist dem Hochleistungssportler aber irgendwie anzusehen.

Der österreichisch-deutsche Film, der bei der diesjährigen Berlinale präsentiert wurde, wurde zuvor bereits mit dem Bayerischen Filmpreis in der Kategorie "Nachwuchsregie" ausgezeichnet und erhielt zahlreiche Vorschusslorbeeren. Der junge deutsche Regisseur Heisenberg hat sich für den Film das Buch "Der Räuber" von Martin Prinz als Vorlage hergenommen, der sich - selbst passionierter Langstreckenläufer und bei den Dreharbeiten persönlicher Lauftrainer des Hauptdarstellers Andreas Lust - einen spektakulären österreichischen Kriminalfall der 1980er Jahre zum Vorbild genommen hat.

Statt des Niederösterreichers Johann Kastenberger, der seine Raubzüge mit Pumpgun und Ronald-Reagan-Maske verübte und deshalb den Spitznamen Pumpgun-Ronnie erhielt, folgen wir in "Der Räuber" nun Johann Rettenberger auf seinen gut vorbereiteten, oftmals ziemlich waghalsigen Feldzügen. Während das Energiebündel unentdeckt mit seiner Freundin Erika in Wien lebt, zieht er immer wieder los, leidenschaftlich und gierig nach dem Trip, der Bewegung und der Schönheit des Raubzugs, bis zu dreimal an einem Tag.

Zwischendurch gewinnt er Bergläufe oder nimmt am Wien-Marathon teil, wo er sensationell als bester Europäer ins Ziel kommt. Nüchtern und präzise ist Rettenberger dann unterwegs, misst Herzfrequenz, Belastung, Ausdauer und Effektivität. Andreas Lust läuft dabei in der Hauptrolle mit einer kraftvollen Performance zur Hochform auf.

Lust bildet - neben Franziska Weisz als Erika - das bebende Kraftfeld des Films. Ein Jahr lang musste er sich in bester Laufform halten, trainierte mit Betreuern, nahm rund zehn Kilo ab, um den läuferischen Anforderungen des Films - vor allem bei den Fluchtszenen vor der Polizei - zu genügen.

Die Strapazen haben sich in jedem Fall ausgezahlt. "Der Räuber" ist ein intensiver Lauf-Film in Nachfolge von John Schlesingers "Marathon Man" oder Tom Tykwers "Lola rennt", und die Anstrengung wird mit Fortdauer des Films - vor allem bei den Fluchtszenen im zweiten Teil - auch für den Zuschauer förmlich körperlich spürbar.

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