Anerkennung Hanekes "Zucker auf dem Sahnehäubchen"

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Der österreichische Regisseur Michael Haneke ist am Freitag (Ortszeit) beim ersten öffentlichen Auftritt in Los Angeles von Fotografen und Kamerateams richtiggehend belagert worden. Ein Bild mit der lebensgroßen Oscar-Statue verweigerte der 67-Jährige jedoch, die hohen Erwartungen für die 82. Oscar-Verleihung am Sonntag sollen offenbar nicht weiter geschürt werden.

"Es freut mich, dass der Film es bis hierher geschafft hat", sagte Haneke am roten Teppich vergleichsweise nüchtern, gab aber vor den Journalisten schließlich doch bereitwillig Auskunft.

Herr Haneke, der Rummel hier um ihre Person und "Das weiße Band" ist groß. Wird das schon zu viel?

Haneke: Der Stress ist hier nicht größer als woanders. Aber man ist das ja langsam gewohnt, das ist nicht anders als in Cannes oder so.

Kann man die beiden Filmpreis-Ereignisse in irgendeiner Form vergleichen?

Haneke: Ich kenne Los Angeles viel zu wenig, um da etwas sagen zu können. Ich kenne Cannes ganz gut, weil ich seit meinem ersten Film immer dort war. Hier war ich zum ersten Mal beim Golden Globe, es wäre also frivol von mir Vergleiche anzustellen.

Sind Sie denn vor Sonntag gar nicht nervös?

Haneke: Ich bin schon ein bisschen geübt mit diesem Zirkus. Natürlich ist man dann aber während der Zeremonie durch die ganze Hektik, die da entsteht, ein bisschen nervöser. Aber ich glaube, es gibt Schlimmeres als das.

Wie verbringen Sie die Zeit bis zur Zeremonie?

Haneke: Wir haben einen Termin nach dem anderen, da wird uns bestimmt nicht langweilig werden. Ich lasse mich einfach von den zuständigen Herrschaften herumführen und mache das, was man von mir verlangt.

Wäre der Oscar für Sie der Höhepunkt Ihrer Karriere?

Haneke: Der Höhepunkt der Karriere ist immer die Arbeit. Wenn man das Gefühl hat, es ist einem etwas geglückt, dann ist das ein schönes Gefühl. Die öffentliche Anerkennung ist dann wie Zucker auf dem Sahnehäubchen, aber das Entscheidende für jeden Filmemacher ist die Möglichkeit der Selbstrealisierung im jeweiligen Projekt.

Das klingt nicht so, als würde Ihnen die mögliche Auszeichnung viel bedeuten...

Haneke: Natürlich würde mich ein Oscar freuen, jeder Preis freut einen. Das wäre ja verlogen zu sagen, dass es nicht so ist. Wenn man den Preis nicht kriegt, werden wir aber auch nicht weinend zusammenbrechen. Man kann nichts vorhersagen, ich lass' mich also überraschen. Ich habe eine Chance von 20 Prozent wie jeder von meinen Kollegen - und jeder hat die gleiche Hoffnung. Der Film läuft ja jetzt schon überall seit vielen Monaten und zum Glück auch sehr gut. Sollten wir hier irgendwas kriegen, werden wir natürlich alle noch glücklicher sein.

Könnten Sie sich vorstellen, von nun an in Hollywood ihre Filme zu drehen?

Haneke: Das ist nicht mein Ehrgeiz. Ich mache nicht Filme, um in Amerika Filme zu machen, sondern ich mache Filme, um Filme zu machen, die ich gerne machen möchte. Ob das jetzt in Amerika oder in Frankreich oder in Österreich oder in Deutschland ist, ist zweitrangig, das hängt immer vom Projekt ab.

Diese Nationalitätenfrage hat ja im Vorfeld für einige Diskussionen gesorgt...

Haneke: Auch dieser Ehrgeiz ist ein bisschen unnötig, es ist schließlich ein europäischer Film, von vier Ländern finanziert und produziert. Den Nationalismus finde ich nicht notwendig. Ich freue mich, wenn sich die Österreicher freuen, ich freue mich aber auch, wenn sich die Deutschen freuen.

Würde ein Oscar helfen, den nächsten Film leichter produzieren zu können?

Haneke: Ich glaube, den nächsten Film werden wir schon irgendwie finanzieren können. Aber jetzt muss ich ihn erst einmal schreiben, und da ist noch ein weiter Weg bis dahin.

Letzte Frage: Was werden Sie denn am Sonntag tragen?

Haneke: Ich ziehe wie alle brav erzogenen, folgsamen Regisseure einen Smoking an - den gleichen, den ich auch schon bei anderen Veranstaltungen angezogen habe.

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