82. Oscar: Haneke, der kompromisslose Regisseur

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Eigentlich glaubte man bei Michael Haneke, dass er mit der Goldenen Palme in Cannes für "Das weiße Band" bereits sein höchstes Ziel erreicht hatte. Doch bei der Auszeichnung mit dem Golden Globe einige Monate später merkte man dem kompromisslosen Regisseur doch an, dass ihm auch die Anerkennung in den USA nicht egal war.

Nun wartet am 7. März die Chance, für seinen ersten auf Deutsch gedrehten Film seit "Funny Games" mit dem Oscar auch noch den wichtigsten kommerziellen Filmpreis zu ergattern. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. In Cannes sah Jury-Chefin Isabelle Huppert in "Das weiße Band" einen "außergewöhnlichen Film", in den USA lobten Kritiker die schwarz-weiße Faschismus-Parabel als "hypnotisch und verstörend" sowie als "besten Film, den Haneke je gemacht hat". In mehreren Zeitungen stießen Stil und Erzählhaltung des in Wiener Neustadt aufgewachsenen Filmemachers und Wiener Filmakademie-Professors auf Vergleiche mit Größen wie Ingmar Bergman oder Carl Theodor Dreyer. Tatsächlich hat der 67-Jährige seine unverwechselbare Filmsprache im vergangenen Jahrzehnt perfektioniert.

Gleich mit seinem Kinoerstling "Der siebente Kontinent" hatte Haneke 1989 sein Debüt in einer Nebenschiene von Cannes. Die "Trilogie der emotionalen Vereisung", zu der auch "Benny's Video" gehörte, schloss er 1994 mit "71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls" ab. Hanekes Gewaltschocker "Funny Games" war 1997 nach 35 Jahren der erste österreichische Wettbewerbs-Beitrag in Cannes. Seitdem ist der Meister der Auslassung ein Stammgast an der Croisette: Seine in Frankreich entstandenen Filme "Code Inconnu" (2000), "Die Klavierspielerin" (2001), "Wolfzeit" (2003) und "Caché" (2005) wurden stets kontrovers besprochen und teilweise auch prämiert.

Haneke wurde am 23. März 1942 in München geboren, studierte in Wien Philosophie und Psychologie, arbeitete als Autor sowie Film- und Literaturkritiker, bevor er sich der Regie zuwandte. Als zentrale Themen ziehen sich gesellschaftliche Ängste, die Bedrohung der bürgerlichen Sicherheiten, Mechanismen der Gewalt sowie Fragen nach Schuld und Macht durch sein Werk. Ausflüge in die Theater- und Opernwelt sehen seine Produzenten nicht gerne, Ausflüge nach Hollywood schon lieber. Dass sein One-to-One-Shot von "Funny Games" mit US-Schauspielern vor drei Jahren an den Kinokassen floppte, ist vergessen. "Das weiße Band" wird sicher neue Türen öffnen.

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