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Frauen im MINT Bereich: So gelingt Girlpower im Tech-Job

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Frauen und Technik – ein Widerspruch? Ganz sicher nicht! Warum es mehr weibliche Nachwuchstalente mit Herz und Hirn in Naturwissenschaft und Technik braucht und wie wir endlich mit Klischees und Rollenbildern aufräumen.

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – kurz MINT: Hand auf‘s Herz – ertappen Sie sich gerade dabei, wie Sie naturwissenschaftlich-technische Jobs eher mit männlichen Attributen und Kompetenzen verbinden? Damit sind Sie nicht alleine. Nach wie vor denken (zu) viele Mädchen und junge Frauen erst gar nicht darüber nach, einen MINT-Beruf zu ergreifen.

„Klischädigt“

Woran das liegt? Mit Sicherheit nicht an einem Mangel an intellektueller Kapazität oder Talent. Die Hauptgründe, die viele Mädchen von Tech-Jobs fernhalten, sind Klischees und veraltete Rollenbilder. Diese Stereotype aufzubrechen und Frauen die Möglichkeit zu geben, ihr Potenzial zu entfalten, dafür setzt sich die MINT-ality Stiftung im Rahmen zahlreicher Projekte und Kampagnen ein. Therese Niss, Vorständin der Stiftung und Abgeordnete zum Nationalrat (ÖVP), im Interview über Frauen in der Technik, Diversität, Unabhängigkeit und – last, but not least – Female Empowerment.

MINT-Jobs sind spannend, sinnstiftend und fair bezahlt. Junge Frauen verdienen diese Jobs. 

MINT-Jobs sind spannend, sinnstiftend und fair bezahlt. Junge Frauen verdienen diese Jobs. 

© Getty Images
× MINT-Jobs sind spannend, sinnstiftend und fair bezahlt. Junge Frauen verdienen diese Jobs. 

Welche Berührungsängste haben junge Frauen MINT-Jobs gegenüber?
Therese Niss:
Mädchen wird oft schon sehr früh – unbewusst, aber doch – eingeredet, dass sie im Tech-Bereich fehl am Platz sind. Auch wenn das nachgewiesenermaßen natürlich nicht stimmt, führt es dazu, dass viele Mädchen sich selbst gar nicht erst zutrauen, eine entsprechende Ausbildung zu beginnen. Auch wenn das Interesse dafür grundsätzlich da wäre, fühlen sie sich entmutigt und chancenlos. Außerdem haben junge Frauen sehr oft ein schlichtweg falsches Bild von der Technik, die ihnen vorab schon als komplizierter, einsamer und wenig sozialer Bereich vermittelt wird. Hinzu kommt, dass Frauen in technischen Bereichen in unserer Gesellschaft stark unterrepräsentiert sind. Es fehlen die Role Models, die junge Frauen dazu motivieren bzw. auf die Idee bringen, in diesem sinnstiftenden und wichtigen Feld tätig zu werden. Studien bestätigen: Erst ab einem 30-prozentigen Personenanteil entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl – das betrifft Frauen und Männer gleichermaßen.

Was braucht es für eine Veränderung?
Niss:
Offenheit, den Willen, tatsächlich etwas zu bewegen und das Bewusstsein für den „unconscious bias“, also die oftmals unbewusste bzw. automatische Bevorzugung von Burschen. Es ist wichtig, Buben und Mädchen schon früh spielerisch an die Technik heranzuführen und gleichberechtigt mit einzubeziehen, wenn es z.B. darum geht, einen Computer zu reparieren. Familie, Pädagogen und Bezugspersonen können also wesentlich dazu beitragen, die Begeisterung von Mädchen und jungen Frauen für Technik und Naturwissenschaft zu entfachen. Die größte Herausforderung ist dann, dieses Interesse langfristig aufrechtzuerhalten. Denn viel zu oft werden technisch an sich interessierte Mädchen mit Vorurteilen, Stereotypen oder sogar Demütigungen konfrontiert, die in Summe sehr entmutigend sein können.

Welchen Beitrag können wir alle – Frauen, aber auch Männer – dabei leisten?
Niss:
Feminismus und Diversität betreffen uns alle. Es braucht das Bewusstsein, dass diverse Teams einen echten Mehrwert haben. Es mag vielleicht bequemer sein, in der eigenen Bubble zu bleiben, aber letztendlich sind unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen doch immer von Vorteil - für alle Beteiligten. Dahingehend können wir uns wohl alle öfter einmal an der Nase nehmen, denn vor - wenn auch unbewussten – Vorurteilen ist niemand gefeit.

Um junge Frauen für MINT-Jobs zu begeistern, hat die MINTality Stiftung kürzlich ein „Superpraktikum“ ausgeschrieben. Wie war den Anklang?
Niss:
Mit über 80 Bewerbungen sehr positiv. Es haben sich ganz viele tolle junge Frauen beworben; die Auswahl war also nicht gerade leicht (lacht). Unsere „Superpraktikantin“ – uns war wichtig, dass sie offen, begeisterungsfähig, kommunikativ und reiselustig ist – hat ihr Praktikum mit Anfang September gestartet. Sie bekommt nun ein Monat lang einen Einblick in ein zukunftsweisendes Berufsfeld, in dem Frauen ausgesprochen fair bezahlt werden. Natürlich ist die Bezahlung nicht das Hauptauswahlkriterium für einen Job. Allerdings sind faire Entlohnung und Arbeitsplatzsicherheit wesentliche Faktoren, die Frauen finanzielle Unabhängigkeit und damit Eigenständigkeit ermöglichen.

Heute und in Zukunft – warum braucht es mehr Frauen in den MINT-Bereichen?
Niss:
Zum einen ist der Fachkräftemangel bzw. vielmehr Fachfrauenmangel im naturwissenschaftlich-technischen Bereich ein nicht zu leugnender Fakt, dem wir als Gesellschaft entgegentreten müssen. Zum anderen – und das ist ganz entscheidend – verdienen Frauen diese Jobs einfach. Es sind spannende Jobs, die Sinn stiften, die gut bezahlt sind, die Frauen persönlich und finanziell unabhängiger machen. Es ist ganz essenziell, junge Frauen in ihrem Selbstvertrauen zu stärken, sodass sie ihre verdiente Rolle in der Gesellschaft einnehmen und ein glückliches und eigenständiges Leben führen können.

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