"Der Naschmarkt" in Buchform

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Der Wiener Naschmarkt wird bis 2015 generalsaniert. Im steten Wandel hingegen präsentiert sich das Standkonglomerat zwischen Karlsplatz und Kettenbrückengasse, was die multikulturelle Palette an Frischware und die als Szenetreffs apostrophierten Gastroangebote betrifft. Für einen aktuellen Überblick empfiehlt sich das kürzlich erschienene Buch "Der Naschmarkt".

Darin schildert der Autor Beppo Beyerl neben Kurzcharakteristika aller ansässigen Mieter samt deren Produkte zudem durchaus interessante Nebenaspekte rund um das bekannte Nahversorgungsareal versammelt. Das üppig bebilderte, gut 200 Seiten starke Kompendium vergisst nicht das kleinste Hütterl auf der 2,3 Hektar großen Feinschmeckerinsel. Jeder einzelne Obst- und Gemüsestand, Filialen von Bäckereiketten und der angestammte Würstelstand werden ebenso porträtiert wie altbekannte Klassiker - etwa der "Urbanek" - und kürzlich eröffnete In-Lokale, die der Alternative zum Supermarkt immer wieder den Ruf einer Bobo-Meile einbringen.

So fand Haya Molchos "Neni", das seit März als erstes Doppeldeckerlokal den Markt bereichert, genauso Eingang wie das jüngste Standl: Im "By Chi" wird seit dem heurigen Sommer südvietnamesische Küche serviert, wobei der Autor neben "allen möglichen Reis- und Nudelgerichten" den Lesern vor allem ein Gläschen Zanthos aus Andau - "der Wein mit dem roten Salamander auf der Etikette" - ans Herz legt.

Doch auch mit Geheimtipps, die man im allgemeinen (Touristen-)Gedränge mitunter leicht übersieht, lässt Beyerl aufhorchen. So erhalten Anhänger der exquisiteren Körperpflege bei "Alles Seife" selbst hergestellte Reinigungsprodukte, die vom Block geschnitten und nach Gewicht berechnet werden. Die Kreationen reichen von Pflanzelölseife mit schwarzem Kaffee bis hin zur Jasmin-Hibiskus-Mischung. Das "Obsteck" wiederum lockt mit frisch gepressten Säften mit exotischer Note a la Kaki, Honigapfel oder Mango.

Schließlich darf auch "Fuzzy", ein vagabundierendes Original, nicht fehlen. Der gebürtige Kärntner rumpelt seit Jahr und Tag mit seinem Einkaufswagen durch die Standreihen, um Teddybären, Barbiepuppen oder keramische Glücksbringer kostenpflichtig unters Volk zu bringen.

Besonders hilfreich für Naschmarkt-Liebhaber ebenso wie für (noch) nicht Ortskundige sind die Servicehinweise. Neben einem Übersichtsplan, mit dem sich die vorgestellten Delikatessenhütten leicht finden lassen, sind Öffnungszeiten sowie Telefonnummer und Internetadressen angeführt.

Wissenswertes erfährt man darüber hinaus über die Geschichte des ehemaligen "Aschmarktes", der seit seiner erstmaligen Nennung am 5. Jänner 1791 mehrmals den Standort gewechselt hatte, bevor er 1916 endgültig zwischen Linker und Rechter Wienzeile angesiedelt wurde. Eher aufdringlich jovial als charmant unprätentiös nimmt sich zuweilen Beyerls Tonfall aus, wobei sich neben interessanten Details immer wieder auch unmotiviert anmutende Einflechtungen finden.

Beispielsweise bittet der Autor "um Erlaubnis, auf ein überhaupt nicht zum Thema passendes Ereignis der österreichischen Rechtsprechung aufmerksam machen zu dürfen". Gemeint ist das erstmalige Verbot von Kunstwein im Jahr 1814. Zusätzliche Extras wie ein Lexikon für des Wienerischen Unkundige, ein Rezept für gluten-und laktosefreien Apfelstrudel sowie Abrisse über das umliegende Freihausviertel, die literarische Figur der "Sopherl am Naschmarkt" oder architektonische Highlights rund um den Naschmarkt ergänzen das Buch.

INFO: "Der Naschmarkt" von Beppo Beyerl, Edition Mokka, 2009, 9,60 Euro. ISBN 978-3-902693-22-8

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