PSD-Gründer Stephan Rudas verabschiedet

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Am Dienstagnachmittag verabschiedeten Stadt Wien, Mitarbeiter und Freunde den Gründer der Wiener Psychosozialen Dienste (PSD), Chefarzt Stephan Rudas. Der europaweit bekannte Psychiater und Psychoanalytiker ist mit Ende 2009 in Pension gegangen. Als Dank erhielt er aus den Händen von Bürgermeister Michael Häupl (S) unter anderem den "Goldenen Rathausmann" - und Standing Ovations der Hunderten Anwesenden.

"Die Wiener Psychiatriereform kann ohne Übertreibung als umfassendste und grundlegendste Gesundheitsreform in der 2. Republik angesehen werden", sagte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (S). Sie sei auch ein Schlussstrich unter die Reste von "Austrofaschismus und Nationalsozialismus" in der Psychiatrie gewesen.

Rudas war 1977 vom damaligen Gesundheitsstadtrat Alois Stacher (S) zum Psychiatriebeauftragten ernannt worden, hatte bis 1979 den ersten Psychiatrie-Zielplan Wiens erstellt und war 1980 sozusagen Gründungs-Chefarzt des PSD geworden. Sein nunmehriger Nachfolger Georg Psota wies auf die Reduktion der stationären Psychiatrie-Betten in Wien von 3.858 (1979) auf 635 (2008) hin. Die Zahl der jährlichen Suizide sei von mehr als 400 auf unter 200 zurückgegangen. Dahinter steckt die flächendeckende Versorgung psychisch Kranke via PSD in Wien auf ambulantem Weg.

Psota verwies aber auch - genauso wie Sonja Wehsely - auf die wortgewaltige Rolle, die Rudas jahrzehntelang im Kampf um die Rechte psychisch Kranker gespielt hat. Er zitierte aus einem Arztbrief des Psychiaters an Dermatologen-Kollegen: "In der kranken Haut, die Sie behandeln, steckt auch ein leidender Mensch. Ich bitte dies zu berücksichtigen." Bürgermeister Häupl überreichte Rudas den "Goldenen Rathausmann" - und Fußball sowie violettes Leiberl der Wiener Austria. Über einen neu gegründeten Förderverein soll jedes Jahr ein Preis für wichtige Initiativen auf dem Gebiet vergeben werden.

Schließlich der Geehrte selbst: "Sie sehen, was paradox ist - einen sprachlosen Psychiater. (...) In Wien wird das unsichtbare Organ 'Seele' berücksichtigt." Die Wiener würden nicht häufiger als die Bewohner anderer Städte oder Regionen an psychiatrischen Erkrankungen leiden, der Unterschied sei aber darin, dass in der Bundeshauptstadt keine "Woody-Allen-Psychiatrie" betrieben werde. Rudas: "Wien ist nicht den Weg einer Zwei-Klassen-Psychiatrie gegangen. Wien ist den Weg des gleichen Zugangs für alle zur Psychiatrie gegangen."

Der vom Leiter des obersten Psychiatrie-Gremiums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einer Grußbotschaft als "Top Leader" und "Champion" bezeichnete Psychiater - er bedankte sich speziell bei seinem anwesenden Mentor Alois Stacher - ließ jedenfalls Zufriedenheit durchblicken: "Erstens, wenn ich wieder auf die Welt komme, werde ich wieder Psychiater. Zweitens - wieder in Wien."

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