Kritik an Wiener Rettung: Kontrollamt eingeschaltet

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Die Grünen üben scharfe Kritik an der Wiener Rettung. Mitarbeiter würden einen steigenden Arbeitsdruck und niedrige Bezahlung beklagen, während sich Patienten beziehungsweise deren Angehörige über lange Wartezeiten und steigende Transportkosten beschwerten, berichtete Gesundheitssprecherin Sigrid Pilz bei einer Pressekonferenz. Wegen der "inakzeptablen Versorgungssituation" hat die Oppositionspartei nun das Kontrollamt eingeschaltet.

Das Kontrollamt werde sowohl die Versorgungssicherheit durch die Rettung als auch die Arbeitssituation für Sanitäter sowie die Tarifgestaltung prüfen, hieß es. Laut Pilz sind viele Mitarbeiter unzufrieden mit ihrem Basislohn, wobei das Einkommen nur durch lange Dienste aufgebessert werden könne. Folglich hätten etwa im Jahr 2007 85 Prozent der Sanitäter durchschnittlich 72 Stunden pro Woche gearbeitet, versicherte die grüne Mandatarin. Als Folge sei das Rettungspersonal im selben Jahr mit durchschnittlich 31,6 Tagen auffällig lange im Krankenstand gewesen.

Kein gutes Haar ließ Pilz zudem an der Koordination zwischen Rettung und dem Krankenanstaltenverbund in Sachen Bettenvergabe. So müssten in Notfällen mitunter mehrere Spitäler angefahren werden, weil Patienten abgewiesen würden. Darüber hinaus gebe es zuweilen keine Hilfe für Menschen mit psychischen Problemen, die "nicht krankheitseinsichtig" sind, also nicht in den Krankenwagen steigen wollen. In solchen Fällen würden die Betroffenen unversorgt bei ihren Angehörigen zurückgelassen, beanstandete Pilz.

Und schließlich seien die ständig steigenden Kosten für Transportbedürftige, deren Gebühren nicht vom Sozialversicherungsträger übernommen werden, seitens der Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (S) nicht zu rechtfertigen. So hätte die Bereitstellung eines Einsatzfahrzeuges mit Sanitätern 2005 noch 159,50 Euro brutto gekostet. 2010 belaufe sich dies bereits auf 220,45 Euro. Bei den Transportkosten stiegen die Tarife laut Pilz im selben Zeitraum von 420 auf mittlerweile 526 Euro.

Rettung wehrt sich

Die Wiener Rettung weist Vorwürfe zurück. So betrage etwa die Zeit zwischen Alarmierung und dem Eintreffen eines Krankenwagens rund elf Minuten, was - international verglichen - im Spitzenfeld liege, hieß es in einer Aussendung des Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes der Stadt. Was die Arbeitsbedingungen betrifft, werde das Dienstsystem seit Oktober 2009 von 24-Stunden-Schichten sukzessive auf "familienfreundliche" 12,5 Stunden umgestellt, wurde betont.

Zudem nicht gelten lassen wollte die zuständige Magistratsabteilung 70 die Kritik der grünen Gesundheitssprecherin Pilz hinsichtlich einer unzureichender Bezahlung von Sanitätern. Diese setze sich nämlich aus einem Grundeinkommen und verschiedenen Zulagen zusammen. "In der Bewertung von Gehältern ist es ratsam, sämtliche Gehaltsbestandteile anzuführen", so der Rat der MA 70 an die Oppositionspartei. Die überdurchschnittliche Krankenstanddauer von Mitarbeitern im Gesundheitsbereich sei durch den "exponierten Umgang" mit erkrankten Personen bedingt.

Bezüglich der Betreuung psychisch kranker Personen, die einer freiwilligen Behandlung nicht zustimmen, hieß es, dass im Falle einer offensichtlichen Eigen- oder Fremdgefährdung die Sanitäter angehalten seien, die Polizei zu kontaktieren und eine Einweisung durch Amtsärzte der Exekutive - eine sogenannte Unterbringung ohne Verlangen - anzuregen. Bis zum Eintreffen der Beamten hätte das Rettungspersonal "nach Möglichkeit" beim Patienten zu verbleiben. Man sehe "angesichts der massiven Differenzen zwischen dem Kosmos von Frau Pilz und der Wirklichkeit" einer Kontrollamtsprüfung jedenfalls gelassen entgegen, zeigte sich die SPÖ in einer Aussendung unbeeindruckt.

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