H1N1: Infektionsexperten weiter für Impfung

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Die Europäische Gesellschaft für Mikrobiologie und Infektionskrankheiten (ESCMID) ist besorgt über die Situation bei der Pandemie-Impfung. Es gäbe unbegründete Skepsis und "gezielte Desinformation", meinte die Gesellschaft in einer Aussendung. Ärzte sollten ihr Bestes tun, die Immunisierung gegen die "Neue Grippe" A(H1N1) zu propagieren. Die Europäische Arzneimittelagentur EMEA hat bereits am vergangenen Freitag festgestellt, dass bei bestimmten Personengruppen mit den Vakzinen Pandemrix (GSK) und Focetria (Novartis) eine Dosis für einen wirksamen Schutz ausreicht.

"Es wird befürchtet, dass eine niedrige Impfrate die Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie schwerwiegend behindern und den Stress für die Gesundheitssysteme erhöhen könnte", heißt es in der Erklärung.

Der Präsident der ESCMID, Javier Garau: "Niemand kann es sich leisten, lässig oder gar skeptisch mit den Vorteilen der A(H1N1)-Impfstoffe umzugehen. Die ernsten Konsequenzen einer Ablehnung der Impfung sollten von den Patienten registriert werden. Und die Ärzte müssen ihnen klarmachen, dass die Vakzine sicher sind und eine vitale Rolle beim Schutz spielen."

Der Experte weiter: "Ärzte sollten ihr Bestes tun, um die Immunisierung (gegen A(H1N1), Anm.) unter ihren Patienten mit einem speziellen Augenmerk auf die Personen mit dem größten Risiko zu propagieren. Niemand sollte eine sichere und wirksame Vakzine in einer Zeit zurückweisen, in der wir es mit einem unvorhersehbaren Virus zu tun haben."

Ähnlich äußerte sich auch der ehemalige Präsident der Organisation, Giuseppe Cornaglia: "Schlägt die Impfkampagne in Europa fehl, breitet sich die Pandemie weiter aus, die Wahrscheinlichkeit von zusätzlichen Komplikationen und der Mutation des Virus in eine aggressivere oder/oder eine resistente Form steigen."

Entwicklungsstandards wie bei saisonaler Grippe

Die Pandemie-Vakzine seien keinesfalls unter reduzierten Sicherheitskriterien entwickelt worden. ESCMID: "Die Vakzine wurden genauso hergestellt wie die Impfstoffe gegen die saisonale Grippe, durch die selben Hersteller und mit den selben Materialien - bis auf das Virus." Ohne entsprechende Daten aus Studien hätte die Europäische Arzneimittelagentur EMEA nie eine Zustimmung für die Zulassung gegeben. Und dass man im Jahr 2009 eine Zulassung so schnell bekommen hätte, wäre als Fortschritt und nicht als Gefahr zu sehen.

Die EMEA hat bereits am vergangenen Freitag festgestellt, dass mit den beiden in Österreich nicht verwendeten Pandemie-Vakzinen Focetria und Pandemrix bei Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren eine Dosis der Vakzine für den Schutz ausreicht. Bei Kindern und Jugendlichen ist das für Focetria ab neun Jahren und für Pandemrix ab zehn Jahren möglich. Pandemrix reicht offenbar auch bei älteren Menschen mit einer Dosis aus. Kleine Kinder und Personen mit geschwächtem Immunsystem sollten weiterhin zwei Dosen erhalten. Die Daten für den in Österreich verwendeten Celvapan-Impfstoff werden derzeit von der EMEA in dieser Frage noch analysiert.

Geringes Interesse in der Bevölkerung

In Salzburg befanden sich am 23. November zwei Patienten auf der Intensivstation der Salzburger Landeskliniken (SALK) in kritischem Zustand: ein 77-jähriger Mann und eine 40-jährige Frau. Neu hinzugekommen war am Samstag eine 75-jährige Frau, die aber nicht mehr beatmet werden musste. Der Zustand eines 44-jährigen Faistenauers, der am vergangenen Montag nach einem Verkehrsunfall in Seewalchen (OÖ) schwerst verletzt in das Landeskrankenhaus Salzburg geflogen wurde, hat sich mittlerweile stabilisiert. Auch bei ihm war eine A(H1N1)-Infektion festgestellt worden. Der Zustand einer 62-jährigen Risikopatientin hatte sich gebessert und ein sechs Monate alte Baby wurde bereits auf die Normalstation des Kinderspitals verlegt.

Ab Dienstag, 1. Dezember, gibt es in Niederösterreich für Betriebsärzte die Möglichkeit, Immunisierungen in Unternehmen durchzuführen, teilte Elisabeth Heinz von der NÖ GKK auf APA-Anfrage mit. Seit heute, Montag, kann man sich in sieben Servicestellen der NÖ Gebietskrankenkasse (GKK) - zusätzlich zu den Impfzentren in Bezirkshauptmannschaften und Magistraten - impfen lassen. In großen Firmen müssen sich 100 Impfwillige finden, dann kann der zuständige Betriebsarzt Impfungen vornehmen.

Im Burgenland gab es laut dem Landesgesundheitsreferat weiterhin noch keinen Fall mit schweren Komplikationen und keinen Spitalspatienten mit Schweinegrippe. Bisher wurden im Burgenland 5.106 Personen gegen A(H1N1) immunisiert, davon haben 183 bereits die zweite Teilimpfung bekommen. In Oberösterreich ließ der Andrang bei den Impfstellen spürbar nach. Mit Ende vergangener Woche haben sich rund 12.000 Menschen immunisieren lassen.

In Vorarlberg haben sich bis Montagmittag insgesamt 6.452 Personen gegen Schweinegrippe impfen lassen, darunter 594 Krankenhaus-Bedienstete. Bei den niedergelassenen Ärzten wurden seit vergangenem Freitag 243 Personen immunisiert, verlautete am Montag aus dem Büro von Gesundheits-Landesrat Markus Wallner (V). Der Zustrom an Impfinteressierten hat damit im Vergleich zum Start der Impfaktion deutlich nachgelassen. Von besonders schweren Krankheits-Verläufen war vorerst weiter nichts bekannt. Im westlichsten Bundesland wurden bisher 16.350 Dosen Impfstoff ausgeliefert.

Im südlichsten Bundesland Kärnten haben sich 6.533 Personen (Stand 20. November) gegen die Schweinegrippe impfen lassen. "Mit dieser Woche starten auch die drei Wochen nach der ersten Impfung notwendigen Auffrischungen", erklärte Elisabeth Oberleitner von der Landessanitätsdirektion am Montag gegenüber der APA. Es seien auch keine hospitalisierten Fälle oder Intensivpatienten im elektronischen Meldesystem eingetragen. Über Sperren von Schulen oder Kindergärten in Kärnten sei ebenfalls nichts bekannt. " "Es macht auch keinen Sinn, Schulen zu sperren, weil das die Infektionskette nicht unterbricht", sagte Oberleitner.

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