Fütterstörungen bei Babys belasten Eltern

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Wenn Erwachsene keinen Spinat essen wollen, dann tun sie es einfach nicht. Bei Babys und Kleinkindern sieht die Sache schon anders aus: Wird ihr Essverhalten von der Mutter nicht verstanden, treten häufig Fütterprobleme oder -störungen auf, die die Eltern-Kind-Beziehung schwer belasten können, berichtete die Psychologin Maria Höllwarth von der Innsbrucker Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am 27. Ernährungskongress in Wien.

33 Prozent aller Eltern sind im ersten Lebensjahr ihres ansonsten gesunden Kindes mit vorübergehenden Fütterproblemen konfrontiert. In den ersten beiden Lebensjahren kommt es bei bis zu einem Viertel der Kinder zu leichten bzw. mittelschweren Fütterproblemen, die länger andauern.

Bis zu zehn Prozent leiden bereits unter einer Fütterstörung, die fallweise mit einer Gedeihstörung einhergehen kann. Unter einer Fütterstörung versteht man frühkindliche Essprobleme, die von den Eltern über einen längeren Zeitraum - also mehr als ein Monat - als problematisch empfunden werden. Der Terminus ist mittlerweile auch als psychische Störung im Kindes- und Jugendalter bekannt.

Ernährungsumstellung bringt vorübergehende Probleme

Vorübergehende Probleme sind meist bei einer Ernährungsumstellung des Säuglings - etwa beim Abstillen oder bei der Umstellung von Fläschchen auf Löffelkost - zu beobachten. Hat sich das Kind an die neue Methode gewöhnt, ist das Problem meistens gelöst. Halten die Schwierigkeiten aber an, bedeutet dies eine hohe Belastung für Kind und Eltern, erklärte Höllwarth.

Die Gründe sind vielfältig und werden in der Regel laut der Psychologin durch ein Zusammenwirken von somatischen, entwicklungspsychologischen und interaktionellen Faktoren bedingt. Sie sollten stets im Kontext mit der Autonomieentwicklung des Kindes gesehen werden, so Höllwarth.

Häufig sind dabei Missverständnisse zwischen Eltern und Kind ausschlaggebend. Geraten die kindlichen Interessen - etwa den Löffel selbst zu halten - mit dem Interaktionsstil der Eltern zu einem Missverständnis, dann äußern sich Fütterprobleme in dieser Phase oft als Machtkämpfe um Autonomie und Kontrolle. Verweigert also das Kind die Nahrungsaufnahme, übt es Kontrolle über die Eltern aus. Manchmal protestieren Säuglinge, weil sie gefüttert werden, obwohl sie keinen Hunger haben oder weil die Eltern aus Sorge um das Wohl des Kindes zu viel oder unter Druck füttern.

Werden die Abwehr- oder Sättigungssignale des Kindes aber nicht erkannt, äußert das Kind seinen Unmut auf seine Weise. Bei einem vier Monate alten Säugling etwa wurde diese "Abwehr" so massiv, dass er bereits bei Anblick der Flasche schrie und aus Sicht der Mutter nur mehr unter Protest gefüttert werden konnte, erzählte Höllwarth.

Geburtsgewicht beeinflusst Hunger

"Kinder mit einem niedrigen Geburtsgewicht unterliegen einem höheren Risiko Fütterungsstörungen zu entwickeln als solche mit Normalgewicht", sagte die Psychologin. Sie plädiert daher dafür, Eltern nicht unter Druck zu setzen und explizit darauf hinzuweisen, dass ihr Kind wahrscheinlich vom Essverhalten und vom Gewicht her nicht mit dem Nachbarskind mit einem Geburtsgewicht von 3,5 kg mithalten können wird. "Freut sich das normalgewichtige Kind so richtiggehend aufs Essen und reißt sein Mäulchen gierig auf, muss das untergewichtige vielleicht unterhalten werden, um überhaupt etwas zu sich zu nehmen", so die Psychologin. Bei den Eltern führt dieses Verhalten jedoch häufig zu großer Verunsicherung und erzeugt Leidensdruck auf beiden Seiten.

Fütterprobleme oder -störungen werden im Regelfall sehr schnell von den Eltern aus Sorge um das Kind thematisiert, im Regelfall in der Mutterberatungsstelle oder beim Kinderarzt. Kliniken werden erst dann in die Behandlung eingebunden, wenn es der körperliche Zustand des Kindes erfordert oder die Interaktion bzw. Beziehung zwischen Eltern und Kind bereits festgefahren ist. Hilfe bieten in Österreich auch Schreiambulanzen an den Universitätskliniken.

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