Firmen schuldeten Krankenkassen 954,9 Mio. Euro

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Österreichs Unternehmen haben den Gebietskrankenkassen zum Stichtag 31. Dezember 2008 rund 954,9 Mio. Euro geschuldet. Dies geht aus einer Anfragebeantwortung durch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) hervor. Bei etwa 45 Prozent davon oder 435 Mio. Euro handelt es sich um Dienstnehmerbeiträge. Die höchsten Beitragsrückstände musste mit 346 Mio. Euro die Wiener Krankenkasse verzeichnen.

Durchschnittlich 47,8 Prozent der Rückstände (456,2 Mio. Euro) waren insolvenzverhangene Beitragsforderungen. In Kärnten belief sich dieser Anteil sogar auf 68,6 Prozent (28 Mio. Euro von 40,8 Mio. Euro Rückständen). Die Höhe der Beitragsrückstände, die als uneinbringlich abgeschrieben wurden, belief sich im Jahr 2008 auf insgesamt 170 Mio. Euro. Seit dem Jahr 2000 musste über eine Milliarde Euro an Sozialversicherungsbeiträge als uneinbringlich abgeschrieben werden.

Erhoben wurde auch die Zahl der Anzeigen wegen Verstößen gegen die Vorschriften über die Einbehaltung und Einzahlung der Beiträge eines Dienstnehmers durch den Dienstgeber. So wurden im Vorjahr in Wien 690 Fälle angezeigt, jeweils rund 100 in der Steiermark, in Kärnten und in Salzburg. Seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse wurden 51 Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt und in Tirol waren es 199 Anzeigen. Im Burgenland sowie in Vorarlberg wurden je drei Strafanzeigen erstattet und in Niederösterreich waren es sieben.

Die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge beliefen sich im Jahr 2008 in Wien etwa auf 44,1 Mio. Euro, in Niederösterreich auf 26,8 Mio. Euro. Den niedrigsten Wert verzeichneten das Burgenland und Vorarlberg mit rund 5,7 Mio. Euro.

Hundstorfer könnte sich höhere Mahngebühren oder Verrechnungsgebühren vorstellen, die durch eine Verzögerung entstehen. Er werde dies den Sozialpartnern zur Diskussion vorschlagen, hieß es in der Anfragebeantwortung. Außerdem verwies er auf einen Entwurf des Justizministeriums für ein Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2009. Damit würde eine gesetzliche Klarstellung dahingehend geschaffen, dass geleistete Sozialversicherungsbeiträge künftig anfechtungssicher gestaltet werden.

SPÖ und Ärzte kritisieren Wirtschaft

SPÖ und Ärztekammer kritisieren die Wirtschaft wegen der mit Jahresbeginn angehäuften Schulden der Unternehmen bei den Krankenkassen in der Höhe von 955 Millionen Euro. Für Ärztekammerpräsident Walter Dorner ist es "schlicht und einfach inakzeptabel", dass die Krankenkassen fortlaufend versicherungsfremde Leistungen zu erbringen hätten und auf der anderen Seite Firmen ihren sozialrechtlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkämen und so das Defizit der Krankenkassen erst ermöglichten. SPÖ-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser sprach von einem "unhaltbaren Zustand".

Dorner findet es bezeichnend, dass gerade von der Wirtschaft ein ständiger Kostendruck auf die Sozialversicherung komme und diese aber gleichzeitig den eigenen finanziellen Verpflichtungen in keinster Weise nachkomme. Statt einen ständigen "Ökonomiewahn" in der Medizin auszuleben, sollten sich die Wirtschaftskammer und die ihr nahestehenden Verbände vielmehr darum kümmern, dass die von ihnen vertretenen Firmen ihren Schuldenberg gegenüber der sozialen Krankenversicherung raschest abbauen, forderte der Ärztekammer-Chef. Positiv bewertet er die vom Sozialministerium vorgeschlagenen höheren Mahn- oder Verrechnungsgebühren. Zudem erwartet sich Dorner auch ein Machtwort des Bundeskanzlers, da die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems wohl Chefsache sei.

Oberhauser bezeichnete es als "nicht akzeptabel, dass die Unternehmen mit ihren Rückständen das gesamte Sozialsystem in Gefahr bringen". "Die Bundesregierung tut alles, um Österreichs Gesundheitssystem abzusichern. Auch Österreichs Unternehmen haben ihrer Verpflichtung nachzukommen und die von den ArbeitnehmerInnen bereits bezahlten Beiträge an das Solidarsystem abzuliefern", forderte die SPÖ-Gesundheitssprecherin. Sie unterstützt auch die Überlegungen von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S), im Insolvenzrechtsänderungsgesetz eine gesetzliche Klarstellung zu treffen, dass geleistete Sozialversicherungsbeiträge künftig anfechtungssicher sind. Auch höhere Mahn- und Verrechungsgebühren für säumige Unternehmer befürwortet Oberhauser.

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