Chronischer Schmerz betrifft 1,5 Mio. Menschen

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Beim 14. Internationalen Wiener Schmerzsymposiums am Wochenende sollen einige Neuerungen vorgestellt werden. Dazu zählen etwa Morphine mit integriertem Schutz vor typischen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen sowie Opioide, die ultraschnell wirken und auch in der Behandlung akut auftretender Durchbruchschmerzen bei Tumorpatienten helfen.

Schmerzpatienten erleben die Therapie oft als mühsam und mit zahlreichen Nebenwirkungen behaftet. "80 Prozent der Patienten mit chronischen Schmerzen und Opioid-Therapie leiden an Verstopfung. Übelkeit und Erbrechen sind bei den meisten betroffenen Patienten ein Problem der Einstiegsphase in den ersten Wochen der Therapie. Das sind etwa 40 Prozent der Patienten. Juckreiz und Sedierung sind oft ebenfalls ein Anfangsproblem. Daran leiden 17 bis 20 Prozent der Behandelten", sagte Organisator Hans Georg Kress (MedUni-Wien/AKH) bei einer Pressekonferenz im Vorfeld.

Übelkeit und Erbrechen können gerade bei Schwerkranken mit an sich schon verringertem Appetit zu einer weiteren Restriktion in der Ernährung und somit zu zusätzlicher Schwäche führen. Starke Sedierung kann den Wiedereinstieg in das normale Leben verhindern - oder die Patienten kommen gar nicht auf die Analgetika-Dosis, die sie eigentlich benötigen würden.

Hier könnte es durch Neuentwicklungen zu wesentlichen Verbesserungen kommen: In Europa in Zulassung begriffen ist die Substanz Tapentadol - und zwar in sofort wirksamer und in verzögert wirksamer Form. Der Vorstand der Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerztherapie am Wiener AKH: "Tapentadol ist ein stark wirksames Opioid und kombiniert damit auch die Wirkung eines Noradrenalin-Reuptake-Hemmers, wie man sie in der Behandlung von Depressionen und neuropathischen Schmerzen einsetzt." Das Ergebnis laut den klinischen Studien: Ein Schmerzmittel, das genauso hoch wirksam wie das seit langem eingesetzte Opioid Oxycodon ist und gleichzeitig bei bis zu 70 Prozent weniger Patienten Übelkeit etc. hervorruft.

1,5 Mio. leiden an chronischen Schmerzzuständen

Das kann für viele Betroffene ausgesprochen vorteilhaft sein. Kress: "Aus einer repräsentativen, rezenten Meinungsumfrage der Österreichischen Schmerzgesellschaft wissen wir, dass 'heute' 1,5 Mio. Österreicher über 16 an chronischen Schmerzen leiden." Jene mit den heftigsten Beschwerden - auch Tumorpatienten - sind aber besonders auf Opioide angewiesen. Die besonders häufige Nebenwirkung der Verstopfung bei mit Opioiden behandelten Patienten will man mit zwei Gegenstrategien abmildern: Einerseits gibt es eine Kombination des Schmerzmittels Oxycodon mit dem Opioid-Gegenspieler Naloxon, der den Effekt des Analgetikums auf den Darm (Lähmung) verhindert, andererseits kann mit Methylnaltrexon nachträglich eine Darmträgheit bzw. -Lähmung durch solche Schmerzmittel aufgehoben werden.

Speziell für Tumorpatienten, die öfter an Durchbruchschmerz-Episoden leiden - sollen sich ultraschnell wirksame Fentanyl-Applikationen als segensreich erweisen. Die Aufnahme des Wirkstoffes über die Mundschleimhaut (sich auflösende Tablette) oder gar per Nasenspray verursacht eine schnellere Wirkung. Der Experte: "Mit dem Nasenspray ließen sich 25 Prozent dieser Schmerzepisoden schon nach fünf Minuten relevant bessern." Bisher verwendete Mittel, deren Wirkung frühestens nach 30 bis 40 Minuten einsetzte, kamen bei den Durchbruchschmerzen von Tumorpatienten, die zumeist eine bis eineinhalb Stunden dauern, zu spät.

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