Chronische Krankheiten zu 80 Prozent verhütbar

03.09.2009

Durch mehr Bewegung, gesündere Ernährung und einen maßvolleren Umgang mit Genussmitteln wie Zigaretten ließe sich ein Gutteil der chronischen Erkrankungen verhindern. Auf diesen Standpunkt stellte sich der US-Sozialmediziner David Katz im Gespräch mit der APA. "Wir sollten nicht warten, dass sich die Welt verändert. Wir müssen jetzt auf der Basis unseres aktuellen Wissens aktiv werden", sagte Katz (Yale University/New Haven) am Rande der Alpbacher Gesundheitsgespräche (bis 5. September).

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Katz ist am Donnerstag (3. September) zu Beginn der Veranstaltung unter dem Generalthema "Veränderung als Chance?", Hauptredner in Sachen "Positiv denken - das Krisenrezept?" Längst ist laut dem Experten bekannt, wie man die Belastungen, die dem Einzelnen und der Gesellschaft durch Krankheiten in den westlichen Industriestaaten entstehen, verhindern könnte.

Der Sozialmediziner: "In den vergangenen 15 Jahren hat es ein ständiges Trommeln an höchst qualifizierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen gegeben, die darauf hinweisen, dass die Gesundheit zu einem überwältigenden Maß durch das Verhalten bestimmt wird. Diese Verhaltensmuster werden durch die 'großen Drei' dominiert: Tabakkonsum, körperliche Aktivität und Ernährung."

Umgekehrt, so Katz: "Dadurch, dass wir also unsere Füße, die Gabel und unsere Finger gut gebrauchen, können wir einen verfrühten Tod und alle wichtigen chronischen Erkrankungen zu 80 Prozent verhindern. Die neuesten Forschungen zeigen, dass das unseren Körper bis ins Innerste beeinflusst. Ein gesundheitsbewusstes Verhalten verändert die Abläufe in unserem Körper, indem es sogar die Funktion unserer Gene beeinflusst."

Was notwendig wäre: Programme, die ein gesundheitsbewusstes Verhalten als Norm in jeder Lebenslage etablieren. Der Sozialmediziner: "Das wäre ganz dringend. Dann könnten wir auch zu einem positiven Denken kommen."

Ein besonderes Problem - so der US-Experte - hat sich in der jüngeren Vergangenheit bei den Kindern entwickelt: "Fettsucht in der Kindheit ist im größten Teil der Welt außer Kontrolle geraten. In den Industriestaaten hat sich die Häufigkeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten verdreifacht. Wenn die gegenwärtigen Trends anhalten, werden mehr und mehr chronische Krankheiten, die bisher typischerweise erst in der Lebensmitte aufgetreten sind, zu 'Kinderkrankheiten' werden. Eine Entwicklung in diese Richtung gibt es bereits."

Herzinfarkt mit 18 Jahren

"Wenn der Trend so anhält, wird im Jahr 2048 jeder erwachsene US-Bürger entweder übergewichtig oder fettsüchtig sein. Um's Eck' lauert ein Szenario, in dem 17- und 18-Jährige in die Notfallklinik mit instabiler Angina pectoris oder einem Herzinfarkt kommen", warnte Katz im Eröffnungsvortrag der Alpbacher Gesundheitsgespräche (bis 5. September).

Noch seien Europa und Österreich hier hintennach, doch es wäre auch in Europa eine ähnliche Entwicklung absehbar. Katz: "Wir haben jetzt jahrzehntelang eine sinkende Mortalität durch koronare Herzerkrankungen gehabt. Doch die Situation könnte sich umkehren. Die Herzkrankheiten werden genauso zu 'Jugenderkrankungen' werden wie Krebs."

Mangelnde Bewegung, falsche Ernährungsgewohnheiten und Tabakkonsum würden hier die Hauptrolle spielen, erklärte der US-Experte am ersten Tag der Alpbacher Gesundheitsgespräche unter dem Motto "Veränderung als Chance?"

Anzusetzen wäre vor allem bei den Kindern. Katz: "Laut unserer Definition sind in den USA 20 Prozent der Kinder übergewichtig oder fettsüchtig. Doch es sind wahrscheinlich 50 Prozent. Die Rate bei den Erwachsenen beträgt bereits bis zu 65 Prozent."

Das alles in einem Gesundheitssystem, das selbst in allen westlichen Industriestaaten und reichen Ländern unter den finanziellen Aufwendungen "ächzt". Der Wissenschafter: "Auf diese Weise leben wir schlecht und wir zahlen auch zuviel. Wir verwenden in den USA viel mehr Geld für die Gesundheit. Aber wir bekommen nicht mehr Gesundheit heraus." Und in Europa bzw. in Österreich sei die durchschnittliche Lebenserwartung höher als in den USA - bei dort getätigten höheren Aufwendungen für das Gesundheitssystem.

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