Neue Studie

Haben Sie das Manie-Gen in sich?

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Auslöser der bipolaren Störung in den euphorischen Phasen jetzt entdeckt.

Ein bestimmtes Gen löst bipolare Störungen aus, haben Forscher der Universität Bonn und das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim herausgefunden. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Bei Menschen mit einer bipolaren Störung wechseln sich depressive und manische Episoden ab.

Das ist die bipolare Störung im Überblick: 1/4
Menschen mit einer bipolaren Störung durchlaufen eine Achterbahn der Gefühle.

Anhand von Patientendaten und Tiermodellen konnte jetzt entschlüsselt werden, wie das Gen NCAN zu manischen Symptomen bei der psychischen Krankheit führt. Die Ergebnisse sind jetzt in der aktuellen Ausgabe des The American Journal of Psychiatry veröffentlicht worden.

Gen NCAN ist schuld
"Von dem Gen NCAN ist bekannt, dass es wesentlich an der bipolaren Störung beteiligt ist“, berichtet Prof. Dr. Markus M. Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Bonn. "Allerdings war bisher der funktionelle Zusammenhang unklar.“ Wissenschaftler unter Federführung der Universität Bonn und des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim haben nun in einer groß angelegten Studie gezeigt, auf welche Weise das NCAN-Gen an der Entwicklung der Manie beteiligt ist.

Die Forscher werteten hierfür die genetischen Daten und die dazugehörigen Symptombeschreibungen von 1218 Patienten aus, bei denen die manischen und depressiven Anteile der bipolaren Störung unterschiedlich ausgeprägt sind.

Manische Mäuse trinken hemmungslos Zuckerlösung
Ein Team um Prof. Dr. Andreas Zimmer, Leiter des Instituts für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn, erforschte die durch das NCAN-Gen bewirkten molekularen Ursachen. Die Forscher untersuchten Knockout-Mäuse, bei denen das Gen ausgeschaltet war.

"Es hat sich gezeigt, dass diese Tiere keine depressiven Verhaltensanteile zeigen, sondern manische Symptome“, sagt Prof. Zimmer. Die Knockout-Mäuse waren zum Beispiel wesentlich aktiver als die Kontrollgruppe und zeigten eine höhere Bereitschaft, Risiken einzugehen. Außerdem neigten sie zu einem gesteigerten Belohnungsverhalten, was sich etwa im maßlosen Genuss einer Zuckerlösung zeigte, die die Forscher den Tieren anboten.

Lithium-Therapie gegen die Hyperaktivität
Anschließend verabreichten die Wissenschaftler den manischen Knockout-Mäusen Lithium - eine Standardtherapie bei Menschen. „Die Lithium-Gabe unterband vollständig die Hyperaktivität der Tiere“, berichtet Prof. Zimmer. Die Ergebnisse zeigen auch beim Lithium, dass die Reaktionen von Mensch und Maus das NCAN-Gen betreffend praktisch identisch sind. Von vorhergehenden Untersuchungen ist bekannt, dass es zu einer Entwicklungsstörung im Gehirn kommt, wenn das NCAN-Gen ausgeschaltet und dadurch die Bildung des Proteins „Neurocan“ unterbunden wird. „Als Konsequenz dieser molekularen Störung prägt sich später offenbar die manische Symptomatik bei den Betroffenen aus“, sagt Prof. Zimmer.

Chance für neue Therapien
Die Wissenschaftler wollen nun die molekularen Zusammenhänge dieser Störung weiter untersuchen - auch mit Blick auf neue Therapien. „Wir waren doch überrascht, wie stark die Befunde bei den Mäusen und den Patienten übereinstimmen“, sagt Prof. Nöthen „Das ist in dieser Deutlichkeit sonst nur selten der Fall.“ Aus dieser Übereinstimmung der Befunde ergibt sich nun mit Blick auf die Manie die Chance, am Mausmodell weitere molekulare Studien zu betreiben, deren Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf den Menschen übertragbar sein werden. „Das ist eine hervorragende Voraussetzung dafür, die Entwicklung neuer Medikamente zur Therapie der Manie voranzutreiben“, ist Prof. Rietschel überzeugt.

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