Tödliches Phänomen

Sekundenschlaf wird unterschätzt

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Bis zu 400.000 Österreicher leiden an Schlafapnoe - viele wissen es aber nicht.

Sekundenschlaf zählt nicht nur in Österreich, sondern im ganzen EU-Raum zu den häufigsten Unfallursachen. Am Nachmittag und in den späteren Nachtstunden ist das Risiko besonders hoch. Ein weiterer Grund ist eine sehr unterschätzte Krankheit, die Schlafapnoe. Allein hierzulande leiden bis zu 400.000 Menschen unter den klassischen Atemaussetzern im Schlaf.

Schlafapnoe
Im wahrsten Sinne aufrütteln wollten am Donnerstagnachmittag Vertreter der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (ÖGSM), des ARBÖ sowie des AKH Wien und des Innenministeriums (BMI). Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde diskutiert, wie man der Problematik erfolgreich begegnen könnte. Denn: Nebst der Tatsache, dass viele von ihrer Krankheit gar nichts wissen, ist etwa eine diagnostizierte Schlafapnoe vom Arzt nicht meldepflichtig.

Tödliche Unfälle
Auch wenn die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle in Österreich von 2001 bis 2010 um 42 Prozent zurückgegangen ist (und auch seither weiterhin reduziert werden konnte), scheint die Gefahr von Sekundenschlaf von vielen Autofahrern unterschätzt zu werden. Dabei sind in der EU bis zu 15 Prozent aller Unfälle müdigkeitsbedingt. Laut Professor Gerhard Klösch vom AKH müsse man die Eigenverantwortlichkeit in den Vordergrund stellen.

Müdigkeit hinter dem Steuer
Autofahren trotz Müdigkeit ist, das haben Umfragen eindrucksvoll bewiesen, für viele Lenker kein Problem. Und das habe laut Klösch nichts mit jugendlichem Leichtsinn zu tun. Die größte Risikogruppe ist gut gebildet, um die 30 Jahre alt und viel mit dem Pkw unterwegs. Schlafpausen sind für die meisten allerdings kein Thema. Vorher wird lieber das Fenster geöffnet, mit dem Beifahrer geredet, Musik aufgedreht oder selbst gesungen.

"Man muss fit sein"
Klösch: "Frische Luft nützt überhaupt nichts. Detto Radio hören, detto reden. Im Gegenteil: All das lenkt nur ab." "Ich gestehe: Es ist mir auch schon passiert", sagte ARBÖ-Generalsekretärin Lydia Ninz. Mehr Verständnis für Übermüdung, die auf die leichte Schulter genommen wird, hat sie deswegen aber nicht. "Man muss fit sein, man muss geistig und körperlich in der Lage sein, das Auto zu beherrschen."

Die Folgen sind vielfältig - und allesamt unerfreulich. Von Geldstrafen über Versicherungen, die bei Unfällen nicht zahlen, bis hin zur Gefährdung nicht nur des eigenen Lebens, sondern auch das anderer. Was die Schlafapnoe betrifft, betonte BMI-Chefarzt Reinhard Mörz: "Wir können die Krankheit wunderbar behandeln." Menschen, die bereits therapiert würden, wären im Straßenverkehr überhaupt keine Gefahr.

Kritik übte Mörz allerdings an der "Infrastruktur": "Wir haben in Österreich immer noch viel zu wenig Schlaflabore." Positive Signale kommen hingegen von der EU-Kommission. Experten haben nämlich schon angeraten, die Schlafapnoe als eigenständige Krankheit in der Gesundheitsverordnung festzuschreiben.
 

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