Ruediger Dahlke

"Fleisch und Milch machen uns krank"

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Welches Essen Körper und Seele heilt. Neuer Trend: Peace Food?

Mit diesen Ratschlägen sind wir groß geworden: Man soll viel Milch trinken und Käse essen. Damit stärken wir unsere Knochen und beugen Osteoporose vor.

Aufreger
„Nichts könnte falscher sein! Das genaue Gegenteil ist wahr: Nur wenig schadet unseren Knochen so sehr wie Milch und Milchprodukte“, behauptet nun der bekannte deutsche Arzt und Psychotherapeut Ruediger Dahlke. In seinem top-aktuellen Ratgeber Peace Food (erschienen bei Gräfe und Unzer) plädiert der Ganzheitsmediziner für eine „Ernährung des Friedens“, was der sogenannten veganen Ernährungsweise gleichkommt. Das heißt, man verzichtet auf alle tierischen Produkte wie Fleisch, Milch, Käse, Joghurt, Eier oder Fisch. Dahlke behauptet: „Dadurch können Körper und Seele geheilt werden.“

© oe24

Ruediger Dahlke: Peace Food. Wie der Verzicht auf Fleisch und Milch Körper und Seele heilt. Gräfe und Unzer, um 19,90 Euro.

 

Milch ist gefährlich
Seine gewagten Thesen untermauert der Mediziner mit modernen Langzeitstudien, allen voran der bahnbrechenden „China Study“: „In Ländern mit minimalem Milchkonsum wie Nigeria ist Osteoporose praktisch unbekannt, in jenen mit höchstem Milchkonsum wie Finnland aber eine Volksseuche. Milch ist zwar calciumreich, entzieht dem Organismus aber unter dem Strich deutlich mehr Calcium als sie ihm bringt. Sie ist geradezu ein Feind der Knochen.“

Und das sei noch nicht alles: „Milch fördert nachweislich Herzerkrankungen und auch Krebs nimmt mit steigendem Milchkonsum deutlich zu“, so der Ganzheitsmediziner. Auch Fleisch fördere Herzerkrankungen, Krebs oder Immunprobleme. Ruediger Dahlkes Fazit lautet daher: „Veganer leben gesünder, sind kreativer und vitaler.“

Kontra
Bei vielen Ernährungsexperten stoßen Dahlkes Behauptungen freilich auf Widerstand: „Richtig ist, dass zu viel Eiweiß zu einer Übersäuerung des Körpers führt und um Säuren abzupuffern, braucht man Calcium“, erklären etwa die Wiener Ernährungswissenschafterinnen Ursula und Julia Pabst (siehe Kasten hinten). Aber man dürfe die Causa nicht isoliert betrachten: „Isst man wenig Säurebildner wie Fleisch und Zucker, dafür aber viel basisches Gemüse, dann ist Milch sicher kein Calciumräuber, weil insgesamt das Gleichgewicht stimmt.“ Und wer sich gesund vegan ernähren will, müsste sich schon sehr intensiv mit Ernährung beschäftigen: „Ohne Nahrungsergänzung riskieren Veganer Mangelerscheinungen“, so Ursula und Julia Pabst.

Health Talk
„Ich lebe seit 40 Jahren vegetarisch und seit fast zwei Jahren vegan. Tatsache ist: Es geht mir besser denn je“, argumentiert wiederum Medizin-Querdenker Ruediger Dahlke. Wir baten ihn zum ausführlichen Interview über das aktuelle Thema:

Mit Ihrem neuen Buch lehnen Sie sich weit hinaus. Wie reagiert denn die Fleisch- und Milchlobby darauf?
Ruediger Dahlke: Angriffe auf meine Thesen bin ich ja schon gewohnt: Ob Pharma- oder Lebensmittelindustrie macht dann wohl nicht den großen Unterschied. Bisher hab ich aber vor allem viel Zustimmung erfahren. Und ein paar ganz wütende Reaktionen, die wohl von Bauern kamen, die Peace Food missverstanden hatten. Denn auch für Bauern liegt in diesem Ansatz ja die Chance, ihre Würde zurückzugewinnen, statt immer mehr in Tier-Fabrik-Arbeit abzugleiten. Sie könnten etwa gesunde Pflanzen pflanzen oder Energie produzieren.

Aber es gibt doch auch Studien, die zeigen, dass Milchprodukte vor Osteoporose schützen…
Dahlke: Das ist wie vor ein paar Jahren mit den Hormonen. Da hatte die Pharma-Industrie auch jede Menge kleine Studien mit geringen Teilnehmer-Zahlen, die besagten, Hormone im Wechsel verhinderten Herz­infarkte und seien überhaupt nicht schädlich. Dann kamen die beiden großen unabhängigen Studien mit je über einer Million Teilnehmerinnen, die zeigten: Hormongaben erhöhen sogar das Herzinfarkt- und ganz besonders das Brustkrebsrisiko. Heute sind die Hormone so gut wie vom Tisch – wie es hoffentlich bald auch Fleisch und Milchprodukte sein werden. Denn jetzt haben wir bei der Ernährung eine analoge Situation: Die Untersuchungen der großen China Study lassen keinen Zweifel mehr daran, dass Fleisch und Milchprodukte Herzprobleme, Krebs und so ziemlich alle Zivilisationskrankheiten fördern.

Soll man Ihrer Meinung nach wirklich auch auf Fisch und Eier verzichten?
Dahlke: Ja, alles Tierprotein ist gefährlich. Bei Fischen kommt noch hinzu, dass die in der Nahrungskette ganz hinten stehen und so noch mehr Umweltgifte und Radioaktivität speichern. Bei den Fabrikeiern ist an die unsäglichen Produktionsbedingungen zu denken, die denen von Fleisch an Brutalität nicht nachstehen. Sobald wir aufhören, die Angst- und Stresshormone der Schlachttiere zu essen, werden wir große Erleichterung verspüren. Wer sich auf vegane Ernährung umstellt, muss auf nichts verzichten und kann obendrein ohne schlechtes Gewissen leben. Tipp: Das Buch „Peace Food“ enthält 30 vegane Genussrezepte, zwei davon finden Sie im Kasten rechts.

Man hört immer wieder, dass Veganer Mangelerscheinungen aufweisen…
Dahlke:
Das hört man, ist aber Quatsch, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Die indische Kultur lebt seit Jahrtausenden vegetarisch. Jetzt lebe ich seit fast zwei Jahren vegan und es geht mir besser denn je. Ich kenne viele vegan Lebende und jede Menge Vegetarier, die eher überdurchschnittlich gesund und fit sind. Das zeigen übrigens auch viele Studien. Wir müssen uns im Gegenteil um die Allesesser sorgen: Die haben oft Figurprobleme und Vitaminmangel.

Sollten sich auch schon Kinder vegan ernähren?
Dahlke:
Kindern würde ich geben, was sie wollen, sie allerdings auch darüber informieren. Für Kinder, die ja noch im Wachsen sind, ist Milch übrigens nicht so schädlich wie für Erwachsene.

Und was ist mit Muttermilch? Die kann doch gar nicht schädlich sein!
Dahlke:
Stimmt: Muttermilch ist die ideale Ernährung der ersten Zeit und Mütter würden mit Gewinn sogar länger stillen. Alle Milch ist natürlich Muttermilch – aber gesund ist nur die der eigenen Art. Also Kuhmilch ist auch ideal, aber eben nur für Kälber.

Rezepte für die Seele: Veganes Peace Food
Gemüsecurry

Zutaten für 4 Personen: 750 g gemischtes grünes Gemüse (wie Kohl, Karfiol, Pak-Choi, Brokkoli, grüne Bohnen), 4 Tomaten, 1 kleine grüne Chilischote, 1 Stück frischer Ingwer, 50 ml Olivenöl, 1 TL Senfkörner. 1 Handvoll frische Curryblätter oder ½ TL grüne Currypaste, 1 Dose Kokosmilch (400 ml), 1 ½ TL Chilipulver, Salz, frisches Koriandergrün

Zubereitung: Gemüse waschen und klein schneiden. Chilischote hacken, Ingwer fein reiben. In großem Topf das Olivenöl erhitzen, Senfkörner einstreuen und warten, bis sie platzen. Chili, Curryblätter oder Paste und Ingwer zugeben und anbraten, dabei rühren. Gemüse dazugeben, 4 Minuten andünsten und mit Kokosmilch aufgießen. Köcheln lassen, bis Gemüse bissfest ist. Mit Chilipulver und Salz abschmecken und mit frischem Koriandergrün bestreut servieren. Dazu passt Basmatireis.
Zubereitungszeit: etwa 30 Minuten

Feigenmilch
Zutaten für 2 Personen: 1/8 l Kokosmilch, 1/8 l Mandeldrink, 2 getrocknete Bio-Feigen, 1 TL Agavendicksaft oder Ahornsirup, je 1 Prise Zimt und Kardamom

Zubereitung: Kokosmilch und Mandeldrink zusammen erwärmen. Die Feigen sehr klein schneiden und mit dem Agaven­dicksaft oder Sirup und den Gewürzen in die Milch rühren. Mit dem Stabmixer aufmixen.
Zubereitungszeit: etwa 10 Minuten

CONTRA
Ernährungs-Profis Ursula und Julia Pabst warnen: "Vegan ist problematisch"

„Wenn man sich gesund vegan ernähren möchte, muss man sich schon sehr intensiv mit Ernährung beschäftigen. Problematisch kann es vor allem mit Vitamin B12 werden, das in verwertbarer Form eben nur in tierischen Produkten wie Milch oder Fleisch enthalten ist. Ohne Nahrungsergänzung riskieren langjährige Veganer unter anderem Blutarmut und Nervenprobleme. Keinesfalls sollten sich Kinder oder Schwangere vegan ernähren!“

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