Krokodile zu Handtaschen

Exotenleder: Die Wahrheit hinter dem Millionengeschäft

22.03.2021

Luxuskonzerne kaufen Krokodilfarmen in Australien zur Produktion von teurem Leder. 

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© Getty Images
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In einem abgelegenen Gebiet im Norden Australiens versteckt sich die Krokodilfarm des Luxusgüterherstellers LVMH - in der Regensaison von November bis März zugänglich nur per Hubschrauber. Hier in Coolibah im Northern Territory lässt der französische Konzern Krokodile einer Rasse züchten, die sich wegen ihrer kleinen Schuppen ideal zur Herstellung von Leder-Handtaschen eignet. In den vergangenen zehn Jahren waren LVMH und auch Hermès zur Sicherung des Nachschubs bei ständig steigender Nachfrage auf Einkaufstour in Australien. Inzwischen gehört den beiden französischen Unternehmen die Mehrheit der Krokodilfarmen in dem Land.

In der Legezeit der Reptilien herrscht Hochbetrieb auf der Farm: Rund 4.000 Krokodil-Eier werden in der Umgebung jedes Jahr gesammelt und nach Coolibah gebracht, wo sie bis zum Schlüpfen in Inkubatoren bleiben. In einem Raum mit konstant 33 Grad Celsius lagern Kisten voller Krokodileier in Regalen. "Sie sind sehr temperaturempfindlich", erklärt Betriebsleiter Ben Hindle. "Zu Beginn der Inkubation kann man dadurch das Geschlecht ermitteln. Wir wollen Männchen, weil sie schneller wachsen." Als er die Kisten inspiziert, entdeckt er einige frisch geschlüpfte Krokodilbabys, die immer wieder kleine Schreie ausstoßen: "Damit rufen sie ihre Brüder, aus den Eiern zu kommen, so dass alle gleichzeitig schlüpfen." Nach dem Schlüpfen werden die kleinen Krokodile in Brutanlagen gebracht. In den geschlossenen, teilweise mit Wasser gefüllten Tanks bleiben sie in Gruppen von 30 bis 40 Tieren für rund neun Monate und werden sechs Mal wöchentlich mit gehacktem Känguru-Fleisch gefüttert.

Zucht für Luxustaschen

Hindle fängt ein Krokodilbaby ein, um seinen Bauch zu inspizieren. "Der Bauchnabel ist gut verheilt, die Schuppenbildung hat begonnen", erklärt er zufrieden. Dieser Teil des Tierkörpers wird für die Lederwaren verwendet. Und dafür gebe es kein besseres Material als das Leistenkrokodil: "Ihre Bauchhaut enthält keine Knochen und besteht aus sehr kleinen Schuppen, ein sehr feminines Muster, besonders begehrt für die Herstellung von Handtaschen." Das dritte und letzte Jahr ihres Lebens verbringen die Reptilien in Gitter-Einzelgehegen, um zu verhindern, dass ihre Haut Spuren von Bissen oder Kratzern davonträgt. Am Ende werden sie wie Rinder mit einem Bolzenschuss getötet. Die Häute werden anschließend nach Singapur geschickt in eine Gerberei, die LVMH 2011 erwarb, um alle Marken des Konzerns mit Leder zu versorgen.

Kritik von Tierschützern - Chanel verzichtet mittlerweile

Trotz stetig wachsender Nachfrage gerät die Verwendung exotischer Leder in der Luxusindustrie jedoch immer mehr in die Kritik. Erst neulich demonstrierten drei Aktivistinnen der Tierschutzorganisation Peta, nur mit Bikinis und Krokodilmasken bekleidet, vor der Hermès-Boutique im Zentrum Sydneys. "Für jede Tasche, jeden Schuh oder Gürtel aus Krokodilleder wird ein sehr intelligentes und sensibles Tier in Gefangenschaft gehalten, einem schrecklichen Leben und vielfachem Leiden ausgesetzt, bevor es getötet wird", sagt die Aktivistin Aleesha Jones. Große Marken wie Chanel verzichten inzwischen auf exotische Leder. Alexandre Capelli von der Umwelt-Abteilung von LVMH erklärt hingegen, der Konzern lasse seinen "Marken die Freiheit, diese Materialien zu verwenden, und den Kunden die Freiheit, sie zu kaufen".

(Von Grégory Plesse/AFP) 

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