Neue Netflix-Doku

Backstage bei Karl Lagerfeld

Teilen

Eine neue Netflix-­Doku lässt tief hinter Karl ­Lagerfelds mondäne Chanel-Kulissen blicken. In „7 Days Out“ kommt man dem Modezaren und seinen Haute-Couture-Visionen nah wie noch nie.

Haute Couture ist das modische Maß aller Dinge. Wochenlang wird an den maßgeschneiderten Kreationen händisch ge­arbeitet, die nur von einem kleinen Kreis betuchter Kundinnen weltweit gekauft und oftmals eher als Kunstwerke betrachtet bzw. in Ausstellungen oder Museen gezeigt werden. Bei solch beeindruckender Mode darf auch der Präsentationsrahmen nicht enttäuschen, weshalb zum Beispiel Karl Lagerfeld zwei Mal im Jahr ganze Lebenswelten für seine Defilees bauen lässt. Zuletzt zeigte er im Metro­politan Museum of Art einen ägyptischen Tempel, im Sommer schuf er einen Strand, an dem seine Models, umspült von künstlichem Wellengang, in Tweed-Kostümen entlangliefen.

 

Reportage

Für eine Episode der neuen Netflix-Dokumentationsreihe „7 Days Out“, die gerade veröffentlicht wurde, ließ der Modezar ausnahmsweise nun hinter die imposanten Kulissen blicken. Als Regisseur fungiert Andrew Rossi, der auch schon die Doku „The First Monday in May“ über die legendäre Met-Gala verantwortet hat. Eine Woche lang begleiteten der Filmemacher Lagerfeld und sein Team, genauer in den letzten Tagen vor der Haute Couture Show Spring/Summer 2018. Stress pur also, immerhin mussten nicht nur 68 handgearbeitete Looks finalisiert, sondern auch die Location musste vorbereitet werden. Fashion-Fans werden sich erinnern: Für die SS18-Show wurde das Grand Palais in Paris zu einer palastartigen französischen Gartenanlage – in­klusive imposanter Springbrunnen im Look des 18. Jahrhunderts.

Werdegang

Auch wenn seine Genialität heute außer Frage steht, kam der Sohn ­eines Dosenmilchfabrikanten aus Hamburg eher unfreiwillig zur Mode. Eigentlich habe er Klavierspielen wollen, erzählt Lagerfeld selbst nach Angaben von Mit­arbeitern. Eines Tages habe ihm seine Mutter aber den Klavierdeckel über den Fingern zugeschlagen und gesagt, er solle lieber zeichnen, das mache „weniger Lärm“. Sein Vater hatte mit der Kondensmilch Glücksklee ein Vermögen gemacht. So verbrachte Lagerfeld auf Gut Bissenmoor bei Bad Bramstedt in Schleswig-Holstein eine unbeschwerte Kindheit und Jugend. Da die Provinz nicht das Richtige für ihn war, schickte ihn seine Mutter nach Paris auf die Schule. Dort bekam Lagerfeld mit seinem Zeichen­talent in den 50er-Jahren eine erste Anstellung beim Couturier Pierre Balmain. Anfang der 60er-Jahre wurde er künstlerischer Leiter bei Chloé, zwanzig Jahre später nahm ihn das Traditionshaus Chanel unter Vertrag. Das Wort Inspiration ist für den Exzentriker „fast immer ein Passwort für Faulheit“. Einfach auf eine gute Idee warten, so gehe es eben nicht. „Inspiration kommt beim Arbeiten wie der Appetit beim Essen.“

Ennui

 
2010 schuf sich der in der Branche „Kaiser Karl“ genannte Lagerfeld neben der Haute Couture mit der Massenfertigung ein zweites Standbein. Nebenbei ­arbeitete er für das italienische Traditionshaus Fendi und für seine eigene Marke, Karl Lagerfeld, die später in den Besitz ­britischer Investoren überging. Er könne nichts wertschätzen, was vorbei sei, sagte Lagerfeld einmal. „Ich interessiere mich nur für das, was ich gerade tue, was ich tun werde.“ Und dabei kann es ihm nicht oberflächlich genug zugehen. „Ich mag nur das Oberflächliche, das Leichte.“ Mit Leuten wie sich selbst wolle er gar nichts zu tun haben, „das langweilt mich zu Tode“, sagt der Mode-Macher von sich. Wir sind uns sicher: Die Doku-Quoten werden trotzdem überzeugen.  
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.