Im Interview

Armani: ,Ich strebe nach Unsterblichkeit‘

08.09.2009

Vor 34 Jahren entwarf Giorgio Armani die ersten Modelle unter seinem Namen. Heute regiert er ein milliardenschweres Lifestyle-Imperium.

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Das Interview über seine Zukunft, ewiges Leben und wahren Luxus.

Die Unsterblichkeit – das Streben nach ewigem Leben“, unaufhörlich umkreisen seine Gedanken diesen größten Wunschtraum der Menschheit, lassen Giorgio Armani einfach nicht zur Ruhe kommen „Dieser Gedanke ist die Bürde meines Lebens“, sagt Armani, der am 11.Juli seinen 75. Geburtstag feierte. „Mit einer nie da gewesenen Intensität konzentriere ich all meine Fähigkeiten, um so hart zu arbeiten, wie noch nie, um den Menschen das Gefühl zu geben, ich sei unsterblich.“

Armani steht seit 34 Jahren an der Spitze seines gigantischen Imperiums, das er 1975 gemeinsam mit seinem Lebens- und Geschäftspartner Sergio Galeotti (er verstarb 1985) als Modelabel für Männer gründete. Als Couturier ist Armani Autodidakt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann er ein Medizinstudium, das er abbrach, um Schaufenster-Dekorateur zu werden und später Designer bei Nino Cerruti. „Was für andere Menschen harte Arbeit ist, ist für mich ganz natürlich. Ich habe einen großen Sinn für Ästhetik – jeder kleinste Makel fällt mir sofort ins Auge“, so Armani. So verwirklicht er sich seit Jahren als Hoteldesigner, Bootsbauer, Innenarchitekt, Florist und Gastronom. Stets mit dem Ziel vor Augen, sich zu verewigen und „Nachhaltiges zu schaffen“. Seine Nichte Roberta Armani steht bereits für die Wachablöse bereit, doch noch denkt der Designer nicht daran, die Fäden völlig aus der Hand zu geben. Ganz im Gegenteil. Im Interview spricht Armani über seinen Jungbrunnen, wie er sich Armanis Zukunft ohne Armani vorstellt, warum er nicht loslassen kann und es nie gelernt hat, Spaß im Leben zu haben.

Sie sind nicht nur ein Fashion-Designer, Sie haben Ihr Armani-Imperium ausgeweitet auf Interior-Design, Hotels, Restaurants, Cafés, Clubs, Luxus-Juwelen und sogar Jacht-Design. Wie viel davon ist Business-Strategie, wie viel davon machen Sie aus reiner Leidenschaft?
Giorgio Armani: Es ist beides. Mein Sinn für Ästhetik treibt mich an, mich in allen Disziplinen herauszufordern. Meine Jacht „Main“ zu designen, bereitete mir großes Vergnügen. In der Sekunde, in der ich ein Restaurant oder einen Ort betrete, bemerke ich die Fehler oder ob das Licht und die Dekoration verändert werden müssten. Was für andere Menschen harte Arbeit ist, ist bei mir ganz natürlich.

Worin liegt derzeit Ihre Priorität?
Armani: Ich glaube, es ist jetzt wichtig, die Öffentlichkeit mit dem Namen Armani in allen Sparten vertraut zu machen. Das ist der richtige Weg, etwas Nachhaltiges für die Zukunft zu schaffen. Das absolute Luxus-Segment ist weiterhin das, was mich am meisten interessiert. Heutzutage herrscht Verwirrung zwischen Luxus und Exhibitionismus. Für mich ist das Konzept von richtigem Luxus exklusiver, kultivierter als Luxus für die Massen.

Auf was legen Sie bei Ihren Fashion-Kreationen besonders Wert?
Armani: Der menschliche Körper ist etwas, das ich sehr liebe – mehr als alles andere. Ich mag keine Frauen, die der Mode folgen und Fashion-Victims werden. Ich mag Frauen, die Eleganz besitzen, Faszination ausstrahlen – die Mode gebrauchen und nicht vice versa.

Sie sind auf so vielen Gebieten tätig, gelten als Workaholic. Wie kommen Sie zur Ruhe?
Armani:
Auf meiner Jacht oder in meinen Feriendomizilen. Ich belohne mich damit selbst und die Leute, die mir nahestehen. Leider verbringe ich viel zu wenig Zeit im Urlaub. Und ich verbringe meine Freizeit nicht mit Celebrities, dafür mit Freunden und Menschen, die seit langer Zeit mit mir zusammenarbeiten. Ich mag es, meinen Luxus mit ihnen zu teilen.

Können Sie sich während dieser Zeit entspannen?
Armani:
Menschen können lernen, Spaß zu haben, aber für mich ist es bereits zu spät. Ich hatte in meinem Leben noch nie Spaß. Ich habe immer nur gearbeitet, hatte immer Verantwortung. Ein anderes Leben kenne ich nicht.

Warum umgeben Sie sich in Ihrer Freizeit nicht gerne mit Promis und Stars?
Armani:
Ich sozialisiere ungern mit sogenannten wichtigen Leuten, schon gar nicht mit Leuten meiner Generation. Ich bin lieber mit jungen Menschen zusammen – ich mag keine Nostalgie.

Wenn Sie in eine Zeitmaschine steigen könnten, wo würden Sie gerne aussteigen wollen?
Armani:
In Berlin in den 1930er Jahren und im alten Rom, wo ich jemand Wichtiger wäre – wenn nicht sogar ein Kaiser.

Wie gehen Sie an persönliche Beziehungen heran? Leben Sie, wie viele Prominente, in der ständigen Angst vor Blutsaugern und Trittbrettfahrern – davor, nur für das geschätzt zu werden, was Sie repräsentieren und nicht für das, was Sie wirklich sind?
Armani:
Berühmt zu sein, bedeutet oft, seine Privatsphäre und die seiner Mitmenschen zu opfern. Es ist auch so, dass du deiner Umgebung deinen Lifestyle und deine Geschwindigkeit oktroyierst, was oft ein sehr großes Opfer für die anderen bedeutet. Ich bin mir dessen bewusst und weiß, dass das eine meiner negativen Eigenschaften ist. Ich habe diesen starken Sinn für Disziplin, ich habe mich noch nie zufriedengegeben mit flüchtigen, oberflächlichen Bekanntschaften. Ich habe mich immer mit Leuten umgeben, mit denen ich sehr verbunden bin. Jeder Mensch hat das Recht, sich irgendwann in seinem Leben zu verlieben. Aber man muss auch lernen, seine Emotionen zu kontrollieren, Selbstdisziplin zu haben.

Ist das nicht eine große Last?
Armani:
Als ich jünger war, habe ich nie gelacht, ich war nur verbittert. Aber ich habe meine Unsicherheit überwunden. Ich hatte so viele Komplexe. Mittlerweile habe ich eine gute Rüstung.

Wie gehen Sie mit Ihrer Popularität um? Stört Sie der Rummel um Ihre Person?
Armani:
Wenn Leute auf der Straße auf mich zukommen und ein Autogramm haben wollen, höre ich oft: „Mr. Armani, Sie machen so wunderschöne Sachen, aber ich mag Sie so sehr als Person.“ Das ist dann meine Belohnung.

Sagen Sie nie „Stopp, keine Autogramme mehr!“?
Armani:
Ich denke mir immer: Warum soll ich Nein zur letzten Person sagen? Bei der einen ja, bei der anderen nein. Das wäre so unfair. Ich wurde als ein normaler Mensch geboren, gleich wie alle anderen auch.

Sie sind über all die Jahre, anders als viele Ihrer Kollegen, permanent omnipräsent und involviert. Man kann sich ‚Armani‘ ohne Giorgio Armani gar nicht vorstellen. Können Sie das?
Armani:
Es wäre anfangs ein großer Schock. Die Leute sind es gewohnt, zu wissen, dass hinter „Armani Casa“ oder „Armani Privé“ Giorgio Armani steht. Die Strategie muss nun sein, diese Sackgasse zu verlassen und zu zeigen, dass die Idee von Giorgio weiterleben wird.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Armani:
Die letzten 15 Jahre wurde ich permanent gefragt: „Was wirst du in der Zukunft machen?“ Das ist die große Bürde meines Lebens. Meine Angst ist es, eine zwingende, irreversible Entscheidung treffen zu müssen. Ich weiß, dass die Leute, die eng mit mir zusammenarbeiten, Panik davor haben, jemand anderem unterstellt zu sein. Dass ich nicht mehr für sie da sein werde, um ihnen bei ihren Problemen zu helfen. Was ich derzeit versuche: Mit einer nie da gewesenen Intensität konzentriere ich all meine Fähigkeiten, um so hart zu arbeiten, wie noch nie, um den Menschen das Gefühl zu geben, ich sei unsterblich.

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Umringt von Supermodels: Star-Designer Giorgio Armani. Bild: (c) fashionpps.com

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