Kinder

Wie erzähle ich vom Christkind?

Teilen

"Alle Jahre wieder kommt das Christuskind..." Und mit ihm die leidige Diskussion: Soll ich meine Kinder anlügen oder ihnen die Wahrheit über das Christkind erzählen? 

Die Kerzen brennen, ihr Leuchten spiegelt sich in großen Kinder-Kulleraugen. Kleine Spiegelbilder des Glücks in den roten Christbaumkugeln, die silbernen Engelsflügel könnten gar nicht so sehr glitzern und leuchten, wie es diese Kindergesichter tun. Wir alle, jeder Einzelne kennt diese Momente. Schon lange verblasst, ein bisschen wie ein altes vergilbtes Foto, Jahre her. Aber die Erinnerung ist immer noch da. Die Vorfreude. Die Erwartung. Das Nicht-Schlafen-können. Die Spannung. Das Christkind. Sollten wir das wirklich unseren Kindern vorenthalten? 

Eine große Lüge 

Sind das Christkind und seine Engelchen, der Zauber und die Magie nichts anderes als eine dicke, fette Lüge? Ein Spiel der Eltern, die die Kindheit hinauszögern wollen, für die es nichts Schöneres gibt, als dieses ehrfürchtige Strahlen und Lächeln der Kinder - nahezu engelsgleich? 
Es gibt gute und schlechte Lügen und die Christkind-Lüge scheint in die  Kategorie der „Guten Lügen“ zu fallen. Wie wenn die Wahrheit etwas beschönigt wird, um sein Gegenüber nicht zu verletzen. Und überhaupt:  Wenn Glück potenziert wird und in diesem Spiel nichts Böses, nichts Schlimmes dabei ist, ist es dann wirklich eine Lüge? 
 

Die Wahrheit 

„Ich lüge mein Kind nicht an“, könnten Sie sagen und jeder Einzelne würde zustimmend nicken. Natürlich, Sie könnten Ihrem Kind sagen, dass das Christkind nur eine Erfindung ist und der Weihnachtsmann aus der Coca-Cola-Werbung entspringt. Dass Rudolf ein Rentier ist, aber nicht fliegen kann und seine Nase leuchtet auch nicht. Sie könnten erklären, dass es an Weihnachten Geschenke gibt, aber von Mama und Papa. Nicht von einem Baby mit Heiligenschein und Engelsflügeln. Und dann würden Sie langsam den erloschenen Glanz in den Augen Ihres Kindes sehen. Ja, die Wahrheit tut manchmal weh. 
 

Kindergarten, Schule, Freizeit 

Aber auch darüber würde Ihr Kind hinwegkommen und Weihnachten fortan als das sehen, was es eben ist: Ein Familienfest mit Geschenken und Baum. Innerhalb der Familie funktioniert diese Logik. Aber nicht in einem größeren Kontext, nicht in unserer Gesellschaft. Wenn das Kind in den Kindergarten kommt und alle erzählen, was das Christkind gebracht hat.  Wenn das Kind in der Grundschule sieht, wie alle an ihren Briefen an das Christkind schreiben und über das Kuvert ganz viel Glitzer streuen. Dann, ja dann bricht das kleine Kinderherz. „Wieso kommt das Christkind zu allen Kindern nur zu mir nicht?“ Vergessen ist dann die mütterliche Erklärung, wie weggeblasse die zuvor verstandene Logik. Nicht nur die Kinder, ja auch die Erzieherinnen, Kindergarten-Betreuer und Mamas von Freunden glauben nämlich an das Christkind. 
 

Das Geheimnis 

In unserem Leben ist alles logisch, geplant und erklärbar. Wunder geschehen höchstens in Form von Zufällen oder wenn wir bewusst danach Ausschau halten. Nichts so am Weihnachtstag. Denn für einen Moment – da ist alles perfekt. Das mag kitschig, verklärend und vollkommend entrückt klingen, entspricht aber dennoch der Wahrheit. Niemals mehr sind kleine Kinder so still, so andächtig, wie in jenem Moment, wo sie angespannt auf das Christkind warten. Da sitzen sie am Küchentisch, ungeduldig mit den Füßen scharrend, die Ohren weit aufgesperrt, bis endlich, endlich das erlösende Glöckchen ertönt und alle in die Stube stürmen. 
 

Nostalgie 

Wenn wir von Weihnachten sprechen, dann sind es immer diese kindlichen Erinnerungen daran, wie es früher war.  Als wir noch an Wunder glaubten und die Welt voller Lametta hing.
Deshalb  entscheiden sich auch Jahr für Jahr frischgebackene Eltern, diesen Zauber wieder zu erwecken, das ganze Brimborium wieder zu installieren, einfach weil sie es selber niemals hätten missen wollen. Und seien Sie ehrlich: Als sie herausfanden, dass es doch kein Christkind gibt, haben Sie Ihren Eltern diese Lüge ernsthaft übel genommen? 
 

Die Lösung 

Wie also sage ich es meinem Kind? Dass ich es sein ganzes Leben lang belogen habe? Verwenden Sie zuerst einmal nicht das Wort „Lüge“. Das ist wirklich viel zu hart. Sprechen Sie vom Zauber, der Magie und dass es doch für alle Beteiligten Jahr für Jahr ein unglaublich schöner Abend war. Und wann? Warten Sie ab. Bestenfalls kommt das Kind selber dahinter. Kinder gehen mit offenen Augen und Ohren durch das Leben, sie schnappen Dinge auf und setzen das Puzzle schon zusammen. 
Diejenigen, die bis ins zweistellige Alter noch an das Christkind glauben, wollen sich einfach noch nicht von dieser Magie und diesem Zauber verabschieden.
Und ansonsten: Schenken Sie Ihrem Kind das Buch von Christine Nöstlinger „Weihnachtsgeschichten vom Franz.“ Dort steht – in all seiner Knappheit und Einfachheit: „Beim Franz in der Familie war die Mama der Weihnachtsmann.“ 
 
Wie erzähle ich vom Christkind?
© getty
× Wie erzähle ich vom Christkind?
 
 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.