Listerien in Käse: Gefährlich und schwer erkennbar

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Aufregung herrscht derzeit über Listerien in Käseprodukten der oststeirischen Firma Prolactal. Bereits Ende 2009 sollen vier Menschen in Österreich und zwei in Deutschland durch den Bakterienbefall gestorben sein, gab das Gesundheitsministerium bekannt. Ärzte warnen: Das durch Listerien hervorgerufene Krankheitsbild gleicht auf den ersten Blick einer gewöhnlichen Influenza.

Von den Bakterien (Listeria monocytogenes) wird vor allem das Gehirn befallen, erklärte Egon Marth, Leiter des Instituts für Bakteriologie an der Medizinischen Universität Graz, am Dienstag gegenüber der APA. Es tritt eine Enzephalitis mit Symptomen wie Kopferschmerzen, hohem Fieber, Übelkeit und Erbrechen auf.

Das Problem: Das Krankheitsbild einer Listeriose ähnelt damit einer gewöhnlichen Influenza und kann auf den ersten Blick nicht davon unterschieden werden. "Das ist sicherlich schwer und obliegt dem Können des Arztes", so Marth. Der konsultierte Mediziner müsse nachforschen und konkret nach einer Listerien-Infektion suchen. Die Erreger seien ausschließlich für deutlich immungeschwächte Personen gefährlich. Auf eine Listeriose sollte ein Arzt daher Patienten nach Transplantationen sowie Neugeborene untersuchen. Ein leichtes Risiko bestehe auch für Schwangere und kränkliche Senioren. Der Haken an der Sache: Genau jene Personengruppen sind auch für Influenza-Infektionen besonders anfällig.

Bei einem Verdachtsfall gibt es verschiedene Nachweismethoden wie zum Beispiel die Konzentration der weißen Blutkörperchen. Bei einer entsprechenden Symptomatik ist laut Marth eine Entnahme von Nervenflüssigkeit aus der Wirbelsäule die sicherste Diagnosemethode (Liquorpunktion).

Gefahr durch unpasteurisierte Milch, Räucherfisch und rohes Fleisch

Um eine Listeriose zu vermeiden, sollten Risikopersonen generell nur pasteurisierte Milch verzehren und auf potenziell gefährliche Lebensmittel wie Räucherfisch und rohes Fleisch ganz verzichten. Als Auslöser schlechthin gelten Rohmilchprodukte, betonte Marth. Bei Käsen dieser Sparte befinden sich die Bakterien meist knapp unter der Rinde. Wird diese weggeschnitten, sinkt das Infektionsrisiko enorm. Die Gefahr durch rohes Fleisch sei dank der Kontrolle österreichischer Produkte mittlerweile eher zu vernachlässigen.

Punkto Zubereitung gilt die strenge Trennung von unterschiedlichen rohen Lebensmitteln als wichtigste Präventionsmaßnahme, so Marth. Dass Fleisch auf einem anderen Arbeitsplatz zubereitet wird wie Gemüse, sei in Restaurantküchen Standard. Dadurch könne ausgeschlossen werden, dass ungekochte Produkte wie Salat kontaminiert werden. Schwangere sollten generell nichts Rohes verzehren, in erster Linie um eine Toxoplasmose auszuschließen.

45 Fälle bereits im Vorjahr

Nun wurde bekannt, dass im Vorjahr in Österreich insgesamt 45 Menschen mit den unterschiedlichsten Listerien infiziert waren. Nachdem festgestellt wurde, dass vielen Infektionen derselbe Listerien-Typus zugrunde lag, begab man sich auf Quellensuche, erklärte Ulrich Herzog, Bereichsleiter Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium, auf APA-Anfrage. Unter anderem wurden dazu Kassenzettel der Einkäufe von den kranken Menschen verglichen. Die Ursachensuche gestaltete sich schwierig - auch aufgrund der 70 Tagen Inkubationszeit.

In den Tagen vor dem 23. Jänner 2010 konnten schließlich verschiedene Käsesorten der oststeirischen Firma eindeutig als Quelle ausgemacht werden: "Der Unternehmer hat perfekt reagiert, die Vermarktung gestoppt und die Öffentlichkeit gewarnt", erklärte Herzog. Die Produkte wurden vom Markt genommen; eine Rückholaktion folgte.

Wusste Prolactal schon im Herbst Bescheid?

Laut der APA vorliegenden Informationen wusste der Firma Prolactal aber bereits im Herbst des Vorjahres über positive Proben aus ihren Produkten Bescheid. Die Proben seien demnach auch vereinzelt über den Grenzwerten gelegen. Eine der Redaktion namentlich bekannte Informationsquelle berichtete vom "schlampigen" Umgang mit Hygiene und erklärte, dass im Betrieb seit den ersten zu hohen Werten intensiv, aber erfolglos nach der Kontaminationsursache gesucht werde.

Von der Pressesprecherin des Unternehmens hieß es hingegen auf APA-Anfrage, dass die Proben stets unter den Grenzwerten gewesen seien. Erst als amtliche Untersuchungen am 22. Jänner überhöhte Werte lieferten, habe man umgehend gehandelt und die Rückholaktion gestartet.

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