Jim Knopf feiert 50. Geburtstag

Teilen

Der polnische Kuba Guzik hat Geburtstag. Nicht bekannt? Dann vielleicht der italienische Jim Bottone oder der ungarische Gombos Jim? Beide nicht? Aber sicher doch ihr deutsches Ich: Jim Knopf. Der schwarze Knabe mit den Kulleraugen mischt seit 50 Jahren das Inselchen Lummerland auf. Zwischen zwei Buchdeckeln hat sich der jugendliche Held über die Jahrzehnte bestens gehalten.

Er ist nicht einen Tick gealtert und steht immer noch hoch im Kurs - mittlerweile schon bei den Kindern und Enkeln seiner ersten Fans. "Michael Ende hat Jim Knopf immer als surreales Werk betrachtet", erzählt Roman Hocke, Endes Lektor und Freund. In den späten 50er Jahren bittet ein Illustrator den damals noch unbekannten Autor um einen Text für ein Bilderbuch. Ende (1929-1995) setzt sich vor ein weißes Blatt Papier und feilt am Anfang. Ein Konzept gibt es nicht. Später soll der Autor erklärt haben: "In diesem Fall ist die Geschichte wirklich mit dem Buch entstanden, und ich war während des Schreibens zum Teil selber gespannt, wie es weitergehen würde." Zeile für Zeile gewinnen Jim Knopf und die anderen schillernden Figuren Kontur.

Am 9. August 1960 wird die Geschichte von dem kleinen schwarzen Jungen, der im Paket aus Versehen nach Lummerland statt Kummerland geliefert wird, veröffentlicht. Ab da lesen tausende Kinder, wie sich "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" mit Lok Emma auf eine fantastische Reise zu Land und zu Wasser wagen, um Prinzessin Li Si aus den Klauen der Drachenfrau Mahlzahn zu befreien. Der kleine Held, der seinem Nachnamen einem Knopf auf der Hose verdankt, und seine Freunde erleben Unmögliches und begegnen fantastischen Wesen wie dem Scheinriesen Tur Tur, der sich beim Näherkommen auf Normalgröße reduziert.

Bereits im Jahr nach dem Erscheinen gibt es den Kinderbuchpreis für den Autor. Also eine klare Erfolgsgeschichte? Nicht von Anfang an. Denn bevor der Stuttgarter Thienemann Verlag das Potenzial der Geschichte erkannte, haben rund ein Dutzend andere Verlage abgewinkt. Der Umfang des Manuskripts von mehr als 500 Seiten mag dazu beigetragen haben.

Der Stuttgarter Verlag veröffentlicht die Geschichte kurzerhand in zwei Teilen. "Jim Knopf und die wilde 13" erscheint 1962. Ende soll später gefeixt haben: "Als dann das Buch erschienen war und gleich im nächsten Jahr den Jugendbuchpreis bekam, haben mir viele von diesen Verlagen dann geschrieben: "Wir gratulieren Ihnen zu diesem entzückenden Buch - und wollen Sie uns nicht auch mal so was Hübsches schreiben..." Worauf ich ihnen kommentarlos den eigenen Ablehnungsbrief zurückgeschickt habe."

Die Augsburger Puppenkiste und der Hessische Rundfunk machen die Geschichte in den 70er Jahren zum Inbegriff des Marionettenspiels und damit erst richtig berühmt. Jim Knopf habe dem Autor eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit und dem Verlag einen beachtlichen Imagegewinn gebracht, sagt Hocke. Inzwischen hat das Kinderbuch laut Verlag eine weltweite Auflage von vier Millionen Exemplaren, drei Millionen Bücher wurden allein in Deutschland verkauft.

Was uns Ende mit dem Werk sagen will, beantwortet sein Lektor lachend: "Gar nichts!" So schilderte es auch der Autor selbst laut einem Artikel aus "Die Weltwoche" (Zürich) von 1962: "Ich habe das Buch geschrieben, das ich als Kind selber gern gelesen hätte, punktum." Wie Hocke erklärt, ist aber Endes Ablehnung des nationalsozialistischen Gedankenguts durchaus hier und da erkennbar. So darf das finstere Kummerland etwa nur von reinrassigen Drachen betreten werden.

Nicht immer wird der Autor für sein frühes Werk gefeiert. Kritiker aus der 68er-Generation gehen zum Teil hart mit Jim Knopf ins Gericht, werfen dem Autor Weltflucht und damit einen schlechten Einfluss auf Kinder vor. "Das hat ihm ziemlich zugesetzt. Er fühlte sich in Deutschland zu eingeengt, um arbeiten zu können", sagt Hocke. 1970 wandert Ende für mehr als zehn Jahre nach Italien aus, wo unter anderem sein gefeiertes Werk "Momo" entsteht.

Den Knopf-Kritikern gibt er dann 1979 die Antwort - mit "Die unendliche Geschichte". "Hier zeigt er, was man alles bewegen kann, wenn man durch das Lesen eines Buches in die Fantasiewelt reist und danach in die Realität zurückkehrt", sagt Hocke. Die Fans von Jim Knopf wissen das natürlich längst. Seine Abenteuer wurden laut Verlag in 33 Sprachen übersetzt, darunter Arabisch, Chinesisch, Hebräisch und Thailändisch. Und der pfiffige Jim verzaubert die Kinder überall gleichermaßen - ob nun als holländischer Knoop, englischer Button oder französischer Bouton.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.