Autor Cory Doctorow äußerte sich zu Filesharing

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Science-Fiction-Autor Cory Doctorow stellt die bisherigen Selbstverständlichkeiten des Literaturbetriebs auf den Kopf - denn er schenkt seine Bücher her. Ab dem Tag des Erscheinens bietet Doctorow jeden seiner Romane (zuletzt "Makers") zum Gratis-Download an.

Dennoch hat er von seinem Erfolgs-Buch "Little Brother" in den USA 90.000 Hardcover-Exemplare und die Filmrechte (an den "Transformers"-Produzenten) verkauft, und demnächst erscheint "Little Brother" auf Deutsch bei Rowohlt. Er wolle "nicht wie üblich sichergehen, dass jeder, der mein Buch liest, mir etwas zahlt", sagte Doctorow im APA-Gespräch in Graz. "Sondern dass jeder, der mir etwas zahlen will, mein Buch lesen kann."

Die Zukunft der Kultur und Kreativwirtschaft wird vom Kopieren geprägt sein - und Künstler und Produzenten sollten sich besser damit abfinden, sagte Internetaktivist Doctorow am Donnerstagabend als Hauptredner bei dem von der Creative Industries Styria veranstalteten Kongress "Designing the Creative Societies of The Future" in der Grazer Helmut List Halle. Denn der Kampf gegen unlizenzierte Online-Kopien von Film, Musik, Literatur und anderen Kulturprodukten sei nicht nur sinnlos, sondern auch ein "Schaden für unsere Gesellschaft": "Kopieren ist Leben", betont der in Kanada geborene und in London lebende Autor in Hinblick auf die Zellteilung, "und wer nicht kopiert, ist tot".

"Wir leben im Goldenen Zeitalter des Kopierens", so Doctorow. Dies sei zwar schlecht für einige Unternehmen, aber gut für die Künstler und das Publikum. "Was eine rechtmäßige Kopie ist, hat mit Machtverhältnissen und Geld zu tun und wechselt ständig", sagt der Autor. "Als die Beatles in den 50er Jahren begannen, die Blues-Rhythmen der Afroamerikaner zu verwenden, wurde dies als Fortschritt gesehen. Als die afroamerikanischen Hip-Hop-Musiker in den 80er Jahren Beatles-Songs verwenden wollten, nannte man das Diebstahl." Dies zeige, dass das Urheberrecht "nicht dazu geeignet ist, unsere Kultur zu regulieren".

Doctorow warnt eindringlich vor Einschränkungen, die im Namen des Urheberrechts geplant sind: Initiativen wie das umstrittene internationale Urheberrechtsabkommen ACTA, das derzeit abseits der Öffentlichkeit zwischen USA, EU und weiteren Weltregionen ausverhandelt werde, "könnte die Kultur und das Internet zerstören". Im ACTA-Abkommen wird es nach inoffiziellen Informationen u.a. um die Überwachung von Internet-Nutzern durch die Provider gehen und ebenso darum, Content-Anbietern wie YouTube die Verantwortung dafür zu geben, ob Benutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte online stellen. Dies wäre eine "radikale Einschränkung" für das Internet, sagte Doctorow, der lange Jahre bei der Online-Bürgerrechtsbewegung "Electronic Frontier Foundation" aktiv war.

"Dies können Künstler nicht wollen, weder als Künstler noch als Bürger." Darüber hinaus sieht Doctorow auch durch jene geplanten und tatsächlichen Einschränkungen der Online-Freiheiten, die im Namen der Terrorbekämpfung vollzogen werden, eine Gefahr für die Gesellschaft: "Natürlich funktionieren diese Maßnahmen, die wir für unsere Sicherheit tätigen", so Doctorow zur APA. "Andererseits haben sie schreckliche Konsequenzen" und seien eine "existenzielle Bedrohung unserer Gesellschaft".

Ob sich letztlich die Freiheit oder die Zensoren im Internet durchsetzen werden, darauf hat Doctorow "keine einfache Antwort", wie er im APA-Gespräch bekundet. "Es könnte alles gut ausgehen, daran muss man glauben. Aber wenn wir nicht handeln, wird das nicht passieren."

INFO: http://www.craphound.com/, http://www.cis.at/

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