Warum es ein Segen ist, nicht jung und schön zu sein!
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aber manchmal steht sie auch genau neben mir, zum Beispiel in unserem Fotostudio, wenn eine Miss Universe nach der anderen zum Shooting eintrifft. Natürlich handelt es sich nicht um die versammelten Missen Universe, die in unserer vergleichsweise bescheidenen Kemenate von Anni Leibovitz für die US-Vogue fotografiert werden, sondern „nur“ um Models, die z. B. für eine MADONNA-Modestrecke abgelichtet werden. Es reicht aber, um das optische Gefälle zwischen Model und nicht Model zu erkennen. Wir werden dann in der Redaktion manchmal unrund. Und führen Unterhaltungen von immenser Weisheit. „Es ist uranstrengend, schön zu sein“, sagt etwa Kollegin A. „Und stell dir vor“, sagt B., „wenn die älter werden! Das ist für schöne Menschen dann hart!“
Danke für das Kompliment. Und gut, dass wir so schiach sind. Wir werden eine Botox-Sammelaktion für Missen und Models starten, damit die Armen später nicht so leiden müssen.
Daheim betrachtet mein kleiner Sohn in der neuen Gala zuerst ein Foto von Jane Fonda und dann mich. „Ist die so alt wie du?“, fragt er. „Spinnst du“, sage ich scharf, „Jane Fonda ist 75. Und jetzt iss endlich dein Brot und freu dich, dass du so eine junge Mutter hast.“
Die Verkäuferin kichert, sie geht vermutlich in die 4. Klasse Volksschule, sieht aber jünger aus. Ich nehme alle drei Pullover. „Ich werde sie übereinander tragen, gut gegen Halsfalten“, sage ich. Keiner lacht.
Vermutlich erwägen sie meine Notschlachtung.