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Warum geheime Zahlen mein Karriere-Ende bedeuten

Gestern ist es wieder passiert. Mein Gehirn hat die vierstellige Geheimzahl meines Bankomat-Codes, die ich natürlich nicht nennen darf, weil sie sonst ihren geheimen Charakter verlöre, durch eine andere streng geheime Geheimzahl ersetzt.
Keine Ahnung natürlich, wo ich mir die Geheimzahl notiert habe. Da es von meiner Geheimzahl nur ein einziges Exemplar auf der ganzen Welt gibt, ist sie für immer verloren.
Ich bin übrigens ein Geheimzahlengrab. Bei mir ist jede Geheimzahl so sicher aufgehoben, dass sie sich automatisch dematerialisiert. Pffft. Für immer weg. Gerne gebe ich die Bankomat-Geheimzahl allerdings in dreifacher Reihenfolge in mein Smartphone ein, worauf die PUK-Geheimzahl eingefordert wird. Keine leichte Aufgabe für Menschen wie mich, die beruflich eigentlich mit Buchstaben zu tun haben.
Während ich viele Stunden damit verbringe, in Warteschleifen zu hängen, um für die für immer verlorenen Geheimzahlen Ersatz einzufordern, denke ich viel nach. Zum Beispiel darüber, wer die Geheimzahlen erfindet und zuordnet. Nehme an, irgendwo auf der Welt gibt es streng geheime Geheimzahlzentren, wo taubstumme Analphabeten im Akkord Geheimzahlen in blickdichte Umschläge verpacken und an die Leute verschicken. Im Übrigen bin ich beunruhigt. Man hört, dass immer mehr Unternehmen in Zukunft dazu übergehen, ihre Mitarbeiter nur noch unter Eingabe eines geheimen Zahlencodes ins Büro zu lassen. Aus Sicherheitsgründen heißt es offiziell. In Wahrheit fließen vermutlich versteckte Subventionen in die Geheimzahlzentren, um noch mehr Geheimzahlen zu produzieren und die Menschen komplett zu verwirren, und all die neu geschaffenen Geheimzahlen müssen ja irgendwohin. Blicke einer Zeit entgegen, in der ich mein Büro nur noch unter Eintippen eines Zahlencodes betreten darf. Meine
berufliche Auslöschung steht unmittelbar bevor.

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