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Warum es gut ist, eine Existenz als Klettergerüst zu führen

Interessant, wozu der menschliche Körper alles taugt. Und welche Belastungen ein Körper
erträgt, als Klettergerüst vor allem. Mein Sohn sagt: „Du bist mein Klettergerüst.“ Dann ergreift  er meine Arme, klettert auf meine Schultern und springt von dort zu Boden. Ich beschwere mich nicht. Meine Existenz als Klettergerüst hat den Vorteil, dass ich gut trainierte Oberarme habe. Es ist also keine sinnlose Existenz. Im Internet las ich ein Interview mit Seal, dem Ex von Heidi Klum. Es wurde circa ein Jahr vor der Trennung geführt und Seal antwortete auf die Frage, was ihm im Leben den meisten Spaß bringt: „Mit meinen Kids zu spielen. Sie benützen mich immer als Klettergerüst, turnen den ganzen Tag auf mir herum.“ Seal und ich haben also etwas Entscheidendes gemeinsam, nämlich die Funktion als Klettergerüst. Sicher hat auch er ganz gut trainierte Oberarme. Und falls ich ihn mal treffe, werde ich ihn fragen, ob wir klettertechnisch auf der gleichen Wellenlänge liegen.  
Bevor mich mein Sohn  beklettert, ruft er nämlich immer: „Achtung, du bist jetzt mein Klettergerüst.“ Dann wird geklettert. Dann lasse ich mich manchmal vor Erschöpfung auf den Boden fallen und bleibe da liegen.  Dann ruft er: „Warum liegst du da, wir müssen dieses und jenes machen...“ Dann sage ich: „Ich bin ein kaputtes Klettergerüst.  Du hast mich noch nicht zurückverwandelt.“ Dann sagt er: „Verwandel, verwandel! Du bist kein Klettergerüst mehr!“ Und wissen Sie was? Das ist kein guter Moment. Es ist nämlich saubequem, ein kaputtes Klettergerüst zu sein. Eine wunderbare Existenz, die unter uns gesagt nur Vorteile birgt. Denken Sie also nichts Böses, wenn Sie Seal oder mich mal regungslos wo rumliegen sehen. Uns geht es gut (und ein Kind hat vergessen, uns zurückzuverwandeln).


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