Teilen

Warum wir alle bald auf Bäumen sitzen. Oder doch nicht...

Täuscht mich der Eindruck oder sind wir von Holzhackern und Schafzüchtern umgeben? In neuen Wohlfühl-Magazinen, die Titel wie „Landgenuss“ tragen, werden reihenweise
Menschen vorgestellt, die früher Manager waren und jetzt Kühe oder Flusskrebse züchten. Und Sätze      sagen, wie: „Erst seit ich mit der Axt in den Wald gehe, weiß ich, was es heißt, Befriedigung zu spüren.“ In einem dieser Magazine las ich ein Interview mit einer Holzfällerin, die früher Bankmanagerin war. Es sei unbeschreiblich, sagt sie, wenn die Axt auf den Holzklotz niedersaust und mit einem Krachen der Spalteffekt einsetzt. Beim ersten Mal habe Sie danach geweint vor Glück.
Das ist der Trend jetzt. Die Axt ersetzt die Louboutins, zumindest bei denen, die es sich leisten können. Etwas mit seinen Händen schaffen, ist gut. Holz ist das neue Gute. Dreijährige lernen im Kindergarten, ihren Namen zu tanzen und ihr ganzes Leben aus Holz zu formen. Ist O.K. Neue Designerdüfte heißen z. B. „Wonderwood“ und bestehen aus Holznoten, Chanel hat Holzclogs im Angebot. Überall wird gesägt, gehackt, genagelt. Außer bei mir daheim. Dort regiert der Gegentrend. Star-Wars-Figuren aus Plastik, vielleicht auch aus Karbonfaser, jedenfalls, aus Holz sind die nicht. Es gibt Dinge, die nur Menschen wissen, die Kinder haben. Während die Guten draußen sind und mit der Axt die Welt retten, debattieren diese Menschen drinnen mit einem Kind, um es zu bewegen, eine begehbare Schneise in sein mit Plastikteilen vollgerammeltes Zimmer zu schlagen. Gerne würden diese Menschen manchmal eine Axt bemühen und mit der so richtig krachend... Ach was. Jetzt sage ich Ihnen die ganze Wahrheit. Alles sinnlos. Fällen Sie ruhig Holz. Züchten Sie Schafe. Schon bald, ganz bald, werden die Milliarden Plastikfiguren, die in Milliarden Kinderzimmern knöchelhoch lagern, über die Straßen, die
Landesgrenzen, die Kontinente schwappen, die ganze Welt bedecken, auch die vor Schreck starren Leiber jener, die gerade mit der Axt ausholen, um die Welt zu retten. Wenn da mal nur nix passiert!

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.