Uschi Fellner

Kein Tag wie der andere

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Warum ich immer noch selbst wickle und wickle und wickle.

Meine Freundin wohnt in Hamburg, in einem Stadtteil, den man großbürgerlich nennt. Tatsächlich laufen dort auffallend viele große Bürgerinnen herum. Viele Ex-Models, mit Ehemännern, deren Einkommen großzügig ist. Die Kinderwägen, die durch die Gegend geschoben werden, haben riesengroße Räder und sehen aus wie Geländewagen. Das ist praktisch, weil sie auch bei fünf großen, aufgeladenen Prada-Tüten nicht kippen.

Das einzig Nichtgroße, das sich die großen Frauen mit ihren großen Kinderwägen leisten, sind kleine, philippinisch aussehende Frauen, denen sie die Kinder in den Geländewägen anvertrauen. Zum Beispiel, wenn sie zwischen kräftezehrenden Shopping-Touren ein Spa aufsuchen müssen. Dort tauschen sich die großen Frauen, trotz Einsatz kleinwüchsiger Kindermädchen, über große Fragen der Erziehung aus. Die zurzeit am häufigsten gestellt Frage, sagt meine Freundin, ist: „Wickelst du Lambert eigentlich selbst?“

Lambert ist der neue Modename. Ich finde, der Gedanke Lambert nicht selbst zu wickeln, hat was.

Überhaupt. Ich brauche einen Erlediger. In meinem Leben gibt es tausend Lamberts, die ich alle selber wickeln muss. Wann erledigst du dies und das, fragen meine Kinder. „Gleich“, oder „bald“ oder „eh“, sage ich. Wann erledigst du mich, fragt die Liste auf meinem Tisch.

Ich habe sie Lambert genannt. Eine altmodische, handgeschriebene Liste, täglich neu, zum abhaken. Heute von zwölf zu erledigenden „Dringend“-Aufgaben immerhin sieben abgehakt. Die restlichen fünf fallen unter zermürbend.

Zermürb, zermürb, zermürb. Lambert zermürbt mich, Lambert gibt niemals auf. Mir fehlt der Hang zum Delegieren. Ich sollte Lambert wickeln lassen. Wo ist der Mensch, der Lambert wickelt, auch wenn er stinkt wie Hölle?

Wickeln lassen. Machen lassen. Bringen lassen. Man bringe mir Schokolade. Und Lambert: kusch!

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